Dinslaken. Wilsberg-Erfinder Jürgen Kehrer las im Dinslakener Dachstudio - und die Fans kamen in Scharen. Beide hatten Fragen: die Fans – und der Autor.

Man könnte an diesem Donnerstagabend auch behaupten, dass der eigentliche Krimi weit entfernt in der Wüste von Katar stattfand. Und man merkte auch ein klitzekleines bisschen, dass nicht nur der Autor im Dachstudio Dinslaken sein zahlreiches Publikum auf die Folter spannte, weil er von den entscheidenden Momenten in seinem neuem Roman natürlich absolut nichts verriet, sondern sich das Publikum dieses Mal revanchieren konnte.

Es dauerte zwei Stunden – es war gegen 21.30 Uhr – als Jürgen Kehrer im Anschluss an seine Lesung auch die letzte Frage nach dem Entstehen der „Wilsberg“-Krimis im Fernsehen beantwortet hatte und die wahrscheinlich für ihn erlösende Frage stellen konnte: „Weiß jemand, wie es steht?“

Natürlich hatte man an einem Tisch das Smartphone im Blick, das „nichts verpasst“ klang da bereits schon etwas resignierend. Also zurück zu den wirklich interessanten Fragen. Zum Beispiel: Warum werden Hosen für den Roman-Wilsberg immer eine besondere Bedeutung haben?

Roman-Wilsberg – Fernseh-Wilsberg. Jürgen Kehrer, der den Münsteraner Privatdetektiv schuf, trennt beide deutlich von einander – zu sehr haben sich die Geschichten in den beiden Medien auseinander entwickelt.

Und während nach 80 Fernseh-Krimis von verschiedenen Drehbuchautoren – Kehrer ist nur zum Teil involviert – kein Ende in Sicht ist, endete die Roman-Reihe nun mit „Wilsberg - Sein erster und sein letzter Fall“. Kehrer verbindet darin zwei Erzählebenen, mit denen sich der Kreis um Kehrers Detektivlaufbahn schließt: Der Mandant in einem Mordprozess im Oktober 1989 wird im April 2022 von einem Team von Geiselnehmern aus der Haft, die er für einen Schuss auf einen Polizisten in den 2010er Jahren verbüßt, freigepresst, eine der Geiseln ist Wilsberg selbst. Ein Zufallsopfer. Die Täter schlagen in einem Münsteraner Kaufhaus zu just in dem Moment, in dem Wilsberg sich dort eine neue Hose kaufen möchte.

Kehrer verquickt die Zeitebenen, erstmals lernt man Wilsberg zu seiner Zeit als junger, selbstständiger Anwalt kennen. Warum er die Zulassung verlor und wie die Geiselnahme endet, verriet Kehrer im Dachstudio natürlich nicht.

Wilsbergs letzte Worte am Donnerstag waren angesichts der Befreiung anderer Geiseln: „Wir schaffen das auch“. Und es gab auch keinen Büchertisch bei dieser Veranstaltung der Stadtbibliothek Dinslaken, der eine schnelle Auflösung beim heimischen Lesen noch in der Nacht möglich gemacht hätte.

„Sind hier keine Fußballfans?“

Aber war das Publikum daran auch wirklich interessiert? „Sie haben echt viele Fragen – sind hier keine Fußballfans?“ seufzte Kehrer, freundlich und geduldig. Aber die Fragen, die das Publikum immer und immer wieder stellte, drehten sich zum allergrößten Teil um den Fernseh-Wilsberg. Um die Unterschiede, nicht einen Roman aus der einzigen Perspektive eines Ich-Erzählers zu schreiben, sondern mehrere Handlungsstränge zusammenzuführen, aber auch – daraus macht Kehrer keinen Hehl – über die Vor- und Nachteile der Teamarbeit beim Fernsehen, wenn Produzenten, Redakteure und Regisseure ein Drehbuch so oft verändern, das vom eigentlichen Skript kaum etwas bleibt.

Und trotzdem. Mit dem Roman-Wilsberg ist nach 21 Fällen Schluss. Der Fernseh-Wilsberg wird weiterermitteln.