Dinslaken. Für die Premiere von „Roter März“ wurde in Dinslaken gedreht. Bei der Entscheidung für die Rolle half eine Zufallsbegegnung in Griechenland.
„Ein sympathisches Gesicht“, findet Dieter Landuris und weist in den Raum nebenan. Der Münchener Schauspieler spielt in „Roter März“ von Adnan Köse und Co-Autor Hans Feldhoff Pfarrer Albert Nienhaus. Nun spricht er, gekleidet in einer Soutane, wie sie in der Zeit um 1920 üblich war, in der Sakristei von St. Marien Lohberg, mit der NRZ. Es ist Drehpause, im Kirchenraum bereiten Regisseur Adnan Köse und sein Team die nächste Szene vor.
Das „sympathische Gesicht“ begegnete Landuris gerade an der Wand im vorderen Raum der Sakristei. Es gehört Prälat Albert Nienhaus, sein Bild eröffnet die Reihe der Porträts im Gotteshaus, mit denen an jeden der bisherigen Pfarrer der Lohberger Kirchengemeinde erinnert wird. Viele Lohberger verbinden mit dem 1968 verstorbenen Nienhaus noch persönliche Erinnerungen, Landuris zieht seine Rückschlüsse vom Foto: „Er hat bestimmt ganz frei und offen heraus gepredigt und damit die Leute in ihrer Lebenswelt ganz unmittelbar erreicht.“ In wenigen Minuten wird Landuris selbst an der Kanzel stehen, Adolpho Terhorst fragen, wo er korrekt seinen Hut ablegen soll und in die Kamera predigen. Bis das dramatische Geschehen seine Worte unterbricht.
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Wenn Dieter Landuris Albert Nienhaus spielt, schlüpft er in die Rolle einer Bühnenfigur, die an eine reale Person angelegt ist. Es geht um die Botschaft, für die Albert Nienhaus eintrat, um sein Beispiel, um sein mutiges Handeln im März 1920, als der Raum Dinslaken in bürgerkriegsähnlichen Zuständen versank. Aber es geht auch um Nienhaus lebenslange Überzeugungen, sein christliches Bekenntnis, seine Werte. Das Entscheidende für die Rolle sei das Menschliche, das er in Nienhaus vermutete, sagt Landuris.
Treffen beim Münchener Filmfest
Dieter Landuris ist Theaterschauspieler, begann seine Karriere in der Urbesetzung des legendären Musical „Linie 1“ des Berliner Grips-Theaters. Zudem ist er in unzähligen Fernsehproduktionen zusehen. Einem großen Publikum wurde er in der Rolle des Privatdektektivs Uli Fichte in „Alles außer Mord“ bekannt. Und nun Pfarrer.
Als Adnan Köse beim Münchener Filmfest aus „Wie der Soldat das Grammophon repariert“ las, saß Landuris im Publikum. Die beiden wurden vom ebenfalls anwesenden Dave Kaufmann einander vorgestellt, man beschloss, mal irgendwann etwas gemeinsam zu machen. Dann kam das Script zu „Roter März“. Er habe es in Griechenland gelesen, draußen in einem Straßencafé. „Es war Osterzeit und aus der Kirche nebenan kam der Pfarrer, der sich ebenfalls etwas zu trinken holen wollte.“ Der Schauspieler, der sich gerade die Frage stellte, ob er das Rollenangebot annehmen und einen Priester spielen solle und der echte Pastor kamen ins Gespräch. Für Landuris war es ein Fingerzeig. Sein Entschluss: „Ich will es gerne machen.“
„Klein“ spielen für die Kamera
Mit der Kirche – der griechisch-orthodoxen – verbindet er Kindheitserinnerungen. Sein Vater stammt aus Griechenland. Er selbst, der gebürtige Münchener, der erst mit zwölf Jahren die griechische Sprache erlernte, wurde in Athen getauft. Als Kind sei er dann regelmäßig in München in den Gottesdienst gegangen. Doch bei der Schauspielerei geht es nicht allein darum, dass man ein Bild davon hat, wen man wie verkörpern möchte. Die Kunst verlangt Technik. „Roter März“ war als große Bühnenproduktion geplant. Aber Corona hat alles verändert, die Premiere wird nun für einen Livestream aufgezeichnet und auch die Video-Einspielungen wurden kontinuierlich ausgeweitet.
Für das Ensemble ändert sich damit die Spieltechnik. Auf der Theaterbühne ist eine deutliche Mimik, sind große Gesten von Nöten, damit auch die Zuschauer in den letzten Reihen die Körpersprache der Darsteller verstehen können. Die Kamera geht ganz nah heran, entsprechend agiert man sparsamer, spielt man „klein“. Da nun in der Kathrin-Türks-Halle kein Publikum, dafür aber mehrere Kameras das Stück verfolgen, wird Landuris auf der Bühne spielen als sei es ein Film, eben „klein“: Das sei für ihn kein psychologisches Problem. Schwieriger sei es langfristig für das Gedächtnis. „Für den Film lernt man seine Texte immer nur für den nächsten Tag, speichert sie nur im Kurzzeitgedächtnis“, so der Schauspieler. „Wenn ich jetzt Filmszenen für ‘Roter März’ drehe, muss ich mir immer sagen, dass ich sie auch noch parat haben muss, wenn wir sie für Aufführungen vor Publikum zurück auf die Bühne holen.“
Premiere ohne Publikum
Die Premiere von „Roter März“ findet am Donnerstag, 29. April, um 20 Uhr coronabedingt ohne Publikum in der Kathrin-Türks-Halle statt. Sie wird auf der Plattform https://culturetotal.com/ im Livestream übertragen. Der Zugang ist kostenpflichtig und kann über die Internetseite für 15 Euro gebucht werden.