Voerde. Nach Einschätzung der Stadt reichen vorhandene Kapazitäten noch zwei bis drei Wochen aus. Wohncontainer-Beschaffung gestaltet sich schwierig.
115 Flüchtlinge aus der Ukraine wurden der Stadt Voerde vom Land bislang (Stand Donnerstag) offiziell zugewiesen und von ihr untergebracht. Weitere 28 sind für die nächste Woche angekündigt. Auf Basis der ersten Schätzung, wonach eine Million Ukrainer in Deutschland Zuflucht suchen und 200.000 davon nach NRW kommen werden – rechnet Voerde in einem „ersten Step“ mit rund 450 Menschen, die aufzunehmen sind. Seit dem 21. März bekomme die Stadt laufend Zuweisungen mit fünftägigem Vorlauf, jede Woche würden zwischen 20 und 40 Geflüchtete aus der Ukraine erwartet, schilderte André Heller, Leiter des Fachbereichs Soziales und Jugend, bei einem Pressegespräch die Situation.
Weil es aktuell keine konkreten Prognosen von Bund und Land gibt, die als Grundlage dienen könnten, gestalten sich die Planungen zur Bereitstellung von Wohnraum schwierig. Die Situation stellte sich am Donnerstag wie folgt dar: Etwas mehr als 100 Plätze in Wohnungen stehen der Stadt über private (42 Plätze) und Angebote von Wohnungsbaugesellschaften (66 Plätze) zur Verfügung, die zunächst bezugsfertig gemacht werden müssen. Stetig, jeden Tag werde neuer Wohnraum angemietet, mit Betten ausgestattet und schnell belegt, wie Bürgermeister Dirk Haarmann erläuterte.
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Die genannten Kapazitäten würden seiner Einschätzung nach zwei bis drei Wochen ausreichen, bevor damit begonnen werden müsste, Flüchtlinge in der Turnhalle der ehemaligen Parkschule in Friedrichsfeld am Blumenanger unterzubringen – es sei denn, die Stadt bekäme noch einen „großen Schwung“ an Wohnungsangeboten. Der Markt aber sei schon stark beansprucht, gibt der Verwaltungschef mit Blick auf „nicht unendliche“ Ressourcen zu bedenken.
Die Stadt sieht die Notwendigkeit, kurzfristig zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten in hoher Zahl zu schaffen. Die Nutzung von Turnhallen hat eine Pufferfunktion, wie der Beigeordnete Jörg Rütten erklärte. Es handelt sich dabei um eine Übergangslösung. Die geplante Sammelunterkunft am Blumenanger, in der in dieser Woche Betten und Spinde mit Hilfe der Freiwilligen Feuerwehr aufgebaut wurden, sei mit etwa 50 Plätzen geplant, kündigte Rütten an. Der Beigeordnete führte aus, dass geschaut wird, inwiefern sich in dem Gebäude Kojen herrichten lassen. Zusätzlich plane die Stadt, draußen Sanitärcontainer aufzustellen. Die Kapazitäten in der Turnhalle reichten bei weitem nicht aus. Die Betreuungssituation werde durch die Caritas sichergestellt, deren Sitz sich in der direkten Nachbarschaft befindet.
Um den Bedarf an Unterbringungsplätzen decken zu können, denkt die Stadt unter anderem auch über die Anschaffung von Wohncontainern nach. Als ersten Standort dafür hat sie das Gelände der ehemaligen Parkschule vorgesehen. Der Standort biete ganz viele Synergien, sagte die Technische Beigeordnete Nicole Johann. Auf den Flächen neben der Turnhalle und auf dem Laurentiusplatz ließen sich Wohncontainer für insgesamt etwa 170 Personen aufstellen. Die Crux: „Es ist nicht nur die Stadt Voerde, die nach Wohncontainern sucht“, konstatierte Johann, „und die Nachfrage bestimmt den Preis“. Die Beigeordnete sprach von einer Kostenexplosion. Die Lieferzeit liege zurzeit bei etwa sechs Monaten. Die Mindestmietdauer beläuft sich ihr zufolge auf zwei Jahre.
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Die Stadt würde sich auf diesen Zeitraum festlegen – dabei wisse keiner, „wie lange die Menschen hierbleiben“, erklärte Bürgermeister Haarmann. Deshalb sei die Stadt sehr behutsam, was die Beschaffung von Wohncontainern angehe. Je länger die Mindestmietzeit ist, desto eher würde sich alternativ ein Kauf anbieten. Die Module könnten – wenn nicht mehr benötigt – „auf Lager gestellt oder wieder verkauft werden“, sagt Haarmann. Wie auch immer: Bisher nicht geklärt ist die Frage der Finanzierung. Haarmann will, wie berichtet, vom Land eine Garantieerklärung für die Beschaffung von Wohncontainern. Die Stadt bekomme einen Container erst finanziert, wenn er bezogen ist.
Die Kommunen bräuchten konkrete Vorgaben, wie viel Wohnraum zu schaffen ist, sowie auskömmliche Finanzierungszusagen. Haarmann fordert zudem eine zentrale Beschaffung von Wohnmodulen, Betten etc. – es sei „Wahnsinn“, dass die Kommunen in NRW alle zeitgleich die gleichen Dinge bestellen, erklärt er. Dabei verweist er auch auf die dann möglicherweise bessere Preisgestaltung. Mindestforderung aber sei, dass die Städte und Gemeinden „vom Risiko der Vorhaltekosten entlastet werden“. Haarmann erwartet, dass die Kommunen bei der Beschaffung von Wohncontainern „keinen ungedeckten Scheck unterschreiben“, sondern Finanzierungssicherheit bekommen. Auch müssten nach Haarmanns Ansicht die Aufnahmekapazitäten in den zentralen Landeseinrichtungen erweitert werden.