Dinslaken. Dinslaken muss ab 2024 ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen. Das bedeutet für Bürger tiefe Einschnitte. Letzte Hoffnung ist ein NRW-Gesetz.
40 Prozent der Kommunen in NRW droht nach einer Umfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW die Pleite: Sie gehen davon aus, im Jahr 2024 ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen zu müssen. Dazu gehört auch Dinslaken. Bislang konnten die Kommunen die finanziellen Belastungen, die ihnen durch Corona und den Ukraine-Krieg entstehen, isolieren und über einen Zeitraum von 50 Jahren abschreiben. Das ist seit Jahresbeginn nicht mehr der Fall. Und bringt Dinslaken in Bedrängnis: „Ein hoher zweistelliger Millionenbetrag ist dadurch ab 2024 im städtischen Haushalt unmittelbar gegenzufinanzieren,“ so die Stadt.
Dinslakens Eigenkapital schmilzt
Weil Dinslaken regelmäßig das Haushaltsloch mit Eigenkapitalmitteln stopfen muss, schmilzt das Eigenkapital kontinuierlich. Ohne Isolierung der Corona- und Kriegskosten betrüge das Eigenkapital der Stadt im Jahr 2026 noch 107 Millionen Euro, etwa 100 Millionen Euro weniger als mit Isolierungsmöglichkeit. Denn der „eigentliche Verzehr der Allgemeinen Rücklage liegt viel höher und wird ohne Verlängerung des Isolierungsgesetzes über den 31. Dezember 2023 sprunghaft mit dem neuen Haushaltsplan ansteigen“, so die Stadt Dinslaken. Das jährliche Haushaltsloch würde auf bis zu 48 Millionen Euro im Jahr 2026 wachsen.
Wann ein Haushaltssicherungskonzept Pflicht wird
Ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) wird laut Gemeindeordnung NRW u.a. Pflicht, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mehr als fünf Prozent der Allgemeinen Rücklage genutzt werden, um das Haushaltsloch zu stopfen. Bis jetzt reichte die mittelfristige Finanzplanung der Stadt bis zum Jahr 2026. In dem Jahr sollte (mit Isolierungsmöglichkeit) die fünf-Prozent-Marke erstmals überschritten und 7,8 Prozent der Rücklage entnommen werden.
Im neuen Haushaltsplanentwurf für 2024, den Kämmerer und Erster Beigeordneter Achim Thomae in der Ratssitzung am Mittwoch, 10. Januar, vorstellen wird, reicht die mittelfristige Finanzplanung aber nunmehr bis 2027. Damit werden „die zwei Jahre hintereinander erfüllt sein“, so die Stadtverwaltung. Der Haushaltssicherungsstatuts würde automatisch entstehen.
Vor einer solchen Entwicklung hatte Kämmerer Achim Thomae die Politik schonmehrfach gewarnt: bei der Aufstellung des Haushalts für 2023, im Juni, als das Land das Ende der Isolierungsmöglichkeiten verkündet hat, gewarnt und zuletzt vor wenigen Wochen.
Städte schicken Brandbrief an Wüst
Weil außerdem weitere Belastungen in Millionenhöhe, etwa durch Tariferhöhungen und Soziallasten auf die städtischen Haushalte zukommen, haben Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, darunter auch Dinslakens Stadtchefin Michaela Eislöffel, einen Brandbrief an Ministerpräsident Wüst geschickt. „Die chronische Unterfinanzierung und die Vielzahl an Krisen nehmen uns die Luft zum Atmen. Wenn Bund und Land nicht endlich ein Einsehen haben und die Kommunen so ausstatten, dass sie ihren Aufgaben gerecht werden können, schlittern wir 2024 ungebremst in die Handlungsunfähigkeit“, warnte der Präsident des Städte- und Gemeindebunds, Dr. Eckhard Ruthemeyer.
Das ist das geplante Gesetz
Daraufhin habe Kommunalministerin Ina Scharrenbach „haushaltsrechtliche Änderungen der Gemeindeordnung und der Gemeindehaushaltsverordnung angekündigt“, so die Stadt Dinslaken.
Dieses „Dritte Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements im Land Nordrhein-Westfalen“ sieht unter anderem vor, dass die starre Regelung der fünf-Prozent-Schwelle aufgegeben wird - „für Dinslaken eine entscheidende Hürde, denn sie wird ohne gesetzliche Änderung in 2024 überschritten“, so die Stadt.
Das Gesetz wurde im Dezember 2023 in den Landtag eingebracht. „Die Beratungen laufen bis zur angekündigten Beschlussfassung Ende Februar parallel zu den Haushaltsberatungen der Stadt Dinslaken“, so die Stadt.
In seiner Haushaltsrede am Mittwoch werde Stadtkämmerer Achim Thomae den Haushaltsplanentwurf der Stadt Dinslaken vorstellen und dabei auf die geplanten Änderungen eingehen. Im Februar soll das Gesetz im Landtag beschlossen werden, so die Stadt: „Für die derzeitig geplante Beschlussfassung des städtischen Haushalts im März 2024 wäre dies also noch rechtzeitig.“
Das bedeutet Haushaltssicherung
Das Haushaltssicherungskonzept (HSK) ist ein Plan, nach dem der Haushaltsausgleich in einem bestimmten Zeitrahmen wieder hergestellt werden soll. Es muss von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden.
Wenn eine Kommune verpflichtet ist, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, bedeutet das starke Einschränkungen für ihre Entscheidungsfreiheit und Einschnitte für die Bürger.
Die Kommune muss Einnahmen erhöhen und freiwillige Ausgaben, die nicht zu ihren Pflichtaufgaben gehören, kürzen oder streichen - etwa Zuschüsse für soziale Projekte, Beratungsstellen, Jugendeinrichtungen, Kultur- und Freizeitangebote, Vereine, gemeinnützige Organisationen. Auch bei der Unterhaltung von Parks und der Reinigung von Straßen kann gespart, Bauprojekte verkleinert oder verschoben werden. Städtische Personalkosten könnten reduziert und auch Steuern erhöht werden.