Voerde. Der einzige Lebensmittelmarkt in dem Voerder Stadtteil schließt zum 1. Februar. Die Bewohner sind enttäuscht, verstehen aber die Entscheidung.

Die Möllener Anwohner zeigten sich geschockt und traurig, als sie vor dem Edeka-Markt Dröschel das Plakat lasen, auf dem die Schließung der Filiale angekündigt wird. Am Montag ist der letzte Verkaufstag, danach macht der Laden zu. Die Inhaberin Stephanie Dröschel versuchte ihr Möglichstes, doch letztendlich sei der Laden „wirtschaftlich nicht mehr tragbar“.

Dröschel, die bereits im Oktober letzten Jahres einen Edeka-Markt in Bottrop übernahm, erklärt: „Vor der Corona-Pandemie hatten wir auf der Dinslakener Straße für über ein Jahr diese Baustelle, die heftige Auswirkungen auf den Betrieb hatte. Während Corona gab es einen Aufschwung, womit wir einige Löcher stopfen konnten, aber der Laden ist schon wahnsinnig im Minus. Da kommt vieles zusammen“.

Sie habe noch bis zum 30. Juni einen Mietvertrag, doch es lohne sich nicht mehr. „Mir geht das wahnsinnig nah und es war auch schwierig, das den Mitarbeitern zu vermitteln. Aber ich bin froh, dass alle die Möglichkeit haben, woanders unterzukommen“, sagt die Kauffrau, die die Filiale 2014 von ihren Eltern übernommen hatte und der es auch für die langjährigen Kunden leid tut.

Arbeitsangebot für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die zuletzt elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten alle von einem Kaufmann aus der Umgebung ein Angebot bekommen, dass sie Arbeit bekommen könnten. Wie es mit dem Laden nach Ablauf der Miete weitergehe, wisse sie nicht. Sie habe einen „sehr netten Vermieter“ und auch eine Hausverwaltung, die sich darum bemühen würden, Nachfolger für die Immobilie zu finden, doch da sei noch einiges zu klären. „Ich selbst habe auch zwei, drei Ideen, aber ob es dann so kommt, ist eine andere Frage“.

Die Kunden hätten sich gewünscht, dass Dröschel bleibt, aber nun hoffen sie zumindest auf einen gleichwertigen Ersatz. Rainer Kochanek beispielsweise steht „nicht gut“ zu der Schließung. „Man hat ja hier gar nichts mehr. Man ist gezwungen, nach Dinslaken oder Voerde reinzufahren. Das müsste eigentlich bleiben“. Seine Frau sei fast jeden Tag bei Dröschel einkaufen, sagt der Anwohner.

Jörg Schacht, der laut eigener Aussage wöchentlich rund drei Mal in dem Markt einkaufen ging, findet die Schließung „schade“.

Man habe beim Einkaufen „noch richtig Spaß in dem Laden. In den großen Läden, das ist nichts. Hier ist es wirklich schön“. Alternativ würde er im Marktkauf im Gewerbegebiet Grenzstraße einkaufen gehen.

Erschwerte Bedingungen für ältere Leute

Auch Ingrid Nittel findet es „sehr schade“, dass der einzige Lebensmittelmarkt in Möllen schließt. Die Bevölkerung in Möllen sei im Schnitt recht alt „und die haben es jetzt schwerer. Wenn man ein Auto habe, könne man noch ausweichen, „aber wir waren schon geschockt, wir haben nicht damit gerechnet. Aber vielleicht ist die Bevölkerung auch selber schuld. Man kauft hier nur das, was man noch so gerade braucht, die Großeinkäufe werden woanders erledigt und das sollte man nicht machen. Man hat viel darüber gesprochen und diskutiert und es ist nichts dabei herumgekommen. Das müssen wir jetzt so hinnehmen.“

Man habe schon darüber gesprochen, dass vielleicht ein neuer Laden einziehen würde, „aber da glaube ich nicht so recht dran. Die kriegen ja auch mit, dass es hier nicht so gut läuft“. Außerdem seien nahezu alle anderen Supermärkte viel größer aufbereitet. „Vom Angebot her ist es okay. Wenn ich etwas ganz Spezielles haben möchte, dann muss ich eben woanders hinfahren“, meint Nittel.

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Sie selber sei zwei, drei Mal in der Woche im Laden. „Wenn man im Ort wohnt, kann man das schnell mit dem Fahrrad erledigen. Aber wenn nichts mehr umschlägt für die Leute selber, ist das doch nichts“, zeigt Nittel auch Verständnis für die Entscheidung von Dröschel.

„Ich bin jetzt erst einmal überrascht und gleichzeitig überrannt und irgendwie kann ich mir das noch gar nicht so richtig vorstellen, wenn ich an die Leute denke, die gar nicht mehr so gut zu Fuß sind. Da kann man nicht erwarten, dass sie nach Voerde mit dem Bus fahren. Und wenn man mal etwas vergessen hat, ist es schön, wenn man weiß, dass man hier noch einkaufen gehen kann“, sagt Anja Mucke.

„Ich kann es verstehen, wenn der Umsatz rückgängig ist oder nicht mehr so, dass man dieses Geschäft hier aufrecht erhalten kann, aber ich bin schon enttäuscht“, betont Mucke, die gerne nach der Arbeit bei Dröschel einkaufen war.

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Auch Christina Zipfel, die zusammen mit ihrem Mann Hans-Ulrich die Barbara-Apotheke direkt neben der Edeka-Filiale führt, ist alles andere als begeistert. Sie könne Dröschels Entscheidung verstehen, aber für den Stadtteil Möllen sei es schlimm. Sie hätten schon etliche Diskussionen mit Kunden über die Edeka-Schließung geführt, wo sie denn nun ihre Lebensmittel herbekämen. Für sie würde sich nun die Frage stellen, ob man bei der Wirtschaftsförderung davon gewusst und sich bemüht habe, etwas zu tun und das Gespräch zu suchen.

„Die Leute sind entsetzt und sehr überrascht und für den Stadtteil ist es eine ausgesprochen unglückliche Entwicklung. Die wirtschaftlichen Beweggründe von Frau Dröschel muss man akzeptieren. Jetzt ist die Frage, ob man es gemeinsam schafft, für die Bevölkerung eine Lösung zu finden“, ergänzt Hans-Ulrich Zipfel. „Eine Nahversorgung vor Ort ist auch für die Entscheidung, hier hinzuziehen und den Stadtteil zu stabilisieren, essenziell“, betont der Apotheker. Es würden aktuell auch viele Häuser gebaut und renoviert. „Es geht auch darum, Möllen durch Zuzug zu stabilisieren, und um einen Stadtteil attraktiv zu gestalten, gehört eine Lebensmittelversorgung dazu“.