Dinslaken. Wie die Stadt Dinslaken die Umweltprüfung vermeiden kann -und wie sich die neu gegründete Bürgerinitiative „Grüne Lunge Eppinghoven“ wehrt.

Die Gegner einer Wohnbebauung an der Flurstraße und auf weiteren Flächen in Eppinghoven haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie als „Bürgerinitiative Grüne Lunge Eppinghoven“ gegen die geplante Bebauung vorgehen und werden dabei sowohl vom Nabu als auch vom BUND unterstützt. Die Zeit für die BI ist eng: Die Stadt will den Bebauungsplan für die Fläche auf der Flurstraße im Eilverfahren aufstellen. Bis Jahresende soll alles in trockenen Tüchern sein.

Im nicht-öffentlichen Teil des Planungsausschusses hat die Politik Anfang November dem Grundstückskauf- und Grundstücksentwicklungsvertrag zugestimmt, der notarielle Vertrag über den Grundstückskauf wurde bereits geschlossen. In einer Versammlung, zu der nur die Anwohner eingeladen waren, hat die Stadtverwaltung anschließend über das Vorhaben informiert: Auf 1,4 Hektar an der Flurstraße sollen – angepasst an die vorhandene Bebauung – 32 Wohneinheiten geschaffen werden, hieß es dort. Genaue Planungen gebe es noch nicht, man stehe ganz am Anfang des Verfahrens, wolle die Anwohner früh ins Boot holen.

Die fühlen sich aber dennoch überrumpelt und über den Tisch gezogen. Denn laut dem Handlungskonzept Wohnen 2030, das die Stadt Dinslaken vor drei Jahren in Auftrag gegeben hat, gehört die Fläche an der Flurstraße zu einer insgesamt 44 Hektar großen Wohn-Potenzialfläche, die sich von der Emscher bis zur Bezirkssportanlage Gneisenaustraße zieht.

Die Fläche an der Flurstraße, so heißt es in der Vorlage für den Planungsausschuss am 12. Dezember, könne schon jetzt entwickelt werden, weil sie im noch gültigen Regionalplan als „Allgemeiner Siedlungsbereich“ gilt. Die anderen Flächen sind als Freiraum dargestellt, über die Entwicklung soll später im Rahmen einer Gesamtkonzeption für Eppinghoven entschieden werden.

Zweifel an Wohnkonzept

Die Bürgerinitiative zieht die Aussagen des Handlungskonzepts Wohnen 2019 grundsätzlich in Zweifel und fordert eine Aktualisierung. Nach dem Konzept besteht in Dinslaken bis 2030 ein Wohnflächenbedarf von rund 100 Hektar bzw 1800 Wohnungen. Der Regionalverband Ruhr (RVR), der mit der Erstellung des aktuellen Regionalplans befasst ist, beziffert den Bedarf in Dinslaken aber in einer Veröffentlichung von Oktober 2022 („Ermittlung der Wohnraumflächenbedarfe“) mit rund 25 Hektar bzw 898 Wohnungen. Dieser Bedarf so sagt die Bürgerinitiative, sei schon fast durch die geplante Wohnbebauung auf dem Areal der Trabrennbahn gedeckt. Außerdem gibt es laut RVR in Dinslaken 900 leerstehende Wohnungen. Die sollten aktiviert werden, bevor weitere Flächen versiegelt würden, findet die BI. Sie fordert zudem, die Fertigstellung des Masterplans Grün abzuwarten, der Grün- und Frischluftschneisen in Dinslaken festschreiben soll.

Kritik an Eilverfahren

Zudem hat die Bürgerinitiative den Eindruck, dass die Stadt die Größe der zu bebauenden Fläche heruntergerechnet hat, um das Verfahren bis Ende des Jahres auf den Weg bringen zu können. Denn nur noch so lange gilt der Paragraf 13 des Baugesetzbuches. Dieser wurde 2017 eigentlich eingeführt, um schnell Wohnraum für Geflüchtete schaffen zu können. Auf Flächen bis zu einem Hektar im Ortsrandbereich darf danach die Umweltprüfung entfallen. In der Vorlage für die Politik ist nicht mehr von 1,4 Hektar, sondern von einem Hektar Bebauung die Rede. „Wir unterstellen, dass durch die aktuelle Bebauungsplanung von zunächst kleinen Flächen von einem Hektar eine Umweltprüfung umgangen wird“, so die BI. Auch Peter Malzbender, Vorsitzender des Nabu, und Günther Rinke, Vorsitzender des BUND, sprechen von „Salamitaktik“. Möglicherweise, so Malzbender, würden auf der Fläche an der Flurstraße „planungsrelevante Arten“ vorkommen.

„Wir fordern den Erhalt der Grün- und Ackerflächen an der Flurstraße, wegen der Funktionen der Belüftungsschneise der Innenstadt, als Lebensraum von Tieren und Pflanzen, Verhinderung weiterer Grünflächenversiegelung, landwirtschaftlicher Nutzflächen zur Nahversorgung und Vermeidung einer Verkehrsverdichtung. Das ländliche Gebiet hat Naherholungswert für Radfahrer und Spaziergänger“, so die BI.

Der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung diskutiert das Thema am Montag, 12. Dezember, 17 Uhr (KTH) erstmals öffentlich.

Hier geht’s zur Petition

Susanne Nasfi von der Bürgerinitiative hat eine Petition unter dem Titel „Erhalt der Grün- und Ackerflächen an der Flurstraße Dinslaken-Eppinghoven – Bebauung verhindern“ gestartet. Diese hat nach fünf Tagen bereits 559 Unterstützer.

Sie ist zu finden auf www.openpetition.de/petition/online/erhalt-der-gruen-und-ackerflaechen-an-der-flurstrasse-dinslaken-eppinghoven-bebauung-verhindern.

Wir haben die Stadtverwaltung Dinslaken um eine Stellungnahme gebeten. Ein Bericht dazu folgt.