Voerde. Grüne monieren, dass verschiedene Punkte in den Gutachten zum umstrittenen Logistikpark-Plan nicht berücksichtigt wurden. Mahnende Worte im Rat.
Als im Stadtrat in Bezug auf das umstrittene Logistikpark-Vorhaben im Hafen Emmelsum die Entwürfe zur Änderung des Flächennutzungsplanes und zum neuen Bebauungsplan 139 zur Kenntnisnahme anstanden, gab die Fraktionssprecherin der Grünen der Politik vor der Winterpause einige Gedanken zu den Themen Flächenversiegelung und Verkauf städtischer Flächen mit auf den Weg. „Wir befinden uns jetzt im Jahr 2022 und wir alle sollten uns ehrlich fragen, ob es nicht an der Zeit ist, auch immer wieder alte Beschlüsse neu zu überprüfen“, erklärte Gaby Rohr.
Stadtrat votierte im April mehrheitlich für Einleitung des Bauleitplanverfahrens
Zwei Wochen zuvor hatte die Firma Greenfield ihren aktuellen Logistikpark-Plan im Hafen Emmelsum im Stadtentwicklungsausschuss präsentiert, der gegenüber dem zunächst vorgelegten eine abgespeckte Version darstellt. Die überbaubare Fläche wurde von knapp 16,5 auf rund 12,2 Hektar verkleinert, statt sieben Hallensegmenten mit insgesamt 7,5 Hektar Hallenfläche sollen noch fünf mit zusammen etwa fünf Hektar Hallenfläche entstehen. Anfang April hatte der Stadtrat mehrheitlich – bei 27 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie zwölf Enthaltungen – den Weg dafür freigemacht, die planerischen Weichen (Änderung des Flächennutzungsplans und Aufstellung des Bebauungsplans) für die Realisierung des Greenfield-Plans in der ursprünglichen Größe zu stellen. Die Grünen hatten als einzige dagegen votiert. Gegen das Vorhaben formierte sich aufgrund des immensen Flächenverbrauchs und aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes Widerstand aufseiten der Bürgerschaft.
An deren ablehnender Haltung ändert auch die aktuelle Planung nichts. Für den Erhalt „wertvoller Gehölzbestände“ würden die für die beabsichtigte Logistiknutzung in Anspruch genommenen Flächen im südlichen Teil des Plangebietes gegenüber der ursprünglichen Planung deutlich reduziert, fasst die Stadtverwaltung in der Vorlage für die Politik zusammen. Bezogen auf den Klimaschutz konstatiert sie gar positive Auswirkungen. Die ergäben sich dadurch, dass der „rechtlich ausnutzbare Versiegelungsgrad“ erheblich zurückgenommen worden sei.
Auch interessant
Bei der CDU löst diese Bewertung Kopfschütteln aus. Bis auf einige, seit Jahrzehnten überwachsene Baustelleneinrichtungsflächen für das benachbarte Aluminiumwerk sei alles andere auf dem betreffenden Gelände naturbelassen, sagt deren Fraktionschef Ingo Hülser. Die Christdemokraten waren wie die FDP-Fraktion der Infoveranstaltung für die Politik über die von Greenfield „angepasste“ Planung im Vorfeld der Stadtentwicklungsausschusssitzung wegen der Nichtöffentlichkeit ferngeblieben. Die CDU habe die abgespeckte Version zur Kenntnis genommen, wolle sich damit ab Januar befassen, sagt Hülser zur NRZ. Nach Ansicht seiner Fraktion müssten alle Projekte in der Hafenlandschaft auf Voerder und Weseler Gebiet insgesamt betrachtet werden. Daraus ergebe sich, die Frage nach der Notwendigkeit eines Logistikparks in Emmelsum zu stellen, danach, ob tatsächlich ein Bedarf bestehe.
Grünen-Fraktionssprecherin Gaby Rohr appellierte in der Ratssitzung, vielleicht gemeinsam Wege finden zu können, „um uns und den nachfolgenden Generationen ausgewählte Gebiete, die ökologisch von Bedeutung sind – besonders mitten in Gewerbegebieten, aber auch in Wohngebieten – als Natur- und Klimaoasen zu erhalten“. Sie mahnte: „Wir dürfen nicht in dem bisherigen Tempo weiter versiegeln, wie es in den letzten Jahrzehnten geschehen ist. Das haben uns die Ereignisse der letzten Jahre eindeutig gezeigt.“ Es gelte, endlich Verantwortung zu übernehmen, „für unsere Natur und das Klima“ – auch wenn dies ein ganz neues Konzept der Betrachtung erfordert, in dem es dann nicht nur um Wirtschaftlichkeit und Vermarktung gehe, sondern genauso schwerpunktmäßig auch „um den Erhalt von Wald-, Strauch-, und Wiesenflächen, zum Schutz der heimischen Tierwelt und des Klimas“.
Auch interessant
Mit dem Wissen und den Zielen von 2022 dürften alte Beschlüsse aus der Vergangenheit nicht ohne Weiteres Planungsgrundlage für die weitere Stadtentwicklung von Voerde sein, erklärte Rohr, die sodann auch im Namen ihrer Fraktion zu dem überarbeiteten Greenfield-Plan Stellung bezog. Man habe zur Kenntnis genommen, dass der Investor Gutachten in Auftrag gegeben und dann seine Gebäude neu überplant habe, „so dass sie sich jetzt genau auf den Flächen befinden, auf denen die Gutachter keine besonders schützenswerten Lebewesen beobachtet haben“. Zudem führte sie an, dass die Gutachter in der ökologischen Wertepunktebilanz aktuell für das unbebaute Grundstück null Punkte zugrunde legten. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass die „Fläche zurzeit begrünt und nicht versiegelt ist“.
Auch monierte Rohr, dass die Feinstaubbelastung, die Erwärmung von Gebäuden und versiegelten Parkplätzen sowie die Abgabe dieser Wärme an die Umgebung mit Auswirkung auf das Mikroklima im Plangebiet und die möglichen Folgen für die Natur im nahen Umfeld nicht berücksichtigt worden seien. Ein weiterer Punkt, den auch die Kreisjägerschaft anbringt, ist, dass die Fläche Wildtieren bei steigendem Rheinwasser als Rückzugsort dient. Auch dies komme in den Gutachten nicht vor.
>>Info: Das weitere Verfahren
Als nächster Schritt im laufenden Bauleitplanverfahren zum „Logistikpark Hafen Emmelsum“ ist die Beteiligung der Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange vorgesehen. Der Offenlagebeschluss soll im März erfolgen und im April und Mai 2023 die Durchführung der Offenlage.
Von einem Satzungsbeschluss vor September nächsten Jahres ist laut Stadtverwaltung „nicht auszugehen“.