Dinslaken. Dinslaken hat sich nach der Auswertung von Messungen am THG gegen die Anschaffung weiterer Luftfilter für Schulen und Kitas ausgesprochen.

Die Stadtverwaltung hat sich gegen die Anschaffung weiterer Luftreinigungsgeräte (LRG) für Schulen und Kitas ausgesprochen. Die Verwaltung bewertet diese „nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Stand und unter Berücksichtigung der guten Lüftungssituation und des geringen zusätzlichen Wirkungsgrades sowie letztlich der hohen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten“ als „nicht sinnvoll“. Dies hat sie nun in einer Vorlage mitgeteilt, über die am Dienstag, 24. August, die Mitglieder des Stadtrates bei einer Ratssondersitzung entscheiden sollen.

Diese Sondersitzung zum Thema Luftfilter hatte die FDP-Fraktion am 15. Juli beantragt. Sie hatte darin gefordert, die Stadtverwaltung mit „der umgehenden Beschaffung von geeigneten Luftfiltergeräten für alle Räume an Schulen, Aulen, Turnhallen und Kitas in Dinslaken – unter Nutzung der bestehenden Fördermöglichkeiten des Bundes und des Landes NRW“ zu beauftragen. Auch die Fraktionen der Grünen und der Linken hatten ähnliche Anträge gestellt, am 20. sowie am 25. Juli.

Die Stadt hat ihre nun erfolgte Einschätzung unter anderem gestützt auf die Haltung des Umweltbundesamtes (UBA), das den Einsatz von LRG bei Klassenräumen mit guter Lüftungsmöglichkeit – Kategorie 1, dazu zählen alle Räume in Dinslaken – als nicht erforderlich ansieht. Auch hat sie die Erkenntnisse aus den im Juni am Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) durchgeführten Messungen zurate gezogen.

Positionen anderer Kommunen

In der Vorlage gibt die Stadt auch Einblicke in die Positionen, die andere Kommunen bezüglich der Luftfilter vertreten. Sie bezieht sich dabei unter anderem auf eine Videokonferenz mit Vertretern der NRW-Kommunen und Ministerin Ina Scharrenbach am 28. Juli (die NRZ berichtete). Tenor dort sei gewesen, „dass die meisten NRW-Kommunen den Empfehlungen des Umweltbundesamtes folgen und keine (weiteren) LRG anschaffen“, schreibt die Stadt.

Auch führt sie eine aktuelle Umfrage beim Arbeitskreis der Schulverwaltungsämter im Kreis Wesel an. Demnach wollen von den insgesamt 13 Städten und Gemeinden auch die Kommunen Voerde und Hünxe sowie Wesel, Hamminkeln, Rheinberg, Schermbeck und Xanten keine LRG anschaffen. In Voerde allerdings wird das Thema nach einem entsprechenden CDU-Antrag nach den Sommerferien erneut diskutiert (die NRZ berichtete).

Neukirchen-Vluyn habe als einzige Kommune beschlossen und bereits umgesetzt, dass alle Klassen- und Kita-Räume mit LRG aus Mitteln des städtischen Haushalts ohne Inanspruchnahme von Fördergeldern ausgestattet werden, so die Stadt Dinslaken in der Vorlage.

Das haben die Messungen am THG ergeben

Für ihre Einschätzung hat die Stadtverwaltung auch die Erkenntnisse aus der Untersuchung des „Instituts für Energie und Umwelttechnik“ (IUTA) zurate gezogen. Das IUTA hatte bekanntlich im Juni dieses Jahres Messungen in einem Klassenraum des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG) durchgeführt. Aufgabenstellung war es, die Partikel- und CO2-Konzentration in einem Klassenraum mit und ohne Betrieb eines Luftreinigers zu prüfen.

Deshalb hat das IUTA während eines vierstündigen üblichen Schultags am THG unter Anwesenheit der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte verschiedene Einstellungen des Luftreinigers mit dem natürlichen Effekt des Lüftens verglichen sowie beide Möglichkeiten kombiniert und die Auswirkungen festgehalten und bewertet. Um die Ergebnisse einordnen zu können, wurde am Nachmittag des Versuchstages eine Vergleichsmessung ohne Anwesenheit der Schülerinnen und Schüler mit gezielt dosierten Partikeln und CO2 durchgeführt.

