Dinslaken. Der Dinslakener Kulturentwicklungsplan sieht Schaffung eines Kulturbeirats als eingetragener Verein und einer halben Verwaltungsstelle vor.

Ein gutes Dreivierteljahr haben die Dinslakener Kulturschaffenden mit Vertretern von Politik und Verwaltungs daran gearbeitet. Dann warteten sie knapp drei Monate auf die mehrfach verschobene Veröffentlichung, auf das Resultat ihrer Arbeit und den daraus folgernden Konzepten. Heilig Abend dann legte die Stadt den Kulturentwicklungsplan der Agentur Richter Beratung den Beteiligten auf den Gabentisch, sprich, versandte im Newsletter den Hinweis, dass der Kultur-, Partnerschafts- und Europaausschuss zu dem Thema zur ungewöhnlichen Zeit und am ungewöhnlichen Ort am Samstag, 7. Januar, 10 Uhr, im Dachstudio tagt.

Das Werk umfasst 40 Seiten

Diese Sitzung ist zugleich die offizielle Vorstellung des Kulturentwicklungsplans, der als Bekanntmachung in der Tagesordnung veröffentlicht wurde. 40 Seiten umfasst das Werk, das zunächst die Vorgehensweise zur Erstellung des Plans beschreibt und dann einen Überblick über die kulturelle Infrastruktur, den städtischen Kulturetat, gibt. „Mit circa 3,029 Mio. Euro (Zuschussbedarf) auf einem akzeptablen Niveau“, so heißt es, investiere die Stadt pro Einwohner 43 Euro im Jahr – 16 Euro mehr als die Kommunen im Bundesdurchschnitt. Gewürdigt werden alle, die in Dinslaken etwas mit Kultur zu tun haben.

Vom städtischen Fachdienst bis zur Musikschule, von der VHS bis zur Burghofbühne, von Museum, Stadtarchiv und Bibliothek. Dann folgen die, die das Musikleben in Dinslaken ganz oder zumindest teilweise ehrenamtlich tragen: die Chöre und Ensembles, die Jazz Initiative, die Kirchen, die Kutscherstube und das Walzwerk als Veranstalter, die Dinslakener Bands. Wobei hier ein erstes Manko verzeichnet wird: „Es gibt kein Konzept und Förderprogramm für junge Musikgruppen. Es gibt keine Wahrnehmung der Bandkultur als Teil der Musikkultur.“

Lob für Erinnerungskultur

Handlungsbedarf wird an dieser frühen Stelle des Entwicklungsplans auch im Bereich der kulturellen Bildung impliziert. „Kinder aus armen Verhältnissen werden kaum erreicht, die Angebote werden vorwiegend von Kindern aus bildungsnahen Familien genutzt. Aufgrund unzureichender Information werden aber auch kostenlose Angebote nicht angenommen“, heißt es, es hake an der Kommunikation, auch mit den Schulen. Die Schlussfolgerung: „Es wäre notwendig, personelle Kapazitäten für die Funktion Kümmerer zu haben.“

Nur Lob dagegen gibt es für die Erinnerungskultur in Dinslaken, von den stets sichtbaren Zeichen durch die Mahnmale von Alfred Grimm und den Stolpersteinen bis zu der „sehr guten“ Begleitung durch die Presseberichte.

Dialog auf Augenhöhe wird vermisst

Im Kapitel über die Kulturarbeit der Religionsgemeinschaften, zu der Kirchenmusik, christlich-islamischer Gesprächskreis und Oratorien-Konzerte von Bach-Chor und Madrigalchor zählen, geht Richter allerdings auf Kritik nicht näher bezeichneter Quellen ein: „Allgemein wird ein Dialog mit der Verwaltung und DIN-EVENT auf Augenhöhe vermisst. Eine Abstimmung der Planungen für das Stadtjubiläum und 300 Jahre Stadtkirche wäre unbedingt erforderlich. Ohne Absprachen und Informationen werden Grundstücke der Stadtkirche für Events und Gastronomie von Stadt und DIN-EVENT genutzt. Es fehlt manchmal bei Veranstaltungen im Stadtraum in Nachbarschaft der Kirchen die Rücksichtnahme auf kirchliche Veranstaltungen.“

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Mit fortschreitendem Text offenbart der Kulturentwicklungsplan allerdings zunehmend die Defizite: Und sie zielen alle in die Richtung, die sich bereits in den Zwischenergebnissen der Workshops mit den Kulturschaffenden abzeichnete: Es fehlt an Kommunikation, Einbeziehung, Vernetzung, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Und so kann man die „Kulturvision Dinslaken 2030“, die Leitlinien und die kulturpolitischen Ziele als Präambel für das Kernstück des Entwicklungsplans nehmen: den „Handlungsplan zur Kulturentwicklung Dinslaken 2030“.

Eine Forderung: ein fester Ansprechpartner im Rathaus

Denn dieser Handlungsplan wird, was Inhalte und Zahlen angeht, recht konkret. Der Forderung aus den Reihen der Kulturschaffenden nach einem festen Ansprechpartner in der Verwaltung wird mit der Beschreibung einer zu schaffenden halben Stelle entsprochen. Zu den Aufgaben solle unter anderem die Pflege des Veranstaltungskalenders gehören, die Vernetzung der Kulturschaffenden und die Beratung zum Thema Fördermittel.

Im Kulturentwicklungsplan veranschlagt die Agentur Richter Beratung die Kosten für eine neu zu schaffende halbe Stelle im Fachdienst Kultur zur besseren Vernetzung der Dinslakener Kultur mit 40.000 Euro. Zzgl. 30.000 Euro bereitzustellender Honorarmittel, „weil die Arbeitskapazität einer halben Stelle für die Fülle der Aufgaben nicht ausreichen wird.“ Letzteres dürfte für Diskussionen in Politik und Verwaltung sorgen, denn eine Stelle zu schaffen, bei der man von vornherein davon ausgeht, dass die tatsächlichen Anforderungen gar nicht geleistet werden können, klingt wenig plausibel.

Bürgerschaftliche Mitgestaltung des Kulturlebens

Aber das Potenzial der Dinslakener Kulturszene soll ja auch gar nicht von der Verwaltung allein gehoben werden. Der Ball wird zu den Kulturschaffenden zurückgespielt: „Nachhaltige bürgerschaftliche Mitgestaltung des Kulturlebens“, nennt Richter es. Oder im Klartext: Gründet einen Verein zur Beratung und Unterstützung von Verwaltung und Kulturpolitik, für Stellungnahmen zu kulturpolitischen Planungen und Entscheidungen und für Vorschläge für neue Projekte. Richter nennt Beispiele, wie ein solcher Kulturbeirat e. V. in anderen Städten funktioniert.

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Also noch mehr ehrenamtliche Arbeit, um die ehrenamtliche Arbeit zu fokussieren? Nicht ganz. Ein drittes Handlungskonzept sieht die Schaffung von Intendanzen vor: Kreative konzipieren Kulturprojekte, erhalten dafür ein Budget und ein Honorar auf 450-Euro-Basis. Dies wäre in Dinslaken eine neue Idee, die haupt- und nebenberufliche Kulturschaffenden Freiräume für Ideen geben würde, von denen Dinslaken als Kulturstandort insgesamt profitiert.

Stellt sich nun die Frage, welche der vielen Ideen, die der gesamte Plan aufzeigt, umgesetzt werden. Die Rechnung folgt nämlich auch zum Schluss: 255.000 Euro, sollten alle Maßnahmen vollständig umgesetzt werden.