Voerde. Stadt erreichen immer wieder Klagen von Schülereltern über Busausfälle. Unmut auch bei der Politik ist groß. So will die Niag jetzt gegensteuern.
- Schülervater beklagt: Allein auf der Buslinie 81 kam es innerhalb eines Monats zu insgesamt 13 Ausfällen
- Betroffene Eltern haben sich über WhatsApp-Gruppe organisiert, um bei Busausfällen reagieren zu können
- Nicht nur die Buslinie 81 in Voerde ist von Ausfällen oder Verspätungen betroffen
- Niag argumentiert mit hohem Krankenstand und anhaltendem Personalmangel
Immer wieder kommt es auch in Voerde zu Busausfällen, die insbesondere den Schülerverkehr betreffen. Die Stadt kann ein Lied davon singen, erreichen die Beschwerden doch nicht zuletzt auch sie als Schulträgerin. Zu massiven Problemen ist es in den vergangenen Wochen etwa erneut auf der Linie 81 gekommen, die zwischen Schulzentrum Nord (Gymnasium) und Rheindörfern verkehrt. Markus Rissel, Vater aus Mehrum und erster Vorsitzender der Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Rheindörfer Götterswickerhamm, Löhnen, Mehrum, schildert, dass der Bus allein im Zeitraum zwischen dem 31. Oktober und 30. November 13 Mal ausgefallen ist. Und das bei insgesamt 23 Schultagen. Das Problem trat seinen Angaben nach sowohl morgens als auch mittags und nachmittags auf.
Mehrfach sei der Missstand in der Vergangenheit bei dem zuständigen Verkehrsunternehmen, der Niag, der Stadt, dem Kreis Wesel, lokalen Vertretern des Kreistages und der Schule angesprochen worden. Auch habe es bereits diverse Gespräche zwischen Elternvertretern, Lehrern und Bürgerinteressengemeinschaften gegeben. „Leider mit keinem Ergebnis. Die Verbindung fällt immer wieder aus“, erklärte Rissel vor einigen Tagen. Er berichtet, dass sich Eltern und Kinder aus sieben Familien in Mehrum seit Anfang November über eine WhatsApp-Gruppe organisieren, um bei einem Busausfall reagieren zu können. Die Niag-App zeige es bedauerlicherweise nicht immer an, wenn der Bus nicht fahre.
Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, werden in „Sozialen Netzwerken angegriffen“
Abgesehen von Mehrkosten bei den Eltern und der plötzlichen Änderung der eigenen Arbeitszeit werde durch die Pkw-Fahrten die Umwelt zusätzlich belastet. Jene Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, würden dafür in „Sozialen Netzwerken angegriffen“. Der Niag scheine es offenbar nicht möglich zu sein, „das Problem langfristig abzustellen und die Linie 81 zuverlässig zu versorgen“. Eltern und Kindern warten dem Vater aus Mehrum zufolge „gebannt auf den Frühling“. Dann könnten die Schülerinnen und Schüler mit dem Fahrrad zur Schule fahren, „um den ÖPNV nicht nutzen zu müssen“.
Die große Verärgerung von Eltern über ausfallende Busse in Voerde, die nicht alleine die Linie 81 betreffen, war unlängst auch Thema in den politischen Gremien der Stadt: Im Schulausschuss konstatierte die Verwaltung, dass die Niag die Probleme mit Personalmangel und kurzfristigen Personalausfällen erkläre. Dagegen lasse sich schwer argumentieren. Die Stadt versuche immer wieder, darauf einzuwirken, dass das Gymnasium stetig angefahren werde. SPD-Ratsmitglied Bastian Lemm schlug vor, den Vorstand der Niag in die Sitzung des Schulausschusses einzuladen.
Auch Voerder Politik übt scharfe Kritik an der Niag
Knapp drei Wochen später kam das Problem im Stadtrat erneut auf den Tisch. „Die Beschwerden erreichen auch uns: Busse fallen aus oder kommen später“, fasste Voerdes Schuldezernent Jörg Rütten zusammen. Die Niag verweise auf einen „erweiterten Krankenstand und auf die Schwierigkeit, Personal zu finden“. Rütten: „Wir erwarten nichtsdestotrotz von der Niag eine Lösung.“ Bürgermeister Dirk Haarmann erklärte, selbst mehrere Telefonate mit dem Vorstand des Verkehrsunternehmens geführt zu haben. Ein CDU-Ratsherr berichtete, dass sein Sohn wegen eines Busausfalls die etwa 4,7 Kilometer vom Gymnasium zurück nach Hause zu Fuß – mit Tornister auf dem Rücken – gelaufen sei. Der Unmut auch in Reihen der Voerder Politik über die Betriebsführung der Niag ist groß: „Preis und Leistung passen hier überhaupt nicht überein“, urteilte SPD-Ratsmitglied Bastian Lemm.