Die Untersuchungen des IUTA haben, so die Stadt, zeigen können, dass bei einem alleinigen Betrieb des LRG ohne Lüftungsmaßnahmen die Virendosis im Raum um 89 Prozent reduziert wird. „Diese Vorgehensweise wird aus hygienischen Gründen von dem Institut nicht empfohlen, da keine Frischluft zugeführt wird“, erklärt die Stadt. Sie diene hier „allein als Vergleichsszenario“. Zum Vergleich wurde dann das Lüftungskonzept angewendet, das heißt es wurde alle 20 Minuten quergelüftet und kein LRG betrieben. Die Virendosis konnte so um 91 Prozent reduziert werden. „Das Lüftungskonzept ist somit um zwei Prozent effektiver als der alleinige Betrieb eines LRG“, erklärt die Verwaltung. Bei der Kombination beider Maßnahmen, also dem Betreiben eines LRG und dem Anwenden des Lüftungskonzeptes, sei eine Reduktion der Virendosis um 94 Prozent festgestellt worden. „Gegenüber der Anwendung des Lüftungskonzeptes ist dies eine Steigerung der Effektivität um lediglich drei Prozent“, so die Verwaltung.

Kosten: über eine Million Euro

Bei der Aufstellung der möglichen Kosten für die Anschaffung der Luftfilter hat die Stadt die Preise für die 18 bereits angeschafften Geräte als Berechnungsgrundlagen genommen. Demnach lägen die Anschaffungs- und Aufstellungskosten bei 5100 Euro brutto je Gerät. 244 müssten alleine für die Schulen insgesamt angeschafft werden, das hatte eine Umfrage an allen 18 Schulen bereits im Frühjahr ergeben. Hinzu kämen weitere Kosten: einmal jährlich etwa 90 Euro je Gerät für den Wechsel der Kohlefilter und alle zwei Jahre rund 390 Euro für den Wechsel der Kohle- beziehungsweise Hepafilter. Somit würden einmalige Kosten in Höhe von rund 1,24 Millionen Euro, jährliche Kosten in Höhe von etwa 22.000 Euro sowie alle zwei Jahre weitere Kosten in Höhe von knapp 95.000 Euro anfallen.

Eine Möglichkeit, die Mittel über einen Förderzugang zu bekommen, besteht derzeit bekanntlich nicht, da alle Klassenräume ohne Einschränkungen zu lüften sind und daher laut Einordnung des Umweltbundesamtes (UBA) der Kategorie 1 von insgesamt drei Kategorien zugeordnet werden. Auch für die Kitas hat die Stadt bei Begehungen festgestellt, „dass alle Kita-Räume, bis auf drei Ausnahmen, gute Lüftungsmöglichkeiten haben und der Kategorie 1 zuzuordnen sind“. Für diese drei Ausnahmen hat die Stadt bereits Maßnahmen durchgeführt oder wird das noch tun.

>> Reaktionen aus der Politik

  • Die FDP-Fraktion hat bereits angekündigt, die Stellungnahme der Stadt Dinslaken „nicht so einfach hinnehmen“ zu wollen. Sie „akzeptiert keine Einsparung an Bildung und auch nicht an der Unterrichtsgestaltung sowie Gesundheit der Kinder“, kommentierte die Fraktion auf der Facebook-Seite der NRZ Dinslaken.
  • Der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit findet, dass das Land NRW für Luftreinigung sorgen soll. „Die Anschaffung von Luftfiltern für Schulen und Kitas darf nicht am Geld scheitern“, sagt er und fordert ein Landesprogramm zur Finanzierung von Luftreinigungsgeräten. Die Mittel stünden im 25-Milliarden-Rettungsschirm des Landes zur Verfügung. „Das Land muss die Verantwortung für die Finanzierung übernehmen“, fordert Stefan Zimkeit.