Voerde. RWE hat eine Firma mit dem Rückbau von Schornsteinen, Kühlturm & Co. beauftragt. Beim Thema Nachnutzung gibt es noch einige offene Fragen.

Noch prägt das vor mittlerweile sechs Jahren stillgelegte Kohlekraftwerk mit den Schornsteinen, dem Kühlturm und dem Kesselhaus das Bild nicht nur im Stadtteil Möllen, sondern auch darüber hinaus als weithin sichtbare Landmarke. Mitte dieses Jahres soll damit begonnen werden, die Fläche für die geplante Folgenutzung freizumachen – so wurde es vom Grundstückseigentümer RWE vor einigen Monaten während einer Infoveranstaltung in Voerde kommuniziert. Der Plan steht, wie aus der Antwort des Energiekonzerns auf eine aktuelle Anfrage der NRZ hervorgeht. Inzwischen hat das Essener Unternehmen damit eine externe Firma – die Porr Becker Abbruchtechnik GmbH – beauftragt. „Sofern alle Genehmigungen vorliegen, beginnt Ende Juni die Baustelleneinrichtung, sodass die Rückbauarbeiten am 1. Juli anlaufen können“, kündigt RWE-Sprecher Olaf Winter an.

Kraftwerk Voerde: RWE macht keine Angaben zu Kosten für Rückbau

Obschon bis zu den aktuell vorgesehenen Terminen nur noch wenige Wochen ins Land gehen, kann der Energiekonzern zu dem Ablauf und der Art der Abbruchmaßnahmen – ein Stichwort: die Sprengung von Bauten – laut eigener Aussage noch keine konkreten Angaben machen: „Wie genau der Rückbau erfolgt, wird sich erst im Rahmen der weiteren technischen Planungen entscheiden“, sagt Winter. Zu der Frage nach den Kosten für die Maßnahmen erklärt der RWE-Sprecher, diese würden „aus Wettbewerbsgründen“ nicht kommuniziert.

Eine ungefähre Ahnung von der möglichen finanziellen Dimension könnten Aussagen geben, die vonseiten der einstigen Betreiberin und Miteigentümerin der Fläche anlässlich der Stilllegung des Stromproduktionsstandortes in Möllen im Frühjahr 2017 getätigt wurden: Für den Rückbau der beiden Kraftwerke in Voerde und Lünen hatte die Steag von insgesamt 30 Millionen Euro gesprochen. Allerdings ist die Kostenangabe inzwischen sechs Jahre alt. Schornstein, Kühlturm und Kesselhaus des einstigen Steag-Kraftwerkes in Lünen wurden übrigens Ende März 2021 per Sprengung zu Fall gebracht – etwa zweieinviertel Jahre nach der endgültigen Stilllegung.

Der Rückbau der Gebäude auf dem Areal des ausgedienten Kohlekraftwerks in Voerde soll bis Mitte des Jahrzehnts abgeschlossen werden. Nur das Ein- und Auslaufbauwerk am Rhein bleibe stehen, weil es für die Wasserversorgung weiter benötigt werde, sagt Winter.

Altes Kohlekraftwerksgelände in Voerde: Pläne für eine grüne Zukunft

RWE – seit Herbst 2021 alleinige Eigentümerin des Grundstücks – hegt für das Areal an der Frankfurter Straße bekanntlich Pläne für eine grüne Zukunft. Demnach sollen auf dem Teil der Fläche, wo heute noch der Kühlturm steht, mehrere Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff errichtet werden. Vorgesehen ist ein mehrstufiger Ausbau mit zunächst 400 Megawatt elektrischer Leistung (MW el) und einer Inbetriebnahme voraussichtlich im Dezember 2026. In der Endstufe – diese könnte etwa zwei Jahre später erreicht werden – läge die Kapazität der Anlage bei 800 MW (el). Nach Angaben von RWE soll die Stromversorgung „aus erneuerbaren Energien“ erfolgen – und der Abtransport des Wasserstoffs mittels Pipeline und Trailer-Abfüllstation. Letztere soll für kleine Mengen Wasserstoff – zum Beispiel zur lokalen Nutzung oder Belieferung von Wasserstofftankstellen – errichtet werden.

Westlich der Frankfurter Straße, sprich, auf der dem Rhein zugewandten Seite der Fläche will RWE ein „wasserstofffähiges“ Gaskraftwerk und eine Umspannanlage errichten. Geplant sind eine Kapazität von 900 MW (el) und die Inbetriebnahme in 2030 – wobei danach optional eine Verdopplung der Leistung geprüft werden soll. Nach den in der Infoveranstaltung im November 2022 von dem Essener Energiekonzern vorgelegten Plänen ist ein Betrieb mit Erdgas und Wasserstoff vorgesehen. Eine Beimischung von Wasserstoff würde ab 2030 erfolgen. Dessen Anteil am tatsächlich eingesetzten Brennstoff werde davon abhängen, „ab wann Wasserstoff in welchem Umfang verfügbar ist“, erklärt Olaf Winter.

RWE hat noch keine Investitionsentscheidung für Areal in Voerde getroffen

Noch hat RWE zu den Überlegungen für die Nachnutzung der alten Kohlekraftwerksfläche keine Investitionsentscheidung getroffen. Vorher müsse eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, erläutert Winter. So müsse sichergestellt sein, dass eine Verbindung zu einem zukünftigen Wasserstoffleitungsnetz hergestellt werden kann. Auch brauche es zunächst Klarheit über den „Vergütungsrahmen der flexiblen Backup-Kapazitäten. Die Bundesregierung hat angekündigt, hier bald Entscheidungen zu treffen“. Außerdem müssten noch offene politische Fragen geklärt und es müsse „die Wirtschaftlichkeit entsprechender Projekte gewährleistet sein“, sagt der RWE-Sprecher.

>>Info: Hintergrund

Die planerischen Weichen für das Vorhaben von RWE auf dem alten Kraftwerksgelände in Möllen stellt die Stadt. Vor einigen Monaten hat der Rat die Aufstellung zur 81. Änderung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung des Bebauungsplans „Energiepark Voerde“ beschlossen. Mit einem Satzungsbeschluss wird im Voerder Rathaus frühestens in der ersten Jahreshälfte 2024 gerechnet.

Der RWE-Konzern und die Kommune haben einen Städtebaulichen Vertrag unterzeichnet. Dieser regele das Zusammenspiel zwischen dem Vorhabenträger und der für die Planung zuständigen Stadt Voerde, erklärt RWE-Sprecher Olaf Winter.