Voerde. Voerdes Kämmerer rechnet mit Haushaltsverschlechterungen von 5,5 Mio. Euro für 2020 und kritisiert die bisher bekannten Unterstützungspakete.

Die Corona-Krise wirkt sich auch auf den städtischen Haushalt aus – in Form von Mindereinnahmen auf der einen und Mehrausgaben auf anderen Seite. Die Folgen zeigen sich bereits im Etat 2020 und werden sich darüber hinaus vor allem in den kommenden Jahren im Voerder Haushalt niederschlagen. Insgesamt geht die Stadt derzeit von pandemiebedingten Haushaltsverschlechterungen von rund 5,5 Mio. Euro für 2020 aus. Diese Zahl könne im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten und der damit verbundenen Ermittlung und weiteren Zuordnung von Schäden, die auf die Corona-Krise zurückzuführen sind, noch höher ausfallen, erklärt Kämmerer Jürgen Hülser.

Ein großer Posten sind die Einnahmen der Kommune, die ihr über die in Voerde ansässigen Unternehmen zugehen: Die Stadt hat (Stand Anfang November) rund 400.000 Euro an Gewerbesteuern mit Frist zum Jahresende gestundet. Darüber hinaus seien Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen in Höhe von rund 3,2 Millionen Euro bewilligt worden, erklärt Kämmerer Jürgen Hülser auf Anfrage der NRZ.

Stadt erwartet für 2020 noch Kompensationsmöglichkeit bei der Gewerbesteuer

10,8 Mio. Euro hat die Stadt im Haushalt des laufenden Jahres als Einnahmen bei der Gewerbesteuer veranschlagt. Im Rathaus wird trotz der aktuellen Entwicklungen derzeit nicht davon ausgegangen, dass die Erträge 2020 am Ende wesentlich unter diesem Planansatz liegen werden. Die negativen finanziellen Auswirkungen der Pandemie würden im laufenden Jahr „voraussichtlich zunächst noch durch Nachzahlungen aus Bescheiden für zurückliegende Jahre als sogenannte Einmaleffekte annähernd zu kompensieren sein“, erläutert Hülser.

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Der Kämmerer spricht zugleich aber einen großen Nachteil an, der sich sich dadurch für die Stadt ergebe: Die Gewerbesteuereinmalzahlungen führten dazu, dass Voerde „kaum eine Kompensationszahlung“ aus dem nur für das Jahr 2020 vorgesehenen Gewerbesteuerausgleichsgesetz NRW erwarten könne. „Wie vermutlich bei den meisten Kommunen werden durch die zeitversetzte steuerliche Veranlagung die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen überwiegend erst in den kommenden und von dem vorgenannten Ausgleichsgesetz nicht erfassten Jahren negative Auswirkungen auf den städtischen Haushalt zeigen“, gibt der Kämmerer zu bedenken.

Bei den Anteilen der Stadt an der Einkommensteuer geht Hülser von Mindereinnahmen in Höhe von etwa 1,75 Mio. Euro aus. Im Haushalt 2020 eingeplant sind zirka 18,29 Mio. Euro, nun wird mit Erträgen von etwa 16,54 Mio. Euro kalkuliert. Eine leichte Verbesserung wird beim kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer erwartet: Statt der angesetzten rund 2,48 Mio. Euro wird jetzt mit 2,56 Mio. Euro gerechnet.

Weniger Elternbeiträge für Kita und OGS

Mindereinnahmen hat die Stadt in diesem Jahr auch bei den Elternbeiträgen im Kitabereich und bei der offenen Ganztagsschule (OGS). Diese wurden für die Monate April und Mai komplett und für Juni und Juli zu 50 Prozent erlassen. Das entstehende Minus soll zur Hälfte vom Land NRW erstattet werden. Unter dem Strich rechnet die Stadt hier mit einer Haushaltsbelastung in Höhe von fast 241.200 Euro.

Die Kommunen in NRW haben die Möglichkeit, die coronabedingten Belastungen aus ihren Haushalten herauszurechnen und diese dann ab 2025 über einen Kredit mit einer Laufzeit von 50 Jahren zu finanzieren. Es handele sich dabei lediglich um eine Bilanzierungshilfe, eine kassenwirksame Unterstützung der Städte und Gemeinden sei durch das am 1. Oktober in Kraft getretene Gesetz zunächst nicht vorgesehen, urteilt Jürgen Hülser. Aus Sicht des Voerder Kämmerers gewährleistet weder dieses Gesetz noch das Gewerbesteuerausgleichsgesetz, das sich ausschließlich auf das Jahr 2020 beziehe, eine „nachhaltige und umfassende Unterstützung“ der Kommunen „in dieser auch haushaltstechnisch äußerst schwierigen Situation“.

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Dem Gesetzgeber müsse klar sein, dass sich die Auswirkungen im Gewerbesteueraufkommen „viel langfristiger entwickeln“. Das Gesetz, das die Isolierung coronabedingter Belastungen aus dem Haushalt ermöglicht, ist für Hülser deshalb keine effektive Hilfe, da es nur „kosmetische Maßnahmen“ im Zahlenwerk beinhalte, die dazu dienten, „unerwünschte kurzfristige Effekte“ zu Lasten der Zukunft zu vermeiden. Damit sind beispielsweise eine bilanzielle Überschuldung oder das Scheitern von Haushaltssicherungskonzepten – ein solches HSK wird seit Jahren auch von der Stadt Voerde gefahren – gemeint. Die Bilanzierungshilfe ersetze nicht die „dringend benötigte finanzielle Unterstützung der Kommunen durch Bund und Land“, betont Hülser.

Für ihn ist dies letztlich auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Die coronabedingten massiven wirtschaftlichen Folgen würden durch die Abschreibung über 50 Jahre ab 2025 „komplett in die Zukunft verlagert“.

>>Info: Pandemiebedingte Mehrausgaben

130.000 Euro an coronabedingten Mehrausgaben hat Voerde bislang für dieses Jahr unter dem Strich verbucht: Dabei handele es sich zum Beispiel um Aufwendungen für Desinfektionsmittel, Schutzmasken, Schutzkleidung, Schülerbeförderungskosten aufgrund Fahrten, um so die zeitgleiche Beförderung zu entzerren, erläutert Voerdes Kämmerer Jürgen Hülser.

Teilweise seien laufende Betriebskosten coronabedingt längerfristig erhöht worden, so etwa durch erweiterte Reinigungstätigkeiten in den Schulen. Dort werde es absehbar auch zu erhöhten Heiz- und Wasserkosten kommen, bedingt durch die Lüftungsvorgaben und die Handhygienemaßnahmen. Diese Mehraufwendungen ließen sich aber erst am Jahresende ermitteln.