Voerde. Bei der Bürgeranhörung wurde grundsätzliche Kritik an Standort und Versiegelung laut. Auch die verkehrliche Erschließung wurde moniert.

Seit drei Monaten hat Möllen keinen Lebensmittelladen mehr: Zum 1. Februar schloss der kleine Edeka an der Straße Auf dem Bünder als einziger Supermarkt in dem Stadtteil seine Türen. Schon im Frühsommer 2020 hatte die Politik mit dem Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans und zur Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) den Schritt zur Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters eingeleitet. Als das Vorhaben vor zwei Jahren bekannt wurde, entfachte dies eine Debatte auch über eine mögliche Konkurrenzsituation für die Edeka-Filiale und die Gefahr deren möglichen Schließung. Das Aus des kleinen Lebensmittelmarktes kam am Ende bereits weit vor der Realisierung des Discounters – namentlich Netto.

Nicht nur von kommunaler Seite müssen für die Ansiedlung planerisch die Weichen gestellt werden. Auch eine Änderung des Regionalplans ist erforderlich. Die Zeichen stehen gut: Die betreffende Fläche wird im aktuellen Entwurf des Regionalplans im Sinne der Discounter-Ansiedlung ausgewiesen. Mit der Erweiterung des Allgemeinen Siedlungsbereichs nördlich der Rahmstraße wird der Stadtverwaltung zufolge die Realisierung ermöglicht. Details zu den Planungen wurden jetzt während einer Bürgeranhörung im Rathaus vorgestellt. Etwa 15 Interessierte – darunter einige Politiker – kamen zu der Veranstaltung im großen Sitzungssaal.

Das Gebäude des Lebensmittelmarktes soll in Höhe des Kreuzungsbereiches Rahmstraße / Dinslakener Straße errichtet werden.
Das Gebäude des Lebensmittelmarktes soll in Höhe des Kreuzungsbereiches Rahmstraße / Dinslakener Straße errichtet werden. © PR | DI Deutsche Immobilien Gruppe

Entstehen soll der neue Discounter-Standort auf einer etwa 5700 Quadratmeter großen Fläche nördlich der Rahmstraße. Das Grundstück wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Die Vorgabe sei ganz klar, dass die Gebäudeentwicklung nur am Kreuzungsbereich Dinslakener Straße/Rahmstraße vorgesehen wird, erklärte Manfred Müser, Leiter des städtischen Fachbereichs Stadtentwicklung und Baurecht. Der östliche Teil des Geländes sei lediglich im Zusammenhang mit Parkflächen zu sehen.

Paul Marx vom Planungsbüro „atelier stadt & haus gmbh“ führte aus, dass der neue Lebensmittelmarkt über eine Verkaufsfläche von 799 Quadratmetern verfügen wird – die Geschossfläche beträgt insgesamt 1235 Quadratmeter. Ergänzend dazu wird sich an dem Gebäude ein Café mit eigenem Eingang und einem Außenbereich befinden. Im östlichen Teil der Fläche werden 78 Stellplätze vorgesehen – davon zwei behindertengerechte, zwei Eltern-Kind- und zwei Stellplätze mit einem Anschluss für E-Fahrzeuge. Der Standort soll zur angrenzenden freien Landschaft eingegrünt werden, wie es heißt. Ziel sei es, die zentrale Funktion des Stadtteilzentrums Möllen zu stützen und zu stärken und die Nahversorgung zu verbessern, erklärte Marx. Findet keine Planung statt, würde sich die Unterversorgung dort verfestigen.

Kritik an der Lage der Ein- und Ausfahrt

Kritik wurde aus der Bürgerschaft an der Lage der Ein- und Ausfahrt des Discounter-Standortes an der Rahmstraße laut: Dieser ist – Stand jetzt – im Bereich zwischen dem Gebäudekomplex und der Stellplatzanlage vorgesehen. Es wurde auf die hohe Aufstauung an der Rahmstraße durch den von der B8 kommenden Lkw-Verkehr hingewiesen und der Standort des Café-Außenbereichs ironisch als „tolle Idee“ tituliert – angesichts der Abgase, denen die Gäste ausgesetzt seien. Ein- und Ausfahrt lägen zu nah an der Kreuzung Dinslakener Straße. Manfred Müser bewertete die Anregung als nachvollziehbar und gab den Hinweis, Ein- und Ausfahrt Richtung Osten zu verlegen, an den Investor, die DI Deutsche Immobilien Gruppe, weiter. Den Bauherrn vertrat in der Bürgeranhörung Armin Elsen, Leiter Kaufmännische Projektentwicklung.

