Dinslaken. Ehepaar Nühlen vermutet, dass Züge auf der Betuwe-Linie verantwortlich für Risse im Haus sind. Die Reaktion der Bahn macht das Paar fassungslos.

Ehepaar Nühlen bewohnt seit vielen Jahren ein Eigenheim, das an der Tackenstraße und gut 300 Meter von der Bahnlinie Oberhausen–Emmerich entfernt liegt. Es lebt mit der Bahn, mit der Taktverdichtung und mit den Baustellen, die bislang eingerichtet worden sind, weil die Strecke um ein drittes Gleis erweitert wird. Das ist notwendig, denn immer mehr Güter sollen auf der Schiene transportiert werden. Das führte schon zu einer Taktverdichtung auf der Strecke. Und nun der Betuwe-Ausbau. Alles kein Problem für das Ehepaar, wären da nicht die Risse im Fliesenboden.

Ein Foto, das im Dezember 2022 zufällig gemacht worden ist, zeigt den Boden ohne Beschädigung. Monate später sind aber in der Küche, im Flur und im Wohnzimmer Risse zu sehen. Das Ehepaar machte sich auf die Suche nach der Ursache. Hängen die Schäden mit der Bahnstrecke zusammen, war einer ihrer Gedanken. Also wurde die Bahn angeschrieben. Das war Anfang Juni. Die Züge fuhren, aber von der Bahn war in puncto Risse nichts zu hören. Auf ihre Mails erhielten die Dinslakener Standardantworten: Die Bahn bedankte sich, bestätigte den Erhalt der Mail und bat um Geduld, die Bearbeitung des Anliegens könnte etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Bauarbeiten werden als Ursache ausgeschlossen

Das Bild wurde zufälltig im Dezember 2022 aufgenommen und zeigt den Boden ohne Schäden.
Das Bild wurde zufälltig im Dezember 2022 aufgenommen und zeigt den Boden ohne Schäden. © PRivat | Nühlen

Dann hörte das Ehepaar doch etwas von der Bahn. Anfang Juli teilte eine Mitarbeiterin der Bahn/Infrastrukturprojekte West mit: „Eine Rissbildung aufgrund unserer Bauarbeiten ist auszuschließen. Deshalb wäre davon auszugehen, dass Rissbildungen in ihrem Wohngebäude aufgrund des laufenden Zugverkehrs entstanden sind. Damit können wir als Ausbauprojekt leider nicht ,greifen‘ und haben ihr Anliegen an die zuständige Kollegin nach Frankfurt weitergeleitet, die sich zeitnah mit Ihnen Verbindung setzen.“

Was aber nicht geschehen ist. Ehepaar Nühlen ärgerte sich, machte ihren Unmut auch in Schreiben an die Bahn deutlich: „Wir müssen nicht nur täglich mit ansehen, wie unser Eigentum immer mehr Schaden nimmt, sondern müssen anscheinend auch mit der Arroganz ihrer Kollegen lernen umzugehen, die anscheinend meinen, kritische, jedoch berechtigte Anliegen einfach aussitzen zu können.“ Dabei wollen Birgit und Michael Nühlen nur erfahren, warum sich im Fliesenboden Risse gebildet haben, sie wollen nur, dass ihr Eigentum in den Zustand vor dem 25. Dezember zurückversetzt werde. Nicht nur die Bahn wurde angeschrieben, auch an die RAG habe man sich gewandt, so Michael Nühlen.

Verursachen Schwingungen die Risse?

Als sie Anfang August noch keine Antwort von der Bahn erhalten haben, schicken sie eine Mail an das Eisenbahn-Bundesamt. Darin heißt es, dass sich ihrer Meinung nach „das Zugaufkommen (gerade in der Nacht) massiv erhöht“ habe. Und das sei geschehen, „obwohl weder der zugesagte Schall- noch der Erschütterungsschutz bereits verbaut worden sind.“ Das Ehepaar vermutet, dass die durch die schweren Güterzüge auf der Strecke verursachten Schwingungen über das Erdreich auf das Gebäude übertragen werden und so zu den Rissen im Boden führen. „Die Anzahl der Risse nimmt kontinuierlich zu und sie verändern sich“, heißt es weiter.

Die Risse im Fliesenboden haben sich mit der Zeit verändert, sind immer breiter geworden, berichtet Michael Nühlen.
Die Risse im Fliesenboden haben sich mit der Zeit verändert, sind immer breiter geworden, berichtet Michael Nühlen. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Das hat die Bahn dem Ehepaar mitgeteilt

Eine Mail von der Bahn erhält das Ehepaar am 12. August. Bislang würden keinerlei Nachweise für eine Schadensursache vorliegen, deshalb werde man auch nicht anerkennen, dass die Güterzüge die Ursache für die Risse im Boden seien, teilt das Unternehmen mit. Und es wird erläutert, warum nach den bislang gemachten Erfahrungen eine Schadensverursachung durch den Eisenbahnverkehr auszuschließen sei.

Zum einen sei es die Lage, rund 300 Meter entfernt von den Gleisen. „Soweit überhaupt Erschütterungen von unseren Bahnanlagen ausgehen, führen diese in der Nachbarschaft in den allermeisten Fällen nicht zu Schäden an Gebäuden.“ Und: „Doch selbst wenn es zu solchen Schäden kommt, ist eine Schadensverursachung durch den Bahnbetrieb auszuschließen, wenn diese Gebäude mehr als 10 Meter von der Bahnanlage entfernt liegt.“

Damit ist das Ehepaar gar nicht einverstanden und hat einen Anwalt eingeschaltet, der die Bahn nochmals angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten hat. Es sei auch möglich, dass man eine Klage einreicht, damit ein Gericht sich mit dem Fall beschäftigt. Und in den vergangenen Wochen, so das Ehepaar, als die Strecke gesperrt war, hätten sich die Risse nicht verändert. Vielleicht, so Michael Nühlen, melden sich ja noch weitere Hausbesitzer, die an ihren Gebäuden ebenfalls Schäden entdeckt haben.