Dinslaken. Die Stadt Dinslaken baut die Radwege auf der Claudiastraße zurück, um mehr Platz für Bäume zu schaffen. Ein Vater läuft dagegen Sturm.
Morgens gegen 8 Uhr fühlt sich die Claudiastraße im Bruch an wie eine Hauptverkehrsstraße. Reger Autoverkehr in beiden Richtungen, dazu der Bus - und auch das Parken am Straßenrand ist erlaubt. Nicht gerade ein Traum für Radfahrer. Künftig aber werden sie sich mit ihrem Zweirad in genau dieses Getümmel wagen müssen. Denn die Stadt baut derzeit - wie berichtet - die Radwege auf beiden Seiten der Claudiastraße zwischen Emmastraße und Wilhelminenstraße zurück. Olaf Kämpgen, Anwohner und Vater eines Grundschülers, wehrt sich gegen die Planung.
Bislang sah es auf der Claudiastraße so aus: Auf beiden Straßenseiten gab es einen 1,20 Meter breiten Gehweg, daneben einen ein Meter breiten Radweg und einen bis zu 1,40 Meter breiten Grünstreifen mit Bäumen. Dann wurden 36 Bäume am Straßenrand gefällt. Die Ulmen-Hybriden waren „umsturzgefährdet“, so die Stadt. Auch sei der Radweg durch das Wurzelwerk der Bäume „stark beschädigt“. Es ging also um Verkehrssicherung.
Das wird gemacht
Nun sollen neue Bäume gepflanzt werden. 30 Stück. Mit mehr Platz. Die Claudiastraße ist im Allee-Register des Kreises Wesel verzeichnet, so die Stadtverwaltung, deswegen „gab es nur die Option, neue Bäume zu pflanzen“. Die alten Pflanzbereiche waren aber zu klein, außerdem erschweren „eine Vielzahl von Versorgungs- und Abwasserleitungen“ in dem Bereich die Anpflanzungen. Die Bereiche für die Bäume wurden also vergrößert - und sind nun 2,40 Meter breit. „Und das ging zulasten des nicht benutzungspflichtigen Radweges“, erklärte Volker Pohl, Leiter des städtischen Geschäftsbereichs Bauen jetzt im Bauausschuss. Der Radweg wird demzufolge also auf beiden Seiten zurückgebaut. Die Radfahrer werden, so die Stadt, „gesichert auf die Straße geführt“. Der 1,20 Meter breite Gehweg bleibt.
„Sinnlos“ findet das Olaf Kämpgen und eine Verschwendung von Steuergeldern dazu. „Mein Sohn geht in die Bruchschule, doch an einen Schulweg mit dem Fahrrad ist aufgrund fehlenden Radwegs nicht zu denken“, schrieb er an die Stadt. „Das ist die am meisten von Fahrrädern frequentierte Straße in ganz Dinslaken“, so Kämpgen: Sie liegt auf dem Weg zu Schulen und Kitas und im Sommer radeln hier Familien in Richtung Tenderingsseen oder Rhein.
Seiner Meinung nach müssten die Radwege erhalten oder mindestens auf beiden Seiten der Straße eingezeichnet werden. „Sonst parken alle Autos am Straßenrand“, prognostiziert der Anwohner. Ein Parkstreifen für sieben Fahrzeuge ist nur direkt hinter der Kreuzung zur Wilhelminenstraße vorgesehen - weil dort wegen der Versorgungsleitungen gar keine Bäume gepflanzt werden können.
Radwege werden nicht markiert
Die Radwege werden aber nicht markiert, weil die Claudiastraße in einer 30er-Zone liegt. Und dort ist die „Markierung von Radfahrstreifen auf der Straße gemäß der STVO nicht zulässig und wird nicht ausgeführt“, so die Stadt. Kurios: Läge die Straße nicht in einer Tempo 30-Zone und wäre stattdessen nur Tempo 30 ausgeschildert, wären die Markierungen möglich. Gewünscht wären sie seitens der Stadt aber dennoch nicht: „Dies ist aber nicht vorgesehen, verkehrsrechtlich fraglich und würde auch nicht zu dem Konzept der 30er-Zonen im gesamten Stadtgebiet passen.“
Weil das Parken am Fahrbahnrand weiterhin erlaubt bleibt, müssen sich die Radfahrer künftig also nicht nur durch den Verkehr, sondern auch an parkenden Autos vorbeischlängeln. Künftig sollen also „Sechsjährige mit dem Fahrrad auf der von Autos nur so zugeparkten Claudiastraße zur Schule fahren, wo zwar in der Theorie 30 Stundenkilometer vorgeschrieben sind, doch sich niemand um Kinder noch um Tempolimit schert und wo von vorne der Bus auf einen zu braust“, staunt Kämpgen. Er verweist auf die jüngste Diskussion zur Vermeidung von Elterntaxis - und auf die Zugehörigkeit der Stadt zu Arbeitsgemeinschaft fahrrad- und fußgängerfreundlicher Städte in NRW.
Auch für Fußgänger wird es enger
Weil neben den Fußwegen nun kein Radweg mehr zum Ausweichen ist, wird es auch dort enger. „Lassen Sie da mal einen Rollstuhl oder Rollator entgegenkommen“, mahnt Kämpgen und verweist auf die zuletzt erst barrierefrei ausgebauten Bushaltestellen in dem Bereich. Oder eben ein Kind auf einem Fahrrad - denn das Radeln auf dem Gehweg ist bis zu einem Alter von zehn Jahren erlaubt. Warum, fragt Kämpgen, hat man die Fahrbahn nicht 40 Zentimeter versetzt, dann wäre auf beiden Seiten genug Platz für Bäume und auf einer Seite 1,60 Meter Platz für einen kombinierten Rad- und Gehweg gewesen? Über Ausbauvarianten sei „in der Planungsphase selbstverständlich diskutiert“ worden, erklärt die Stadt, „allerdings hätten alle anderen Varianten den Umbau des kompletten Straßenquerschnittes bedeutet und die noch vorhandenen Bäume hätten ebenfalls gerodet werden müssen“.
So geht es weiter
Die ganze Baumaßnahme gehe „am Menschen vorbei“, bilanziert Olaf Kämpgen. An diesem Eindruck hat auch ein Ortstermin mit Volker Pohl nichts geändert. Olaf Kämpgen dankt Volker Pohl für seine Zeit - fehlende „Menschennähe“ könne man der Stadt an der Stelle jedenfalls nicht nachsagen. Aber die „Notwendigkeit und die Dringlichkeit der Baumaßnahme wurden mir nicht erläutert und lassen sich wohl auch nicht erklären“, so Kämpgen. Er werde der Stadt nun „so lange auf den Nerv gehen, bis die Radstreifen eingezeichnet“ würden und ein Parkverbot am Straßenrand erlassen sei.
Vor und nach der Baustelle bleibt der Radweg übrigens bestehen.
Das sind die Kosten
Die Baumaßnahme an der Claudiastraße wurde am 13. September 2023 im Bauausschuss im Rahmen einer Präsentation über geplante Maßnahmen im öffentlichen Teil vorgestellt, so die Stadt. Ein Beschluss sei aber „nicht erforderlich“ gewesen, da „nur wesentliche Maßnahmen einen Beschluss benötigen“.
Bei geschätzten Gesamtkosten für Tiefbau und Anpflanzungen in Höhe von 220.000 Euro sei „dies nicht gegeben“.