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Das Verkehrsunternehmen argumentiert auf NRZ-Anfrage wenig überraschend mit denselben Punkten wie bisher: „Derzeit entfallen leider einzelne Fahrten von Niag und Look im gesamten Verkehrsgebiet in den Kreisen Wesel und Kleve. Wegen des aktuell überdurchschnittlichen Krankenstands bei Busfahrerinnen und -fahrern sind die Unternehmen in der Niag-Unternehmensgruppe sowie die von ihr beauftragten, mittelständischen Busunternehmen in der Region gezwungen, die Anzahl der Fahrten zu reduzieren. Dazu kommt der seit Jahren anhaltende Personalmangel im gesamten ÖPNV, der auch die Unternehmen in der Region hart trifft“, erklärt Niag-Sprecher Michael Block. Besonders stark von der „laufenden Krankheitswelle“ sei der Niag-Standort in Wesel betroffen, von wo aus neben der Kreisstadt auch Dinslaken und Voerde sowie umliegende Ortschaften „im busgestützten ÖPNV bedient“ würden.
Leider könne das Team am Niag-Standort Wesel den hohen Krankenstand beim Fahrpersonal nicht vollständig kompensieren. „Zu den offenbar vorherrschenden Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten kamen zuletzt auch Corona-Infektionen hinzu“, schildert Block die aktuelle Situation. Seit dieser Woche nun würden die Dienste des dortigen Fachpersonals in den Tagesstunden gebündelt. Ausfälle „konzentrieren sich dann in den Abendstunden“. Fahrten hier müssten dann „leider verstärkt“ gestrichen werden. So sollen Schüler und Berufspendler „trotz der derzeit sehr hohen Krankenquote und der Folgen des Fachkräftemangels weiter verlässlich befördert werden“, erläutert Block. Es werde mit allen verfügbaren Kräften daran gearbeitet, „die Lage schnell zu verbessern“. Zwar stünden genügend Fahrzeuge zur Verfügung, „es fehlt jedoch inzwischen immer häufiger das notwendige Fahrpersonal“.
Infos über Verkehrsbeeinträchtigungen
Den Hinweis von Elternseite, dass die Niag-App nicht immer anzeige, wenn der Bus nicht fährt, will das Verkehrsunternehmen „zusammen mit den Dienstanbietern prüfen“, kündigt Michael Block an. In der Regel würden Ausfälle in allen Apps „mit Echtzeitinformationen angezeigt, so auch in der Niag-App“. Aktuelle Infos „über Verkehrsbeeinträchtigungen erhalten unsere Fahrgäste zudem auf unserer Webseite im Fahrplaner“, führt der Niag-Sprecher weiter aus. Darüber hinaus stehe für „telefonische Fahrplanauskünfte die ,Schlaue Nummer für Bus & Bahn in NRW‘ 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche zur Verfügung“. Sie lautet: 0800/6504030 (kostenfrei aus allen deutschen Netzen).
Das Niag-Team hofft, „dass sich die Situation im Laufe der ersten Wochen im neuen Jahr stabilisiert“. Zu der Frage, welche Pläne es zu einer Verbesserung der Situation gibt, erklärt Block, dass die Niag-Unternehmensgruppe bereits seit geraumer Zeit „sämtliche Hebel in Bewegung“ setze, um dem „anhaltenden Personalmangel im ÖPNV zu begegnen“. Dazu würden in Fahrschule und im Bildungszentrum in Moers „fortlaufend neue Kolleginnen und Kollegen für den Fahrdienst“ ausgebildet.
Der Niag-Sprecher macht darauf aufmerksam, dass dort, wo Fahrten ausfallen oder sich erheblich verspäten, „selbstverständlich die Mobilitätsgarantie für das gesamte VRR-Gebiet“ greife. Diese gelte, „wenn der Bus oder die Bahn an der Abfahrtshaltestelle eine Verspätung von 20 Minuten oder mehr vorweist oder es zu einem kompletten Dienstausfall kommt und es keine alternative Verkehrslinie gibt, die die Fahrgäste zu ihrem Zielort fährt“. Sie könnten sich dann ein Taxi rufen, das sie zum Zielort fahre. Voraussetzung sei, „dass innerhalb der nächsten 20 Minuten keine andere Verbindung angeboten wird. Dazu zählen auch Fahrten, bei denen eventuell ein Umstieg notwendig ist“.