Dinslaken. Die Stadt hat die dringendsten Projekte zusammengestellt - und hofft, dass der Rat diese im Eilverfahren bewilligt. Sonst drohen Konsequenzen.
26 Minuten vor Beginn des Haupt- und Finanzausschusses hat die Stadtverwaltung in der vergangenen Woche die letzte Beschlussvorlage an die Politik gesendet. Vier Fraktionen sahen sich in der Kürze der Zeit nicht in der Lage, Beschlüsse dazu zu fassen. Immerhin ging und geht es um die Bewilligung von Dringlichkeitslisten für Investitionen in Millionenhöhe. Diese soll die klamme Stadt trotz Haushaltssicherung tätigen. Welche Maßnahme ist Pflicht, welche ist freiwillig, was geschieht, wenn ein Projekt nicht jetzt beschlossen wird? Verfallen Fördermittel? Auf Bitte der Grünen hat die Stadt diese Informationen zur Ratssitzung am Dienstag, 23. April, zusammengetragen - und hofft, dass der Stadtrat wenigstens diese dringendsten der dringenden Projekte im Eilverfahren bewilligt.
Acht Projekte stellt die Stadt als besonders dringend heraus: Die Bezirkssportanlage Augustastraße (weiterer Bericht dazu im Lokalsport), die Moltke-, Klara- und Dorfschule, die Kitas Douvermannstraße, Talstraße und Edithweg, die Zechenwerkstatt und auch das Mega-Projekt Trabrennbahn sollen noch vor der Erarbeitung der weiteren Prioritätenlisten beschlossen werden.
Diese Schulen haben laut Stadt Priorität
Die Moltkeschule soll nach jahrelangen Diskussionen für 8,6 Millionen Euro saniert werden. Wenn sich der Baubeginn um sechs Wochen verschiebt, kann der Fertigstellungstermin in den Sommerferien 2026 nicht eingehalten werden. Ein- und Auszüge sind bei Schulen immer in den Sommerferien vorgesehen. Die Moltkeschüler müssen also bis zu den Sommerferien 2027 im Ausweichquartier Schule an der Windmühle bleiben. Diese wäre dann für die Grundschule am Weyer blockiert. Außerdem könnte es Probleme mit der Stadt Oberhausen (beteiligt sich an den Sanierungskosten) geben und Anträge für Fördermittel könnten nicht rechtzeitig gestellt werden.
Dafür sind Dringlichkeitslisten
Solange Dinslaken kein Haushaltssicherungskonzept aufgestellt, hat, ist die Stadt in der vorläufigen Haushaltsführung. Sie darf also nur bezahlen, wozu sie rechtlich verpflichtet ist oder wenn es für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar ist. Kredite über 14,8 Millionen Euro kann Dinslaken nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde aufnehmen, wenn ein Konflikt zwischen verschiedenen gleichrangigen Rechtspflichten der Gemeinde droht. Die Stadt muss dem Kreis eine nach Dringlichkeit geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen vorlegen, die der Rat zuvor beschließen muss.
Die Gesamtkosten für alle Projekte liegen (inklusive Fördermittel und in der Vergangenheit bereits gezahlten Kosten) über 50 Millionen Euro. Der Stadtrat tagt am Dienstag, 23. April, ab 17 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses.
Auch für die Erweiterung der Klaraschule (5,1 Millionen Euro) wurden Fördermittel beantragt, weitere sollen für den Ganztagsausbau beantragt werden. Schon nach den Sommerferien 2024 wird es eng an der Schule: Aufgrund der hohen Nachfrage nimmt die eigentlich zweizügige Klaraschule eine dritte Klasse auf. Für die Übergangszeit rücken alle etwas zusammen. Der Beschluss wurde schon mehrfach verschoben, die geplante Fertigstellung des Erweiterungsbaus Ende 2o24 ist deswegen hinfällig. Damit es in den Sommerferien 2025 klappt, müssten die Aufträge bis Juli rausgehen. Sonst müssen Schüler dann aus dem Bezirk in einen anderen gefahren werden. Neben Folgen für die Kinder zöge das auch Transportkosten nach sich.
