Dinslaken. Der „Stammtisch“ im Dinslakener Hagenbezirk stand lange leer. Nun wird das Gebäude abgerissen. An der Stelle sollen Wohnungen gebaut werden.

Das Ende war schon vor acht Jahren gekommen – der „Stammtisch“, die Gaststätte im Hagenbezirk, wurde Opfer des allgemeinen Kneipensterbens und machte 2015 dicht. Es gab einen gescheiterten Wiederbelebungsversuch, so dass nun kam, was kommen musste: Das seit Jahren leerstehende Gebäude wird abgerissen. An der Stelle möchte die SWF Projektbau Wohnraum schaffen.

Seit drei Tagen knabbert der Bagger Stück um Stück des Gebäudes ab. Dass er es geschafft hat, die Wetterfahne unbeschadet vom Dach zu holen, zeugt von Kunstfertigkeit und Sensibilität des Baggerführers: Ellen Perlbach, eine der Töchter des früheren Kneipenwirts Hermann Isselhorst, hatte darum gebeten: „als Andenken“, sagt sie. Sie ist in dem Haus aufgewachsen, hat die Anfänge der Kneipe als Kind miterlebt.

Und es ging doch lange gut

Am Freitag, 13. August 1971, hat Hermann Isselhorst das Lokal an der Amalienstraße eröffnet. „Damals wurden Stimmen laut, dass das bei dem Datum ja nicht lange gutgehen könne“, erinnerte sich Hermann Isselhorst 2007 in einem Interview zu seinem 70. in der NRZ. Über solche Unkenrufe konnte der Wirt damals herzlich lachen. Isselhorst, der vor knapp sechs Jahren verstorben ist, war ein echtes Urgestein, der „Stammtisch“ gut besucht – zumal die Kneipe 1976 um eine Kegelbahn erweitert wurde. „Damals standen die Gäste in Viererreihen an der Theke“, erinnert sich Ellen Perlbach – und der Chef hat sie nach Möglichkeit alle persönlich per Handschlag begrüßt.

Dinslakens erster Smoker Club

Während andere Wirte noch über das Rauchverbot in Kneipen klagten, hatte Hermann Isselhorst längst gehandelt: In seiner Kneipe gründete sich 2007 der „1. Smoker Club Dinslaken“ zur „Förderung der Zigarettenkultur, des offenen Dialogs und der gehobenen, genuss-orientierten Lebensart“. Vorsitzender war Hans Gutjahr.

Ein Bild aus guten Zeiten: Brigitte und Hermann Isselhorst.
Ein Bild aus guten Zeiten: Brigitte und Hermann Isselhorst. © FFS | Heinz Kunkel

Nicht nur Kegelclubs wie die „Schluckspechte“ waren Stammgäste der Gaststätte, auch für den einen oder anderen Verein war der Stammtisch zumindest eine Zeitlang Heimat. So etwa für die Sportler des SuS 09 oder die für die KG Rot-Gold. Die Altstadtjecken mussten sich 2011 nach dem Aus der Stadtschänke ein neues Vereinslokal suchen und wurden im Hagenbezirk fündig: Bis 2015 ging es hoch her im Stammtisch, wenn die Rot-Goldenen dort ihre Sitzungen feierten.

Und wenn Isselhorst alljährlich auf der Gänsewiese nebenan das Osterfeuer anzündete – dann kam quasi der ganze Stadtteil auf ein Bierchen vorbei – zum letzten Mal 2011, denn ab 2012 wurde auf der Gänsewiese gebaut. Kurz darauf gaben auch Hermann und Brigitte Isselhorst den Zapfhahn an die nächste Generation weiter: Tochter Astrid und Hans Gutjahr führten den „Stammtisch“ ab 2013 – allerdings nur für ein Jahr, denn Ende 2014 übernahm Gutjahr das Gasthaus Möllen. Das bedeutete das Aus für die Traditionskneipe im Hagenbezirk.

2017 wollte ein Wirt aus Osnabrück in den Räumen noch ein Billardcafé mit Shishabar eröffnen. Dagegen hatte nicht nur das Otto-Hahn-Gymnasium gegenüber etwas – sondern auch die Stadt Dinslaken. Denn damit wäre aus der Gaststätte eine Vergnügungsstätte geworden – und dafür gab es keine Genehmigung.

Das ist an der Stelle geplant

Die Dinslakener Firma SWF Projektbau, die auch die Reihenhäuser auf der Gänsewiese erstellt hat, hat das Grundstück gekauft und möchte an der Stelle ein Mehrfamilienhaus mit acht Eigentumswohnungen zwischen 55 und 150 Quadratmetern bauen. Die entsprechenden Anträge sollen noch in diesem Jahr gestellt werden. Interessenten können sich schon jetzt bei SWF vormerken lassen: swf-projektbau.de.