Kreis Wesel. . Schäfer Kurt Opriel klagt auf Entnahme der Wölfin Gloria. Sein Anwalt fordert zumutbaren Herdenschutz. NABU Wesel sieht Kampagne gegen Gloria.

Wölfin Gloria ist wieder einmal ein Fall für die Justiz. Der Schäfer Kurt Opriel aus Hünxe klagt vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf auf Entnahme der Wölfin. Die mündliche Verhandlung ist für den 6. Mai anberaumt. Opriel scheiterte im Januar vor dem Verwaltungsgericht mit einem Eilantrag, der den Kreis Wesel dazu veranlassen sollte, die Genehmigung zur Tötung von Gloria zu erteilen.

Nun nimmt Opriel einen neuen Versuch, die Wölfin aus der Region Schermbeck zu entfernen. Seit 2018 kam es immer wieder zu Schafs- und Nutztierrissen im gesamten Kreis Wesel. Doch Opriel bekommt Gegenwind aus Reihen des Naturschutzbundes (NABU) des Kreis Wesel.

NABU-Vorsitzender sieht „üble Kampagne“

Insbesondere auf Höfen und Weiden schlug Gloria und ihr Rudel zu. Auch bei Schäfer Opriel: Im November vergangenen Jahres wurden Tiere des Züchters Opfer einer Wolfsattacke, was Anlass für den Eilantrag war. „Er kann klagen, wie er will“, sagt Peter Malzbender, Vorsitzender der NABU-Kreisgruppe Wesel zum nächsten Schritt vom Hünxer Schäfer. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass bei neun der letzten zehn Wolfsattacken die Höfe nicht wolfssicher gewesen sein.

„Entweder war der Zaun nicht hochgenug, oder der Strom der Elektrozäune war nicht an“, behauptet Malzbender, der Opriel laut eigener Aussage schon länger kennt und schon öfter mit ihm aneinander geriet. Damit schließt sich der NABU-Vorsitzende der Einschätzung des Landesministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (Lanuv) an. Bereits im Februar veröffentlichte das LANUV eine Stellungnahme, in der sie die Wolfsattacken darauf zurückführt, dass Haus- und Nutztiere unzureichend geschützt worden seien. Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) sei dafür mit einem wissenschaftliche Gutachten beauftragt worden.

„Das ist eine ganz üble Kampagne gegen die Wölfin Gloria. Viele haben scheinbar zu oft ,Rotkäppchen und der böse Wolf’ gelesen. Diesen Hass auf Gloria kann ich mir ansonsten nicht erklären“, schimpft Peter Malzbender. Angesichts von jährlich 18 bis 20 Wolfsattacken, die es seit dem Jahr 2018 im Kreis Wesel laut Angaben des Lanuv gibt, erscheint die Sorge vieler Schäfer und Landwirte zumindest nicht grundlos. Trotzdem stehen Wölfe unter strengem Artenschutz, das Töten der Tiere ist verboten. Deswegen schießt Malzbender scharf gegen den Schäfer Kurt Opriel. „Er soll seine Schafe abgeben, wenn er Angst vor Wolfsattacken hat. Wenn er in der Nähe vom Wolfsgebiet Schafe und andere Nutztiere besitzt, soll er sie besser beschützen. Ansonsten vernachlässigt er die Fürsorgepflicht seiner Tiere“, warf der Vorsitzende der Kreisgruppe Wesel dem klagenden Schäfer vor.

Anwalt kritisiert Kreis Wesel und DBBW

Zudem habe Opriel anders als vorgesehen keinen Herdenschutzhund, um Attacken von Wölfin Gloria zu verhindern. „Opriel hat Angst vor Hunden, deswegen hat er keinen Herdenschutzhund“, behauptet Malzbender. Der Schäfer wollte sich vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht äußern. Auch nicht zu den Vorwürfen von Malzbender und verwies auf seinen Anwalt Stefan Steinkühler. Dass er nun erneut vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf klagt, sei aus Sicht seines Anwaltes „nicht überraschend“.

„Der Kreis Wesel und die Politik haben weiter keine klaren Richtlinien, wie mit der Wölfin umgegangen werden soll. Deswegen erhoffen wir uns von der Klage Klarheit für alle Beteiligten“, erklärt Steinkühler den Grund für die Klage. Den empfohlenen Herdenschutz habe sein Mandant so umgesetzt, wie die Behörden es vorgesehen haben, nimmt der Anwalt Opriel in Schutz. „Die Anforderungen haben sich immer wieder geändert“, kritisiert Steinkühler die Maßgaben der Politik. „Als erstes musste ein Zaun 90 Zentimeter hoch sein, dann 1,20 Meter. Die Anforderungen an die Schäfer ändern sich immer wieder.“

Auch das vom Lanuv im Auftrag gegebene Gutachten von der DBBW, die die Wolfsattacken wissenschaftlich ausgewertet hatten, sieht der Jurist kritisch: „Die Datengrundlage stammt vom 9. Februar, die Stellungnahme stammt aber vom 28. Januar. Da kann irgendwas nicht stimmen.“

Es gehe um zumutbaren Herdenschutz

Die laut Steinkühler immer wieder veränderten Vorgaben zum Herdenschutz sorgen bei seinem Mandant und anderen Schafs- und Nutztierbesitzern für viel Unverständnis. „Es ist schon ein Unterschied, ob man einen 1,20 Meter hohen, oder einen 1,80 hohen Zaun hat. Außerdem ist es meiner Meinung nach viel zu hochgegriffen, Herdenschutzhunde zur Pflicht zu machen. Dabei ist auch noch unklar, wie viele Hunde man braucht. Deswegen brauchen wir einen zumutbaren Herdenschutz, den auch jeder umsetzen kann“, fordert Steinkühler klare Richtlinien vom Kreis Wesel und vom Land.

In anderen Bundesländern funktioniere der Umgang mit Wölfen besser. „In Niedersachsen gibt es klare Vorgaben. Dort weiß jeder, dass Wölfe auch Zäune überspringen können. Warum guckt man dann nicht auf die Länder, die mehr Erfahrung im Umgang mit Wölfen haben, als den Weidenbesitzern am Ende indirekt vorzuwerfen, dass sie selber Schuld an den Tierrissen seien, weil sie sich nicht an die Maßgaben halten?“

Insgesamt schlägt Steinkühler dabei aber den Grundtenor der Entnahmegegner an. Immer mehr Wölfe siedeln sich in den Waldgebieten in Nordrhein-Westfalen an. Es gehe vordergründig auch nicht darum, einen Präzedenzfall zu schaffen, um alle Wölfe zum Abschuss freizugeben. „Wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben. In dem Fall Gloria geht es aber darum, dass es sich um einen sehr verhaltensauffälligen Wolf handelt“, betont der Anwalt. Es bestehe im Kreis Wesel ein sehr enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit den Tierrissen aus den letzten Wochen, fügt Steinkühler an. „Das heißt aber noch lange nicht, dass der nächste Wolf in der Region ebenfalls so hochspringt und aggressiv ist“, stellt Stefan Steinkühler klar.