Dinslaken. Die Wohnpotenzialfläche an der Flurstraße liegt laut RVR-Klimakarte in einer Frischluftschneise. Montag soll dennoch der Baubeschluss fallen.

Sollte der Acker an der Flurstraße in Eppinghoven tatsächlich, wie von der Stadtverwaltung geplant, bebaut werden, läge diese Bebauung genau in einer der Frischluftschneisen in Richtung Innenstadt – also einer der Leitbahnen, die Kaltluftentstehungsgebiete oder Frischluftflächen verbinden und somit laut Regionalverband Ruhr (RVR) „ein wichtiger Bestandteil des städtischen Luftaustauschs“ sind. Das belegen Klimakarten des RVR für das Dinslakener Stadtgebiet.

Das zeigen die Klimakarten

„Welche Bedeutung haben unbebaute Freiräume unter bioklimatischen Aspekten? Wie wirkt sich die Bebauung auf unser Klima aus? Welche Maßnahmen verbessern das Klima unserer Städte?“ Antworten auf diese Fragen soll der Klimaserver des RVR bieten. Basierend auf Klimamessungen und Auswertungen und mithilfe eines Simulationsmodells stellen die Karten flächendeckend für die Metropole Ruhr detailliert bis zu einzelnen Straßenzügen klimatische Parameter dar: So ist abzulesen, wo sich Wärmeinseln befinden, wo nachts Kaltluft entsteht oder wo Belüftungsbahnen verlaufen, so der Regionalverband.

Die Karte für Dinslaken bildet etwa den Bereich der Innenstadt zwischen Friedrich-Ebert-, Hans-Böckler- und Gartenstraße rot ab. Bedeutet: Hier herrscht Innenstadtklima – mit „extrem hoher“ Versiegelung, sehr geringem Grünanteil sowie tagsüber einem erhöhten „Belastungspotenzial durch Hitzestress und Schwüle aufgrund eingeschränkter Austauschverhältnisse und geringer Verdunstungskühlung“. Der erweiterte Innenstadtbereich ist orange (Stadtklima mit „erhöhtem“ Versiegelungsgrad, reduziertem Grünflächenanteil und einer möglichen Wärmestaubelastung in der Mittagszeit), die meisten Wohngebiete sind gelb (Stadtrandklima) oder oder wie in Teilen von Lohberg oder Oberlohberg sogar hellgelb (Vorstadtklima).

Wohnflächen im Freiland

Grün (Park- oder Waldklima) oder sogar hellblau (Freilandklima) sind Teile von Oberlohberg, Grafschaft, Trabrennbahn, Parks, Friedhöfe und Teile von Eppinghoven. Fast alle Wohnpotenzialflächen des städtischen Konzepts Wohnen 2030 – also Flächen, auf denen bis 2030 Wohnbebauung entstehen soll – liegen auf grünen oder hellblauen Flächen. Auch die 44 Hektar messende Fläche in Eppinghoven zwischen Flurstraße und Bezirkssportanlage, deren Bebauung ebenfalls vorgesehen ist. Hinzu kommt, dass der RVR in dem Bereich eine von sechs Frischluftschneisen (blaue Pfeile) ausmacht, die im Sommer kühle Luft in die Stadt transportieren. Solche Frischluftschneisen sollen nach dem Vorbild der Stadt Münster im noch zu erstellenden Masterplan Grün für Dinslaken festgeschrieben und erhalten werden.

Nur zwei Schneisen wirkungsvoll

Vier dieser sechs in den RVR-Klimakarten gekennzeichneten Dinslakener Frischluftschneisen hält der BUND im Kreis Wesel allerdings schon jetzt oder mittelfristig für eher wirkungslos: Zwei befinden sich auf der Bahnstrecke Emmerich–Oberhausen und „bestehen hauptsächlich aus Schotter und Beton, die sich im Sommer stark aufheizen“, so der BUND, der die Kühlfunktion an der Stelle für „zweifelhaft“ hält. Die dritte Schneise liegt am südlichen Stadtrand der Stadt und verläuft parallel zur Stadtgrenze. „Auch hier ist fraglich, wie groß der Beitrag zur Kühlung der Stadt ist“, so der BUND.

Die vierte Frischluftschneise verläuft entlang der Straße Am Fischerbusch. Hier werden, so der BUND, „gerade zwei Sportplätze auf Kunstrasen-Belag umgestellt“, der sich im Sommer auf bis zu 75 Grad aufheize. „Die beiden Plätze liegen mitten in der Frischluftschneise und werden die Kühlleistung im besten Falle nur reduzieren, wenn nicht sogar aufheben“, so die Naturschützer.

Demnach wird nur über die Frischluftschneise in Hiesfeld (über Rotbachsee und Freibadgelände) frische Luft in die Innenstadt katapultiert sowie über die Eppinghovener Felder zwischen Flurstraße und Bezirkssportanlage. In Hiesfeld sei „fraglich, inwieweit das neue Bebauungskonzept der Stadtwerke diese Schneise behindert“. Und die geplante Wohnbebauung in Eppinghoven werde „ebenfalls zu einer starken Behinderung der Zufuhr und Bildung von Frisch- und Kaltluft führen“.

Das fordert der BUND

Die BUND Kreisgruppe Wesel findet: „Wer jetzt Frischluftschneisen verbaut, muss bereits in einem der nächsten Sommer erklären, wie er bei 38 Grad für halbwegs erträgliche Temperaturen in unseren Wohngebieten sorgen möchte. Stadtverwaltung und Politik haben die Verpflichtung, Gesundheit und Leben der Bürger*innen zu schützen.“ Der BUND fordert Stadtverwaltung und Politik auf, „die Belange des Schutzes vor den Klimafolgen zu beachten und erst einen Hitzeschutzplan und den Masterplan Grün zu entwickeln, bevor durch weitere Bebauungen irreversible Fakten geschaffen werden“.

So geht es weiter

Die Klimakarten für Dinslaken und andere Kommunen der Metropole Ruhr sind auf dem Klimaserver des RVR zu finden: https://klima.geoportal.ruhr

Der Planungsausschuss soll am Montag, 12. Dezember, 17 Uhr (KTH), den Bebauungsplan für die Flurstraße im Eilverfahren aufstellen – rechtzeitig, bevor der Paragraf 13 des Baugesetzbuches zum Jahresende ausläuft. Damit ist es möglich, auf den Umweltbericht sowie den Ausgleich nach Wertpunkten zu verzichten.