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Ein Voerder Bürger stellte die Frage, „für wen konkret“ der Lebensmittelmarkt gebaut werde, bevor er nach Antwort aus den Reihen der Stadtverwaltung zu einer Generalkritik an dem Vorhaben ansetzte. Ziel sei es, mit Blick auf die Nahversorgung ein Vor-Ort-Einkaufsangebot der kurzen Wege zu schaffen und ein Café als Treffpunkt, erklärte die Erste und Technische Beigeordnete Nicole Johann: „Wir planen in erster Linie für die Möllenerinnen und Möllener.“ Der Bürger monierte in seiner Erwiderung den Standort des geplanten Lebensmitteldiscounters („Fahren die Möllener da mit dem Auto hin?“) und fragte, warum eine solche Entwicklung nicht weiter westlich erfolgt, sprich näher zur Möllener Mitte.

Bürger nannte Vorhaben „klimapolitisch eine Katastrophe“

Das Vorhaben sei „klimapolitisch eine Katastrophe“. 5700 Quadratmeter würden „aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen und versiegelt“ für einen Markt, den seiner Ansicht nach dort niemand brauche. Er verstehe, dass die Möllener gerne eine Nahversorgung haben möchten. An der Stelle aber sei das keine. Nahversorgung gehöre nach Möllen rein – „das wäre ökologisch sinnvoll“, erklärte der Bürger. In eine ähnliche Richtung ging eine weitere Wortmeldung: Durch den Standort ergebe sich nur für einen Teil von Möllen eine „fußläufige Situation“.

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Christa Behrendt aus Möllen an der Obst- und Gemüsetheke von Edeka Stepper in Friedrichsfeld.
Von Petra Keßler (Text)und Lars Fröhlich (Fotos)

Der Stadt und dem Planungsbüro zufolge bieten sich in dem Stadtteil keine anderen Flächenreserven für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes „in der beabsichtigten Größe und Qualität“. Fachbereichsleiter Müser bezeichnete die Versiegelung als „vertretbar“ und verwies auf den Ausgleich durch Ersatzpflanzungen an Ort und Stelle. Auch muss die Stadt gewerbliche Reserveflächen in der gleichen Größenordnung von etwa 6000 Quadratmetern zurücknehmen. Für diesen Flächentausch schlägt sie einen Bereich an der Straße „Am Industriepark“ vor.

Aus den Reihen der Möllener kam in der Bürgeranhörung die Bitte, den Plan „nicht schlecht zu reden“. Viele der älteren Mitbürger seien nicht mobil. Möllen habe nicht den großen Vorteil anderer Stadtteile, die viele Lebensmittelmärkte um sich geschart hätten.

>>Info: Weitere Stellungnahmen möglich

Die Frage einer Bürgerin nach einer Frischfleischversorgung in dem geplanten Netto-Markt beantwortete Armin Elsen von der DI Deutsche Immobilien Gruppe dahingehend, dass sie in der „verpackten Form“ angeboten wird. Eine Bedientheke dagegen werde es nicht geben.

Die Präsentation, die während der Bürgeranhörung zum Bauleitplanverfahren „Lebensmittelmarkt Rahmstraße“ gezeigt wurde, ist vom 9. bis einschließlich 20. Mai auch unter www.voerde.de/de/inhalt/planungen-und-beteiligungen/ einsehbar. In dem Zeitraum können bei der Stadt weitere Stellungnahmen zu dem Discounter-Vorhaben abgegeben werden: beispielsweise schriftlich, zur Niederschrift oder per E-Mail (stadtplanung@voerde.de).