Dinslaken. Bei der Diskussion zur Unterbringung von Geflüchteten an der Trabrennbahn gab es Kritik an der Stadt. Ein Ratsherr vergriff sich völlig im Ton.

Dass die Stadt Dinslaken im Tribünenhaus der Trabrennbahn 180 Geflüchtete unterbringen wird, war vor der Sitzung des Stadtrats, der diese Maßnahme am Dienstagabend offiziell bewilligen sollte, schon eigentlich keine Frage mehr. Auf Anfrage der NRZ hat die Stadtverwaltung diese Absicht bestätigt, am Wochenende fand zudem eine Informationsveranstaltung für die Anwohner statt. Bei ihnen hatte das Gerücht schon Wochen zuvor die Runde gemacht. Die Politik, das wurde in der Ratssitzung deutlich, fühlte sich in der Abfolge der Ereignisse übergangen. Während Kristina Grafen, Co-Vorsitzende der SPD, das kritisierte, vergriff sich Thomas Giezek, parteiloses Mitglied der FDP-Fraktion, komplett im Ton.

Giezek ergriff nach Kristina Grafen das Wort. Dass der Platz in den Unterkünften für Schutzsuchende nicht ausreichen würde, sei schon vor einem Jahr abzusehen gewesen. Schon im November 2022 hätten 830 Geflüchtete in Dinslaken Schutz gesucht. Auch angesichts von Kriegen sei also bekannt gewesen, „dass die Flüchtlingszahlen nach oben gehen“, sagte Giezek - um daraufhin Dr. Tagrid Yousef, Dezernentin für Soziales, Schule, Kultur und Sport, persönlich anzugehen und zu beleidigen: „Ich glaube, Sie haben gar keine Empathie für Flüchtlinge“, polterte Giezek. Und weiter: „Sie haben selbst Migrationshintergrund und sagen, wir sollen die Trabrennbahn nehmen. Früher waren 1400 Leute im Hardtfeld und an der Fliehburg, heute kriegen wir das nicht mehr hin. Haben Sie sich schon mal so eine Einrichtung angeguckt?“

Weiterer Beschluss des Stadtrats

Auf der Tagesordnung des Stadtrats standen eine Reihe weiterer Beschlüsse. So wurde unter anderem die neue Beitragsstruktur für Kindergärten und Kindertagespflege mehrheitlich beschlossen. Künftig sollen Eltern bis zu einem bereinigten Einkommen von 30.000 Euro keine Beiträge für die Kinderbetreuung zahlen, dafür steigen die Beiträge für Eltern ab einem Jahreseinkommen von 90.000 Euro. Ein ausführlicher Bericht folgt.

Dezernentin sei „total überfordert“

Auch Giezek kritisierte, dass die Vorlage - wie so häufig - sehr kurzfristig veröffentlicht worden und der Sozialausschuss nicht eingebunden worden sei. „Wir entscheiden heute nur über Geld“, so Giezek in Richtung der Sozialdezernentin: „Wie die Menschen da leben, das interessiert Sie überhaupt nicht. Da sind keine Türen, da sind Vorhänge“, sagte er in Bezug auf die geplante Unterkunft an der Trabrennbahn. Der Träger habe die Stadt schon im Sommer schriftlich auf die drohende Platznot aufmerksam gemacht: „Und reagiert haben Sie gar nicht.“ Die Dezernentin, so schloss Thomas Giezek, sei mit den Bereichen Schule, Sport, Jugendhilfe und Soziales „total überfordert. Kultur können Sie und schöne Reisen machen und schön winken - aber das schaffen Sie nicht“.

Das wurde beschlossen

Buhrufe aus dem Plenum waren die Antwort der Politik. Dr. Tagrid Yousef, die als Kleinkind mit ihrer Mutter aus Palästina geflüchtet ist, wies Giezek zurecht: „Ich verbitte es mir, mich hier in der Öffentlichkeit zu diskreditieren, zu diskriminieren und rassistisch anzugreifen. Ich glaube, ich bin in Sachen Flüchtlinge, da ich selbst Flüchtlingskind bin, sehr empathisch, wahrscheinlich empathischer als Sie es jemals sein werden.“ Die Lage schutzsuchender Menschen beschäftige sie nicht erst seit ihrem Wechsel nach Dinslaken, so Yousef: „Und meine Arbeit gelingt mir, glaube ich, sehr gut. Sie müssen nur genauer hinschauen.“

Die Kapazitäten in den Unterkünften für Geflüchtete, Fliehburg und Hardtfeld, sind seit Ende November nach Angaben der Stadt erschöpft. Bis weitere Gebäude auf dem Gelände der Fliehburg saniert und Wohncontainer beschafft sind, dauert es aber noch: Die ersten Plätze sollen im Februar, alle 180 Plätze im September 2024 zur Verfügung stehen. Deswegen sollen an der Trabrennbahn vorläufig 188 Plätze für Geflüchtete geschaffen werden. Der Stadtrat stimmte den Plänen zu.