Schon im vergangenen Jahr habe es an der Dorfschule zahlreiche Elternbeschwerden gegeben, weil ihnen keine Betreuung nach Unterrichtsschluss angeboten werden konnte. Im Schuljahr 24/25 werden 97 Plätze zusätzlich für den Offenen Ganztag benötigt. Die Beschaffung entsprechender Container kostet 1,1 Millionen Euro, 85 Prozent sollen aus Fördermitteln gezahlt werden. Die Stadt sieht mit Blick auf den 2026 startenden Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz „dringenden Handlungsbedarf“.
Diese Kita-Neubauten haben laut Stadt Priorität
Ohne den Neubau der Kitas Talstraße (7,2 Millionen Euro) und Edithweg (7,5 Millionen Euro laut Beschluss) „wird sich die Versorgungssituation weiter zuspitzen“, so die Stadt. Im Sommer fehlen ohnehin schon Kitaplätze. „Ohne einen weiteren Ausbau wird es zukünftig zu Klagen kommen, die dann auch eine finanzielle Belastung der Stadt zur Folge haben werden, denn Eltern haben die Möglichkeit ihren Verdienstausfall einzuklagen, wenn diese ihrer Tätigkeit aufgrund der Kinderbetreuung nicht nachgehen können“, so die Stadtverwaltung. Bis Ende 2026 winken Fördermittel.
Verlegung und Neubau der Kita Douvermannstraße (8 Millionen Euro) sind aufgrund des Neubaus des Berufskollegs nötig. Die Stadt ist an eine Vereinbarung mit dem Kreis Wesel gebunden, im Mai müsste der Generalplaner beauftragt werden. Wird der Zeitplan nicht eingehalten, drohen Schadensersatzansprüche.
Ebenfalls dringend: Zechenwerkstatt und Trabrennbahn
Die Zechenwerkstatt steht unter Denkmalschutz. Die Stadt hat das Gebäude über einen Erbbauvertrag an die Zechenwerkstattdenkmal gGmbh übertragen. Laut Vereinbarung beantragt die Stadt Fördermittel für die Sanierung des Gebäudes und leitet diese an die Zechenwerkstattdenkmal gGmbh weiter. Das Gebäude soll für fünf Millionen Euro saniert und durch die Zechenwerkstattdenkmal gGmbh nachgenutzt werden (Eigenanteil der Stadt: 1,4 Millionen). Wenn die Stadt die Fördermittel nicht weiterleitet, kann die Zechenwerkstattdenkmal gGmbh vom Vertrag zurücktreten. Die Mittel sind aber an deren Nutzungskonzept gebunden. Eine leere Gebäudehülle ohne Nutzungskonzept wäre nicht förderfähig. Die Stadt müsste die Kosten für den Erhalt des Gebäudes (1,3 Millionen Euro) und die Instandhaltung selber tragen und außerdem Fördermittel in Höhe von 2,6 Millionen Euro zurückzahlen, weil die Maßnahme auch Teil des Integrierten Handlungskonzepts Lohberg ist.
Insgesamt 9,5 Millionen Euro steckt die Stadt in die Entwicklung der Trabrennbahn in ein Wohnquartier mit mehr als 600 teils bezahlbaren Wohnungen. Die Entwicklung von Bauland steigert das kommunale Vermögen, dazu kommen Einnahmen durch Grundstücksvermarktung, Vergabe von Baurechten, Einnahmen durch Grund-, Gewerbe- und Einkommenssteuern. Die Stadt rechnet mit privaten Investitionen von mindestens 230 Millionen Euro. Auch ist auf dem Gelände eine Kita geplant. Sollte das Projekt nicht umgesetzt werden, würden also neben Wohnraum auch Einnahmen fehlen. Und die Stadt müsste die Unterhaltung des ungenutzten Geländes - die meisten Gebäude sind abgerissen - bezahlen. Eine Verzögerung hätte unter anderem neue Vergabeverfahren zur Folge.