Voerde. Bürgerin ärgert sich massiv über großangelegte Grünschnittaktion auf einem Weg in Friedrichsfeld. Wie die Stadt Voerde die Maßnahme begründet.
Eine großangelegte Grünschnittaktion der Stadt in Friedrichsfeld stößt bei einer Bürgerin auf scharfe Kritik. Die Rede ist von einem zwischen Hugo-Mueller-Straße und Alte Hünxer Straße liegenden Verbindungsweg, der an einer Stelle die Gartenstraße quert und zu beiden Seiten an Wohnbebauung vorbeiführt. „Zwei Ilex, sie standen schon über 32 Jahre vor dem Gartentor – weg. Eiben – weg“, beschreibt Monika Tomiak-Becker traurig eine Folge der Maßnahme. Die Stadt schneide alles „Grün runter“. Bisher „leben hier viele Arten von Vögeln. Buntspecht, Distelfinken, Kleiber usw.“, erklärt Tomiak-Becker.
Die Friedrichsfelderin kann das Vorgehen der Kommune nicht nachvollziehen. Sie verweist auf die in Zeiten des Klimawandels zunehmend diskutierte Bedeutung der Stadtbegrünung. Ihr ironisch gemeinter Kommentar zur aktuellen Grünschnittmaßnahme: Die „Stadt Voerde braucht keine grünen Lungen, keine Insekten und Vögel“. Das sehe man auch daran, was „sie mit dem Biotop in Spellen vorhaben“, erklärt sie mit Verweis auf den geplanten Bau riesiger Logistikhallen im Hafen Emmelsum. Grünflächen würden mit „Großgaragen vollgepflastert“. Und noch etwas stört Tomiak-Becker. Als sie bei der Stadt angefragt habe, um den Sachverhalt zu klären, habe sie unter anderem Folgendes zu hören bekommen: „Jetzt wollen wir mal nicht polemisch werden.“ Für sie als Bürgerin sei das „eine Unverschämtheit“.
Stadt Voerde: Bereich ist verwildert
Aus dem Rathaus heißt es auf NRZ-Anfrage, dass „die Motivation“ der Grünschnittmaßnahme „vielschichtig“ sei: „Zum einen fordern viele Anlieger seit Jahren, dass in diesem verwilderten Bereich den Überhängen von Sträuchern, Brombeeren und sonstigem Wildwuchs vom städtischen Grundstück auf die Privatgrundstücke Einhalt geboten wird“, erläutert Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann. Ebenso seien mehrfach Forderungen aus dem politischen Raum zur Bewirtschaftung und Pflege des gesamten Bereichs erhoben worden. „Der Bereich ist verwildert und konnte in den vergangenen Jahrzehnten aus strukturellen Gründen nicht gepflegt werden“, führt Lütjann weiter aus.
Zum anderen freue sich der Baubetrieb darüber, „endlich die längst überfälligen Pflege- und Bewirtschaftungsmaßnahmen“ durchführen zu können. „Eine fach- und sachgerechte Pflege wird jetzt erfolgen, um auch in den nächsten Jahren die Grundlage für turnusmäßige Pflegeintervalle schaffen zu können. Weitere Maßnahmen werden im Stadtgebiet erfolgen. Genaue Bereiche können derzeit noch nicht benannt werden“, kündigt Lütjann an. Zu der Kritik von Monika Tomiak-Becker an der Zerstörung von Lebensraum für verschiedene Tierarten und Minderung der Stadtbegrünung erklärt die Stadt, dass ihr die Grünanlagen sehr wichtig seien: „Wir setzen uns aktiv für den Erhalt und die Pflege unserer Grünanlagen ein, da Bäume und Sträucher als Sicht-, Blend- und Windschutz sowie als Lebensraum für Säugetiere, Vögel und Insekten dienen.“
Im Rathaus wird auch mit der Verkehrssicherungspflicht argumentiert
Der nun erfolgte umfangreiche Rückschnitt sei daher vor allem als – „oftmals längst überfälliger“ – Pflegeschnitt zu betrachten. Zudem sei aus der Bürgerschaft insbesondere der „unzureichende“ Pflegezustand der städtischen Grünflächen oftmals kritisiert worden. „Aufgrund der aktuell vorhandenen Ressourcen“ sei die Stadt in diesem Frühjahr nunmehr in der Lage, entsprechende Arbeiten zu erledigen. Außerdem wird im Rathaus mit der Verkehrssicherungspflicht argumentiert. Die sei für die Kommune das oberste Gebot: Ohne regelmäßige Pflege könnten Gehölze – insbesondere kranke und alte Bäume, Sträucher, die ihre Standfestigkeit verlieren – zur möglichen Gefahr für Auto- oder Radfahrer sowie Fußgänger werden.
Der größere Teil des von Monika Tomiak-Becker kritisierten Rückschnitts sei erfolgt, „um eine Naturverjüngung zu ermöglichen und wieder austreibende Wurzelstöcke zu fördern. Fachleute bezeichnen dies als ,auf den Stock setzen‘“, erläutert Lütjann. Die Stadtpressesprecherin verhehlt nicht, dass diese Methode „zunächst als ,Kahlschlag‘ wahrgenommen werden“ könne. Jedoch unterstütze diese Maßnahme die Natur dabei, „sich zu verjüngen und neu aufzustellen“. Bereits nach kurzer Zeit, „wenn die Pflanzen wieder Triebe ausbilden, entsteht ein neues, gepflegtes Bild“.
Die Stadt spricht von einer „nachhaltigen Grünflächenpflege“, auf die sie weiterhin setze, „um die Vielfalt der Natur zu bewahren und gleichzeitig eine sichere Umgebung für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten“. Hinweise aus der Bevölkerung seien der Stadt in jedem Fall sehr wichtig. „Sollten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen anderen Eindruck vermittelt haben, bitten wir dies zu entschuldigen“, erklärt Lütjann.