Dinslaken. Das Umweltbundesamt hat seine Meinung zu Luftfiltern geändert. Darauf hat sich Dinslaken aber bislang bezogen - und mit der Anschaffung gezögert.

Richard Pennings ist sauer. Eltern, Schüler und Lehrer seien „ein Jahr lang hinters Licht geführt“, worden, ärgert sich der Elternpflegschaftsvorsitzende der Ernst-Barlach-Gesamtschule und bezieht sich auf eine aktuelle Stellungnahme des Umweltbundesamtes (UBA). Das erklärt Luftfilteranlagen für Schulen nun doch zum geeigneten Mittel gegen Corona. Anders als bisher. Die Eltern fordern die Stadt auf, Konsequenzen zu ziehen.

„Natürlich helfen mobile Luftfilter gegen Viren – wenn es sich um geprüfte Geräte handelt und sie richtig im Klassenraum aufgestellt sind“, hat Heinz-Jörn Moriske, Geschäftsführer der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes (UBA) jetzt erklärt. Bislang hatte es immer geheißen, das Umweltbundesamt empfehle die Luftfilter nicht als Ersatz, sondern nur als Ergänzung zum Lüften, weil damit keine Raumluft gegen Außenluft ausgetauscht werde. Dass das UBA damit vom Einsatz mobiler Luftfilter abgeraten habe, wies Moriske nun weit von sich. Genau damit begründen aber viele Kommunen ihre zögerliche Haltung bei der Anschaffung der Luftfilteranlagen. Auch Dinslaken.

Ratsbeschluss vor acht Monaten

Gemäß der Bewertung der Bundesregierung und des Umwelt-Bundesamtes sei deren Wirksamkeit unter Realbedingungen nicht ausreichend nachgewiesen, erwiderte bislang die Stadtverwaltung Dinslaken auf entsprechende Anfragen.

Im November vergangenen Jahres hatte der Stadtrat zwar bereits beschlossen, die Räume in Schulen mit Luftfiltern auszurüsten, die nicht ausreichend belüftet werden können.

Aber Stadt und vor allem das Land definieren „ausreichend“ anders als Eltern wie Richard Pennings. Für das Land gelten Räume als nicht genügend belüftbar, in denen „nur Oberlichter oder sehr kleine Fensterflächen geöffnet werden können“, außerdem innenliegende Fachräume oder Räume mit Lüftungsanlagen im Umluftbetrieb und ohne ausreichende Filter. Und auch nur dafür werden Luftfilter gefördert. Solche Räume, hat die Stadt festgestellt, gibt es an Dinslakener Schulen nicht.

Für Richard Pennings hingegen ist ein Raum nur dann ausreichend belüftet, wenn zwei Fenster geöffnet und ein Durchzug hergestellt werden kann. Ein Fenster oder ein Fenster und eine Tür reichen dafür nicht, findet er.

Die Stadt hat zunächst nur 18 Geräte angeschafft – für jede Schule eines. Bevor noch mehr Luftfilter gekauft werden, wollte die Verwaltung zuerst deren Wirksamkeit selbst testen. Überflüssig – findet Pennings. Es gebe genügend Untersuchungen. Weil ein solcher Test zudem nur unter Normalbedingungen – also eine vollbesetzte Klasse – Sinn ergebe, wurde damit gewartet, bis die Schulen im Juni wieder in den Präsenzunterricht gestartet sind.

Das beauftragte Institut für Energie- und Umwelttechnik sei derzeit mit der Auswertung der Ergebnisse befasst, so Stadtsprecher Marcel Sturm. Sobald die technischen Daten aufbereitet sind, müssen diese bewertet und sollen dann mit den Schulen, Elternpflegschaftsvertretern und der Politik erörtert werden, wie mit den Ergebnissen umgegangen werden soll.

Das sagen Politiker

Für FDP und Linke hat die Stadt das Thema ausgesessen. Zum Schulstart nach den Sommerferien seien die Schulen weiterhin nicht ausgerüstet. „Aufgrund laufender Bedenken wurde die Chance verpasst, für die Schüler einen Schutz zu schaffen“, rügte der FDP-Fraktionsvorsitzende Gerald Schädlich vergangene Woche im Stadtrat. Und Gerd Baßfeld, Fraktionsvorsitzender der Linken, mahnte: „Es geht um die Fürsorgepflicht gegenüber Kindern, Jugendlichen und dem Personal in Schulen. Wir müssen uns auf die vierte Welle vorbereiten.“

Das sagt die Stadtverwaltung

Bürgermeisterin Michaela Eislöffel bekannte: „Ich gebe zu, dass es ein bisschen gedauert hat, wir mussten uns intern erst einmal klar werden, wohin der Weg geht.“ Und, nein, Dinslaken habe „keine Fördergelder verstreichen lassen. Es gab bisher keine für unsere Klassenräume.“ Sie erhoffte sich Entscheidungen auf übergeordneter Ebene, die „auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis“ beruhen.

Diese seien nun vorhanden, und damit sei auch „die ablehnende Argumentation der Dinslakener Verwaltung hinfällig“, findet Richard Pennings: Er fordert: „Luftfilter für alle Klassenräume in Dinslaken – es eilt!“