Düsseldorf. . Zwei Männer vom Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ wurden vom Richter verwarnt, weil sie sich bei einer Demo gegen „Dügida“ vermummt haben.

„Zwischenrufe jeglicher Art sind verboten, ansonsten gibt es ein Ordnungsgeld“, nordet der Richter des Amtsgerichts die zahlreichen Besucher direkt vor Beginn der Verhandlung ein.

Angeklagt ist Julian S., 26 Jahre, weil er sich bei einer Gegendemo gegen „Dügida“ vermummt haben soll – am 12. Januar und am 23. März dieses Jahres. Julian S. gab das zu. „Ich bin an diesen beiden Tagen dem Aufruf des Bündnis ‘Düsseldorf stellt sich quer’ gefolgt und habe mich gegen rassistische und extrem rechte Menschen gestellt“, erklärt der 26-Jährige seine Teilnahme an der Demo.

„Allerdings habe ich mich nicht vermummt, um mich vor der Polizei zu verstecken, sondern um mein Recht auf Unversehrtheit zu schützen.“ Denn es sei schon öfter vorgekommen, dass Gegendemonstranten von „Dügida“-Demonstranten fotografiert wurden. Die Bilder seien dann im Internet hochgeladen worden und die dort zu sehenden Menschen von Rechtsextremen bedroht worden.

Angst vor Übergriffen von Rechten

Zwar hat Julian S. gemeinsam mit dem Bündnis und vielen anderen Gegendemonstranten geschafft, „Dügida“ aus der Innenstadt zu verbannen, trotzdem bleibe die Angst vor Übergriffen von Rechten. Auch wenn „Dügida“ mittlerweile leisere Töne anschlägt: Zum ersten Aufmarsch kamen noch 450 Personen, das war im Dezember 2014 – die Stadt wurde an diesem und vielen weiteren Montagen lahmgelegt. Die angekündigten Gegendemonstrationen konnten dagegen 1000 Teilnehmer zählen.

Beim zweiten „Dügida“-Aufmarsch protestierte ganz Düsseldorf mit – indirekt. So wurde unter anderem am Rheinturm, der Tonhalle und dem Riesenrad die Lichter ausgemacht. Außerdem kamen weitaus mehr Gegendemonstranten: 5500 waren es. „Dügida“ konnte lediglich 350 Teilnehmer mobilisieren. Ab November verzogen sie sich dann aus der Innenstadt nach Unterrath. Mit zuletzt etwa 30 Protestlern. Bis zum Jahresende sind jetzt alle weiteren „Dügida“-Märsche abgesagt.

Staatsanwältin plädierte auf Freispruch

Julian S. ist bei den Protesten ganz zu Beginn aufgefallen. Auf einem im Gerichtssaal gezeigten Polizeivideo war dann zu sehen, dass Julian S. sich erst den Schal vor sein Gesicht zog, als die Demonstranten an ihm vorbeimarschierten. Vorher stand er vor der Polizeikette, ohne Schal vor dem Gesicht. Die Staatsanwältin überraschte bei ihrem Plädoyer den Verteidiger, indem sie auf Freispruch plädierte: „Der Angeklagte wollte sich nur selbst schützen und nicht vor der Polizei verstecken.“

Der Richter jedoch war da anderer Meinung, obwohl ihm der Verteidiger zwei Urteile von ähnlichen Fällen aus Düsseldorf und Eschweiler, vorlegte – die Angeklagten wurden dabei freigesprochen. Aber auch in Berlin gibt es ein Urteil dazu. Das besagt allerdings, dass ein Freispruch zum Nachahmen anrege und der Tatbestand der Vermummung immer noch gegen das Gesetz verstoße. Daher wurde der Angeklagte verwarnt. Zwei Jahre ist er auf Bewährung, hält er sich nicht an die Auflagen, muss er zahlen – 40 Tagessätze zu je 40 Euro.

Urteil sei Erziehungsmaßnahme

„Das Urteil ist wohl als eine Erziehungsmaßnahme gedacht“, sagte Bündnis-Sprecher Oliver Ongaro enttäuscht. Auch Julian S. ist desillusioniert. „Im Amtsgericht gibt es eine Ausstellung über den Widerstand in Nazi-Deutschland, und wenn wir uns gegen rechtes Gedankengut stellen, wird das verurteilt“, sagt der 26-Jährige bitter.

Er gehört zu den 313 Menschen, gegen die während der insgesamt 22 „Dügida“- und zwei „Pegida“-Aufmärschen Strafanzeige gestellt wurde. „Etwas über 100 hängen mit dem Versammlungsgesetz zusammen“, sagt Andreas Czogalla, Leiter der Polizeipressestelle. Das heißt, die Demonstranten haben gegen das Vermummungsgesetz verstoßen, verfassungsfeindliche Symbole gezeigt oder Auflagen nicht beachtet. Weitere Angaben konnte die Polizei nicht geben.

Unter diesen 313 Personen ist auch Oliver H., 27. Gegen ihn wurde Donnerstag ebenfalls prozessiert – ihm wurde ebenfalls Vermummung vorgeworfen. Oliver H. war geständig und gab die gleichen Ängste an, wie schon Julian S. Aber auf einen Freispruch hoffte er nach dem ersten Urteil auch nicht mehr. Er wurde ebenfalls verwarnt.