Dinslaken. Der letzte Teil unserer Fragen an die Bürgermeisterkandidaten Eislöffel und Heidinger beschäftigt sich mit den Themen Lohberg und Migration.

Anja Hasenjürgen

Dinslaken hat sich vor einem Jahr zum „Sicheren Hafen“ für aus Seenot gerettete Geflüchtete erklärt. Aber Migration ist in Dinslaken nicht erst seit der großen Flüchtlingsbewegung seit 2015 ein wichtiges Thema. Ein Drittel der Menschen in Lohberg besitzt keine deutsche Staatsangehörigkeit. Das neue Integrierte Handlungskonzept für Lohberg zieht trotz jahrelanger Bemühungen eine ernüchternde Bilanz: Die Lage im Stadtteil sei „prekär“. Wir haben die Bürgermeisterkandidaten Michaela Eislöffel (parteilose Herausforderin) und Michael Heidinger (Amtsinhaber/SPD) um eine Bewertung gebeten – auch zum Sicheren Hafen.

Die Menschen in Lohberg haben mit Remzi Ugur erstmals einen Vertreter der AWG direkt gewählt, der sich ausdrücklich für die Belange von Bürgern mit Migrationshintergrund einsetzen will. Wurde der Stadtteil in den vergangenen Jahren vernachlässigt?

Heidinger: Dass der Stadtteil Lohberg in den vergangenen Jahren von der Stadt vernachlässigt worden sei, kann im Ernst niemand behaupten. Viele Millionen Fördermittel sind nach Lohberg geflossen, die Stadt hat sich unglaublich engagiert, im Stadtteil selbst und bei der Umwandlung des ehemaligen Zechengeländes. Richtig ist, dass viele Angebote vor Ort gebündelt und koordiniert werden müssen, daher brauchen wir schnell einen „Quartierskümmerer“ mit dem direkten Draht zu den Menschen in Lohberg.

Werden Sie als Dinslakener Bürgermeister Steuern erhöhen?

Eislöffel: Wir müssen in Lohberg lösungsorientiert planen und handeln und die Menschen vor Ort einbeziehen. Vorhandene Projekte und Maßnahmen müssen auf ihre Akzeptanz und Wirksamkeit hin überprüft werden. Wenn etwas gut funktioniert, sollten wir mehr davon machen! Wenn etwas nicht angenommen wird oder nicht zum Erfolg führt, müssen wir umschwenken auf andere Beispiele gelungener Integration und diese stärker in den Vordergrund stellen.

Vorhandene Angebote, der in Lohberg engagierten Dinslakener Träger müssen wir kommunal im Rahmen der Dinslakener Präventions- und Bildungskette besser vernetzen. So können wir Synergien nutzen und Parallelstrukturen vermeiden.

Wie wollen Sie die Bürger mit Migrationshintergrund erreichen?

Heidinger: Wir pflegen seit jeher einen vertrauensvollen Dialog mit den Vertretern der muslimischen und türkischen Verbände. Dieser Dialog ist seit Jahren die Grundlage für das nachbarschaftliche Miteinander der Menschen in Lohberg und im übrigen Stadtgebiet.

Einen stärkeren Handlungsbedarf sehe ich bei den Menschen, die erst vor Kurzem nach Dinslaken gekommen sind und nicht zur alteingesessenen türkischstämmigen Bevölkerung gehören. Das städtische Integrationskonzept fordert ausdrücklich, alle Menschen mit Migrationsgeschichte im gesamten Stadtgebiet in den Blick zu nehmen. Entscheidend ist hier, in den Dialog zu kommen und da besteht in der Tat Nachholbedarf. Gemeinsam mit den ehrenamtlich Engagierten in der Flüchtlingsbetreuung, in Vereinen und Kirchengemeinden müssen wir dafür sorgen, dass die Interessen dieser Mitbürgerinnen und Mitbürger mehr Gehör finden.

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Eislöffel: Wir müssen die Frauen fokussieren, hier ist viel kreatives Potenzial ungenutzt. Migrantinnenselbstorganisationen einbeziehen, auch die aus der Fliehburg. Wir müssen über Lohberg hinausdenken und beispielsweise die Menschen in der Fliehburg einbeziehen, die vorhandenen Ressourcen in den Kitas, Familienzentren, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen nutzen. Die vorhandene Expertise des Integrationsbeauftragten und des Integrationsrates müssen wir nutzen und mehr einbeziehen. Wir müssen dafür werben, dass auch die Wahlbeteiligung für den Integrationsrat höher sein muss.

Dinslaken hat sich im vergangenen Jahr zum „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklärt. War diese Entscheidung richtig?

Heidinger: Das war die absolut richtige Entscheidung. Und ich bin dankbar, dass der Rat diese Entscheidung so getroffen hat.

Eislöffel: Selbstverständlich! Wir haben in Dinslaken eine lebendige Willkommenskultur, viele ehrenamtliche Menschen engagieren sich in der Flüchtlingshilfe, wie z.B. im Flüchtlingsrat, im Förderverein der Fliehburg, in der Seebrücke und bereichern so unsere aktive Stadtgesellschaft mit ihrer Menschlichkeit. Die Demonstrationen zur Seenotrettung und gegen Rechts setzten hier deutliche Zeichen..

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