Hünxe. Zwei Schafe wurden in Gartrop-Bühl getötet. Vermutlich war es ein Wolf. Schafzüchter Erich Specht erklärt, wie das trotz Zaun passieren konnte.
Ein Abfall in der Spannung der stromführenden Litze an einem seiner Zäune hatte Erich Specht am Donnerstag, 4. April, auf den Plan gerufen. „Wir haben Hochsicherheitszäune“, erklärt der Schafzüchter aus dem Hünxer Ortsteil Gartrop-Bühl. Gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn betreibt er hier am Lipperhofweg in der idyllischen Landschaft des Niederrheins die Schafzucht Specht. Seit fast 40 Jahren züchtet die Familie hier auf 20 Hektar Land Schafe. Die Zäune werden konstant überwacht, ein Abfall in der Spannung auf der Litze, die als oberes Element auf dem Zaun angebracht ist, wird sofort gemeldet. „Wir haben hier Bäume in der Nähe. Es kann immer mal passieren, dass ein Ast auf den Zaun fällt“, erklärt Specht.
„Wir leben jetzt hier seit fünf Jahren im Herzen des Wolfsgebiets und bisher ist nichts passiert“, sagt Erich Specht. Dabei seien die Wölfe schon häufiger in der Nähe des Hofes gewesen, hätten auch schon in der Nähe mal ein Reh erlegt. In der Nacht von Mittwoch, 3. April, auf Donnerstag, 4. April, passierte dann aber doch etwas: Zwei seiner Schafe, ein Schwarzkopf-Schaf und ein Suffolk-Schaf, wurden auf einer der Weiden durch Bisse in die Kehle getötet. Das Bürgerforum Gahlen informierte auf seiner Wolfskarte über das Geschehen und vermutet einen Wolfsangriff.
Eines der Schafe wurde „komplett ausgeweidet“
„Wahrscheinlich war es ein einzelner Wolf“, sagt Schafzüchter Erich Specht. „Auf der Weide standen insgesamt 24 Schafe. Es hätte also noch mehr Tiere erwischen können.“ Die drei Hektar große Fläche, die damit etwa halb so groß ist, wie die Ausstellungsfläche des Louvre in Paris, bot den anderen Tieren allerdings genug Raum, um die Flucht zu ergreifen.
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Das eine getötete Schaf wies neben dem Kehlbiss nur eine Verletzung am Hinterbein auf. Das andere war „komplett ausgeweidet“, wie es Schafzüchter Erich Specht selbst beschreibt. „Wahrscheinlich hat sich der Wolf daran satt gefressen“, erklärt er. Das andere getötete Tier blieb dann unbeachtet liegen und auch die anderen Schafe auf der Weide blieben unverletzt. Die Tiere waren abgesetzte Mutterschafe, das heißt von ihren Lämmern schon getrennt und auch deswegen in der Nacht draußen auf der Weide unterwegs.
So funktionieren die Schutzzäune vor Ort
Schafzüchter Erich Specht hält seine Zäune trotz des wahrscheinlichen Wolfsangriffs weiterhin für sicher. „Wir haben sofort mit dem Bau der Zäune angefangen, als die ersten Wölfe hier auftauchten“, berichtet er. Die Besonderheit an den Zäunen der Schafzucht: Neben einem rund einen Meter hohen Knotengeflecht, mit einem Schutz gegen das Untergraben, befindet sich an der Oberseite des Zaunes eine unter Strom stehende Litze, die nach außen hin dem Geflecht vorgelagert ist.
„Die Wölfe können das nicht richtig einschätzen und springen da nicht drüber“, erklärt Erich Specht. Da das Knotengeflecht geerdet ist, würde ein Kontakt von Litze und Zaun sofort zu einem 4000-Volt-Stromschlag führen. „Eigentlich kommt bei uns außer Vögeln nichts rein“, sagt der Schafzüchter. Er wundert sich, warum nicht viel mehr Zäune zur Sicherung der Nutztiere so gebaut werden. „Das kennt man doch so auch aus Wildgehegen“, erklärt er. Dort sind die Litzen natürlich nach innen verschoben, um die Tiere in ihren Gehegen zu halten.
Machte ein Hochwasserschaden den Angriff möglich?
Dass es jetzt doch ein Wolf auf die Weide schaffte, liegt vermutlich an einem nach vorne geneigten Eckpfahl der Einzäunung. „Durch das Lippehochwasser wurden die Zäune in Mitleidenschaft gezogen“, erklärt Erich Specht. Am nicht mehr gerade stehenden Eckpfahl entstand eine Lücke im Zaun, an der die Barriere nicht mehr ganz so hoch war. „Das hat der Wolf wahrscheinlich ausgenutzt“, erklärt der Schafzüchter. Mittlerweile wurde die Lücke geschlossen.
Der Bereich, in dem wahrscheinlich der Wolf über den Zaun kam, wird auch sonst gerne für Wildwechsel auf die andere Lippeseite genutzt. „Wir haben dort eigentlich auch Kameras stehen“, erzählt Erich Specht. Eine wurde allerdings beim Lippehochwasser beschädigt, eine weitere hatte sein Sohn an einen anderen Schäfer verliehen, bei dem es kürzlich einen Wolfsriss gab. „Sonst hätten wir wahrscheinlich auch Aufnahmen vom Wolf gehabt“, sagt Specht, der nach der Reparatur der Lücke im Zaun davon ausgeht, dass die Schafe seiner Familie jetzt wieder sicher auf der Weide stehen – wie in den vergangenen fünf Jahren auch. Und das im Herzen des Wolfsgebiets.