Hünxe. Mit einer Drohne ist die Jagdgenossenschaft in Gartrop-Bühl unterwegs, um Leben zu retten. So laufen die Einsätze zur Rettung von Rehkitzen.

Ein Geländewagen steht in der prallen Mittagssonne neben einer Wiese im Hünxer Ortsteil Gartrop. Auf der Beifahrerseite sitzt Nicole Gangelhoff im Schatten, den das Wagendach ihr bietet und schaut konzentriert auf einen kleinen Bildschirm in ihrer Hand. Die Konzentration ist auch nötig, denn sie steuert eine Drohne über die Wiese nebenan.

Das Flugobjekt – gegen die Mittagssonne am Himmel kaum zu sehen – fliegt in einem fest vorgegebenen Kurs über die Wiese. Eine Wärmebildkamera an der Drohne nimmt dabei Temperaturunterschiede am Boden wahr, so genannte Wärmeflecken. Und hinter denen könnten sich junge Rehe verbergen, die hier im Gras liegen. „Die sind so gut getarnt, sie könnten einen Meter danebenstehen und würden das Rehkitz nicht sehen“, erklärt Thorsten Fengels, der Vorsitzende der Jagdgenossenschaft in Gartrop-Bühl.

Rehkitze mit Wärmebildkamera aus der Luft aufspüren

Hinter dem Wagen schaut Dirk Gangelhoff auf einen Monitor, der auf einem Stativ steht. Er kann hier parallel das Bild der Wärmebildkamera sehen, das die Drohne aus der Luft liefert. Dazu das Bild einer zweiten Kamera am Fluggerät. Mit dieser kann Nicole Gangelhoff auf die verdächtigen Stellen zoomen. „Ist da was?“, fragt sie aus dem Innern des Fahrzeuges heraus. „Ich glaube nicht“, sagt Dirk Gangelhoff.

Nicole und Dirk Gangelhoff stehen am Boden neben dem Bildschirm, auf der sich die Bilder der Drohne anschauen lassen, die hier über den beiden fliegt.
Nicole und Dirk Gangelhoff stehen am Boden neben dem Bildschirm, auf der sich die Bilder der Drohne anschauen lassen, die hier über den beiden fliegt. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Knapp 10.000 Euro hat sich die Jagdgenossenschaft die Anschaffung des besonderen Fluggeräts kosten lassen. „Zu den Kosten gehören die Drohne, aber auch die Akkus und die Drohnenführerscheine, die man fürs Fliegen braucht“, sagt Thorsten Fengels. Die Akkus sind dabei das Entscheidende – denn eine volle Ladung reicht gerade einmal für 30 Minuten Flugbetrieb.

Das Besondere an dem Fluggerät: Man kann damit bis zu einer Temperatur von 20 Grad arbeiten – und damit auch in den Mittagsstunden fliegen. „Das ist eine Drohne der neuesten Generation. Mit den älteren Modellen wäre schon bei niedrigeren Temperaturen Schluss“, erklärt Thorsten Fengels. Daher ist mit älteren Drohnen oft nur ein Einsatz in den frühen Morgenstunden möglich.

Am Ende ist Körpereinsatz zur Kitzrettung gefragt

Bei all der modernsten Technik ist am Ende aber noch Körpereinsatz gefragt, um die Rehkitze zu retten. Zum einen ist zusätzlich zur Drohne am Himmel in der Wiese auch immer ein Läufer unterwegs, der sich die Wärmepunkte, die vom Fluggerät aufgespürt werden, aus der Nähe anschauen kann.

Wird dann ein junges Tier gefunden, ist Feinarbeit gefragt. „Wir tragen beim Aufnehmen Handschuhe, damit das Kitz keinen Geruch von uns annimmt“, sagt Thorsten Fengels. Meistens wird das Kitz dann wenige Meter weiter wieder ausgesetzt und von seiner Mutter wiedergefunden. Auf diese Weise hat das Team schon am Morgen alleine drei Rehkitze retten können. Auf der Wiese läuft den Rehkitz-Rettern an diesem Mittag allerdings nur ein ausgewachsenes Reh vor die Linse der Wärmebildkamera – und das flüchtet von ganz alleine von der Wiese.

Andere Art zu Mähen zum Schutz der Wildtiere

Dann kommt auch schon Landwirt Simon Steinkamp mit seinem Traktor angefahren, um die frisch überprüfte Wiese zu mähen. Vorne an seinem Gefährt hat er einen Wildwarner angebracht, der einen schrillen Ton aussendet. „Wild und Tiere, die flüchten können, verlassen dann von selbst den Bereich“, sagt Thorsten Fengels.

Ein wenig kreuz und quer mäht Landwirt Simon Steinkamp über die Wiese in Gartrop. Etwaige Wildtiere, die sich noch auf der Fläche befinden, sollen so nach außen getrieben werden.
Ein wenig kreuz und quer mäht Landwirt Simon Steinkamp über die Wiese in Gartrop. Etwaige Wildtiere, die sich noch auf der Fläche befinden, sollen so nach außen getrieben werden. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Simon Steinkamp fängt dann auch nicht einfach an einer der Seiten der Wiese mit dem Mähen an. Er fährt erstmal mitten durch die Fläche. „So werden Wild und andere Tiere nach außen getrieben“, erklärt Thorsten Fengels. Und das ist wichtig, weil die Tiere, würde man von außen nach innen mähen, gezwungen wären, über eine relativ weite, freie Fläche zu laufen. „Das machen sie nicht. Da lauert der Tod“, erklärt der Jäger und Landwirt. Damit Landwirte so arbeiten, wäre aber manchmal auch etwas Überzeugungsarbeit notwendig. Denn es dauert länger, die Fläche von innen nach außen zu mähen, als umgekehrt. „Man sieht also, hier wird ganz schön viel Aufwand für den Schutz der Tiere betrieben“, kommentiert Fengels die Arbeit mit Drohne und anderer Mähtechnik.

>>>Einsatzkosten

Für den Einsatz mit der Drohne berechnen die Rehkitzretter in Gartrop pauschal 50 Euro, um damit die laufenden Kosten zu Decken.

Finanziert wurde die Anschaffung des Geräts mit Hilfe einer Naturschutzförderung der Ton-Stiftung-Nottenkämper und der Firma Hermann Nottenkämper, sowie weiteren Spenden.