Voerde. Kriminalrat Manfred Lukaschewski erzählte in Voerde aus seinem Berufsleben. Er hat viele Jahre die Ost-Berliner Mordkommission geleitet.

Gibt es den perfekten Mord? Und wie nah sind die Taten und deren Aufklärung in Büchern und Filmen an der Realität? Um dieses aufzulösen, war am Freitagabend, zur Krimistunde, Kriminalrat im Ruhestand, Manfred Lukaschewski nach Voerde in die Buchhandlung Lesezeit gekommen – und erzählte aus seinem Berufsleben. Dem Publikum gefror zwischendurch sprichwörtlich das Blut in den Adern, bei dem, was der langjährige Leiter der Ostberliner Mordkommission für seinen Vortrag an Material mitgebracht hatte. Und den 20 erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörern wurde dabei schnell klar: Der Mann kriegt alles raus!

Durch einen Zufall war Gastgeberin und Autorin Sabine Friemond auf Lukaschewski gestoßen: Auf der Suche nach Sachinformationen für ihr eigenes Krimischreiben stieß sie auf eine Facebook-Gruppe mit dem Namen „Kriminalistik leicht gemacht“, einem Sammelpunkt für Krimiautorinnen und -autoren und Interessierte. Den Admins der Gruppe war es gelungen, Lukaschewski zu gewinnen, um für ihre fiktiven Geschichten reales Faktenwissen zu bekommen. Sabine Friemond hatte eine Menge Fragen für Ihre Krimis und bekam sie von ehemaligen Leiter der Mordkommission beantwortet.

Voller Freude begrüßte sie ihn am Freitag in Voerde: „Es ist so wunderbar, dass sich aus unserer Facebook-Freundschaft ein echter Termin entwickelt hat, und Du meine Einladung für einen Vortrag angenommen hast.“ Die erschienenen Gäste des Vortrages setzten sich zusammen aus Krimifans, aber auch aus echten Praktikern wie Heinz aus Hünxe, der mal sehen wollte „wie weit der Kollege in seinen Darstellungen geht.“

„Bei 80 Prozent aller Fälle haben wie sie oder ihn nach einer Woche“

Lukaschewski, Kriminalist mit Promotion, beschrieb genau, welche Lawine losrollt, wenn eine Morduntersuchungskommission eingeschaltet wird. Da gibt es dann für die auf den Plan gerufenen Beamten nahezu keinen Feierabend mehr, um alles zu tun, den Täter ausfindig zu machen. „Bei 80 Prozent aller Fälle haben wie sie oder ihn nach einer Woche,“ erklärt Lukaschewski dem gespannt lauschenden Publikum, und weiter: „Zu 95 Prozent sind es Beziehungstaten, bei denen Opfer und Täter in irgendeinem Verhältnis gestanden haben.“

Wann man von Affekt-Handlungen sprechen könnte, möchte eine Zuhörerin wissen und Lukaschewski zitiert einen bekannten Kollegen: „Als Affekt zählen nur die ersten sechs Sekunden, alles Spätere ist Ehrgeiz.“ Ermittler drehen bei ihrer akribischen Arbeit alles auf Links, können mit unglaublicher Technik kleinste Spuren sichtbar machen. Und es geht vor allem darum, den genauen Zeitpunkt einer Tat festzulegen, wegen der späteren Alibiaufklärung: „Wo waren Sie in der Zeit zwischen …?“

Die Zuhörerinnen und Zuhörer in der Lesezeit staunen immer wieder, was den Ermittlern alles möglich ist und blicken dabei auf Fotos, die eine knallharte Wirklichkeit vor Augen führt. Aber darauf hatten sich die Erschienenen schon irgendwie eingestellt - wie Krimifan Edda aus Voerde, die meint: „Ich werde heute trotzdem schlafen können.“ Doch eine gewisse Erleichterung tritt schon ein, als Manfred Lukaschewski den Beamer-Vortrag beendet, das Licht wieder einschaltet und in eine Aussprache übergeht. Er lässt sich dann Löcher in den Bauch fragen: Wie es bei einer Vernehmung zuginge, war eine der Fragen und Lukaschewski betont dabei die Wichtigkeit, die Rechte der Verdächtigen zu beachten. Und immer wieder lässt er durchblicken, dass bei der Arbeit einer Mordermittlungskommission nicht auf die Uhr geschaut werde.

„Verbrechen lohnt sich nicht“

Der Ermittler, der seine Doktorarbeit darüber geschrieben hatte, wie man Fingerabdrücke auf menschlicher Haut sichtbar machen kann, und der schon zahlreiche Sachbücher verfasst hat und das neueste in Voerde zeigt, betont immer wieder: „96 Prozent aller Gewalttaten mit Todesfolge werden aufgeklärt. Verbrechen lohnt sich nicht.“ Und so spannt er dann wieder den Bogen für die anwesenden Krimifans, deren Lieblingswerke ja auch meistens mit einer Auflösung enden.