Dinslaken. Um Energie zu sparen, sollen Dinslakener Schaufenster nachts dunkel bleiben. Was die Einzelhändler davon halten und was für Sorgen sie umtreiben.
Die Sorge vor Gasknappheit und steigenden Kosten: Schon länger ist von einer „Energiekrise“ die Rede. Jetzt legte die Regierung als Reaktion einen Maßnahmenkatalog vor, mit dem in den Städten Strom gespart werden soll. In der Dinslakener Innenstadt wird ab Donnerstagnacht das Licht ausgehen – oder auch nicht?
„Für mich ist das reiner Aktionismus“, zeigt sich Monika Tusk aufgewühlt. Sie betreibt den Strumpfmoden-Laden „Monika T“ auf der Neustraße. Für die Ladeninhaberin ist klar: „Wer jetzt Strom spart, der hat das vorher auch schon getan. Das ist eine Mentalität und das was jetzt passiert, ist wieder nur symbolisch“, erklärt sie. Tusk berichtet, dass sie und ihre Mitarbeitenden schon immer versuchten, Energie zu sparen, das täten sie nicht erst seit der Energiekrise und der drohenden Gasknappheit. So sei das Ladenlokal mit energiesparenden LED-Lampen ausgeleuchtet, die Tür sei zu, sobald die Klimaanlage läuft und das Licht gehe ebenfalls mit Ladenschluss aus. Die neuen Energiesparmaßnahmen bezeichnet die Inhaberin als „gefährliche Kiste“. Sie befürchtet, dass Einbrüche in der dunklen Innenstadt wahrscheinlicher würden. „Da wurde das Pferd mal wieder von hinten aufgezäumt und überhaupt nicht nachgedacht, was das für Konsequenzen haben könnte.“
Angst vor mehr Einbrüchen
Ähnlich sieht das eine Mitarbeiterin der Privatrösterei „König Gustav“, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Das Ladenlokal sei ohnehin nicht bestrahlt von außen. Das einzige, was nachts an ist, sei eine kleine Lampe im Ladeninneren, die die Rösterei beleuchtet. Kritisch sehe die Mitarbeiterin die neuen Regelungen deshalb, da nun noch weniger Licht an die Geschäfte komme und so womöglich Einbrecher bessere Chancen hätten, in Geschäfte einzudringen, ohne bemerkt zu werden.
Im Geschäft „Tee Gschwendner“ auf der Neustraße gebe es eine Regel, an die sich die Mitarbeitenden halten: „Wenn die Klimaanlage läuft, dann ist für jeden hier klar, dass die Tür zugeht“, erklärt Filialleiter Patrick Kofi Dza. Mit einer Zeitschaltuhr reguliere er die Außenbeleuchtung des Ladenlokals. Jedoch sei, so erzählt Dza, um spätestens 22 Uhr das Licht ohnehin aus. Und das gehe auch erst gegen 9 Uhr wieder an. Mit Blick auf die drohende Energieknappheit erklärt der Geschäftsinhaber: „Wir müssen aber auf jeden Fall auch noch einmal gucken, ob wir das Zeitfenster nicht optimieren können.“
Energie sparen, um Kosten nicht an Kundschaft weitergeben zu müssen
Im Laden „Leder Berensen“ ist die Schaufenster- und Außenbeleuchtung ebenfalls durch eine Zeitschaltuhr geregelt. Seit letzter Woche gehe das Licht mit Ladenschluss aus. Mitarbeiterin Sabine Osthoff sieht die Maßnahmen zum Energiesparen als angebracht: „Wir stehen immer noch in Konkurrenz mit dem Onlinehandel. Wenn wir jetzt nicht auf die steigenden Preise reagieren, dann müssen wir die Kosten am Ende an die Kunden weitergeben“, erklärt sie. Das könne für die Kundschaft ein weiterer Grund sein, den stationären Einzelhandel zu meiden und auf Online-Angebote zurückzugreifen. Im Mai ist die Filiale umgezogen, die Glühlampen im Innenraum des Geschäfts müssten noch auf energiesparende LED-Leuchten umgerüstet werden. Ansonsten überlege die Filialleiterin bereits jetzt, auch die Innenbeleuchtung runterzudrehen. Dies müsste jedoch mit der Kundschaft kommuniziert werden, bevor es zu Missverständnissen komme.
Neutor-Galerie bleibt nachts beleuchtet
Doch ganz dunkel wird es in der Dinslakener Innenstadt nicht: Tobias Agthe, Center-Manager der Neutor-Galerie, erklärt, dass die Außenbeleuchtung des Einkaufszentrums wie gehabt nachts brennen wird. Das sei aus Sicherheitsgründen notwendig. Stattdessen reagiert das Center auf die Energiekrise mit dem Ausschalten der Innenbeleuchtung. So werde das Licht, was innerhalb der Galerie die Läden bestrahlt, ab 24 Uhr ausgeschaltet und gehe um 5 Uhr morgens wieder an, wenn die Reinigungskräfte kämen, erklärt Agthe.
Energiesparmaßnahmen setze die Neutor-Galerie nicht erst seit Aufkommen der offiziellen Regelungen um: Das Licht innerhalb des Centers sei nur auf 50 Prozent, an manchen Stellen auf 20 Prozent tagsüber eingestellt. Auch die Lüftung und Klimaanlage kühle nicht mehr auf 19, sondern auf 21 Grad runter. Das vorgeschriebene Schließen der Türen bei laufender Klimaanlage sowie, mit Blick auf den kommenden Herbst, bei laufenden Heizungen, sehe der Center-Manager kritisch. Nicht immer sei das Schließen der Türen so einfach möglich. So zum Beispiel am Foodcourt und bei Läden, die Türen besäßen, bei denen das Schließen und Öffnen längere Zeit in Anspruch nehme.
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>>> Zum Hintergrund: Die Energiesparmaßnahmen ab September
Ab kommendem Donnerstag, 1. September, soll bundesweit Energie gespart werden. So beschloss die Regierung ein Maßnahmenpaket, um auf die drohende Energiekrise und die steigenden Kosten zu reagieren: Betroffen sind unter anderem Restaurants, Supermärkte, Drogeriegeschäfte, Rathäuser und Bürogebäude. Ab 22 Uhr soll die Außenbeleuchtung abgeschaltet werden, auch Leuchtreklamen und Werbetafeln müssen dann dunkel bleiben. Ausgenommen sind Fahrgastunterstände, Bahnunterführungen und generell Straßenbeleuchtungen. Laut Energiesparregeln dürfen außerdem in den kommenden Herbstmonaten öffentliche Gebäude nur noch bis maximal 19 Grad beheizt werden. Die Eingangstüren von Geschäften sollen in den Herbst- und Wintermonaten geschlossen bleiben. Das soll dafür sorgen, dass die Raumwärme nicht verpufft.