Dinslaken/Voerde. In Dinslaken und Voerde gibt es Probleme mit Ratten. Das sagen die Betroffenen. So gehen die Städte damit um.

Sie wollen keineswegs der Stadt Voerde Vorwürfe machen, das ist den Nachbarn am Hövelmannskath wichtig. Sie wollen auch nicht mit ihrem Namen in der Zeitung auftauchen. Aber sie wollen drauf aufmerksam machen, dass es in ihrer Gegend ein Problem gibt, mit dem sie sich allein gelassen fühlen: Seit Jahren kämpft die Nachbarschaft gegen Ratten an.

Die Gegend gepflegt zu nennen wäre untertrieben. Ein Rasensprenger beregnet englischen Rasen. Höchstens drei Zentimeter kurz, sattgrün. Kein Unkraut stört die Beete in den Baumscheiben, von den Vorgärten ganz zu schweigen. Hier würden keine Tiere gefüttert und ihren Kompost, den einzigen in der Nachbarschaft, habe sie vor Jahren abgeschafft, berichtet eine Anwohnerin. Wegen der Nager.

Das ist das Problem

Dass die Tiere aus den Vorgärten und Gärten dieser netten Nebenstraße in Voerde kommen, halten die Anwohner für unwahrscheinlich. Es handele sich um Wanderratten, die möglicherweise von den Bahngleisen kommen, auch die mitunter übervollen Mülltonnen der Mehrfamilienhäuser rund um den Teichacker würden möglicherweise Ratten anziehen. Ganz sicher aber sind sich die Nachbarn, dass die Tiere aus einem Gullydeckel an ihrer Straße kommen.

  Diese Ratte ist tagsüber am Hövelmannskath in Voerde in die Falle einer Anwohnerin gegangen.   
  Diese Ratte ist tagsüber am Hövelmannskath in Voerde in die Falle einer Anwohnerin gegangen.   © Privat

Bei allen Häusern rennen die Nager ganz ungeniert sogar tagsüber über die Terrassen. Der Nachbar aber, der direkt neben dem Gully wohnt, hat die meisten Probleme. „Ich habe schon den ganzen Vorgarten ausgegraben“, sagt er. Etwa einen halben Meter tief habe er das Grundstück ausgekoffert und dabei mehrere Rattengänge entdeckt, die bis unter sein Haus führen. Geholfen hat das nicht. Vor wenigen Tagen erst ist eine Ratte in einem Lüftungsschlitz seines Hauses verschwunden. Nun hat er das Loch vergittert.

„Auf Dauer ganz schön teuer“

Bis in die Dachdämmung ihres Hauses habe es eine Ratte geschafft, berichtet eine Frau angeekelt. Ihr Mann deponierte dort Köder, die – oder eine – Ratte biss an. „So groß war die“, zeigt die Frau und hält die Hände etwa 30 Zentimeter auseinander – ohne Schwanz. Die Preise für Rattenköder kennen die Nachbarn längst auswendig. „Das ist ganz schön teuer auf Dauer“, sagt eine Frau. Mehrmals hätten die Anwohner bei der Stadt Voerde angerufen.

Die Erste und Technische Beigeordnete der Stadt Voerde, Nicole Johann, versprach bei der Anfrage der NRZ sofortige Hilfe. Die Stadt schickte einen Schädlingsbekämpfer an den Hövelmannskath, der zugesagt hat, Köderfallen auszulegen.

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So sorgt die Stadt Voerde vor

Generell agiert die Stadt in Bezug auf Ratten „sehr strukturiert und konzeptionell im Sinne eines Vorsorgeprinzips“, so Nicole Johann. 30 Schwerpunkte wurden im Stadtgebiet registriert – unter anderem die Bahnhöfe, Marktplätze und Haus Voerde. Diese würden monatlich kontrolliert und dokumentiert, so die Dezernentin. „Wird über einen Zeitraum von drei Monaten keine Köderannahme registriert, werden die Köderboxen zurückgebaut“, so Nicole Johann. Außerdem erfolge eine vorsorgliche Kanalbelegung. Dabei wird das Kanalnetz zweimal im Jahr punktuell mit Ködern belegt – etwa jeder achte Kanalschacht sei belegt.

Bürgermeldungen werden abgearbeitet

Zusätzlich würden Bürgermeldungen, wie die am Hövelmannskath, aufgenommen und ebenfalls monatlich kontrolliert. So seien nicht nur am Hövelmannskath im Kreuzungsschacht Rühlskath und dem Kreuzungsschacht Friedrichsfelder Straße Köder ausgeleget worden, sondern auch im Eckschacht nördlich im Lohmannskath. 22 weitere Bürgermeldungen sind noch in Arbeit. „Wir tun meines Erachtens alles, um einer ‘Rattenplage’ vorzubeugen und dies bis dato recht erfolgreich“, meint Nicole Johann, fügt aber hinzu: „Ratten in einem Stadtgebiet sind allerdings immer ein Alltagsthema und dies nicht nur in Voerde.“

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Dinslaken: Problemhaus steht seit vielen Jahren leer

Auch in Dinslaken gibt es immer wieder einmal Probleme mit Ratten. Derzeit klagen Anwohner der Hünxer Straße über Nager, die aus einem verlassenen Haus dort kommen. Das Problem: Für Rattenbefall auf Privatgrundstücken fühlt sich die Stadt nicht zuständig.

Ratte lief Anwohnerin über den Fuß

Bevor Christel Siedek Müll wegbringt oder ihr Fahrrad aus dem Carport im gemeinsamen Innenhof der drei Häuser an der Hünxer Straße 214 bis 218 holt, macht sie immer erst Lärm. Sie rasselt mit dem Schlüsselbund oder klopft an etwas, damit die Ratten in die Löcher huschen. Das macht sie, seitdem ihr eine Ratte beim Holen des Fahrrads einmal über den Fuß gelaufen ist. In dem einen Nachbarhaus sei eine Ratte einmal aus der Toilette aufgetaucht, in dem anderen traut sich der Bewohner der Erdgeschosswohnung nicht mehr, die Fenster zu öffnen.

Das Haus an der Hünxer Straße ist seit vielen Jahren unbewohnt. Aus dem Kellergeschoss wächst ein Baum.   
Das Haus an der Hünxer Straße ist seit vielen Jahren unbewohnt. Aus dem Kellergeschoss wächst ein Baum.   © NRZ | aha

Als Quelle des Rattenbefalls haben sie das Mittelhaus, Nummer 216, ausgemacht. Seit etwa 20 Jahren stehe das Mehrfamilienhaus leer, schätzt Rotraud Riesch. Sie wohnt seit 42 Jahren nebenan. „Damals sah es hier nicht so aus“. Heute klaffen Löcher rund um den Abflussdeckel im Innenhof, aus dem Keller des leerstehenden Hauses scheint ein Baum zu wachsen. Ein Bauzaun sperrt das Loch drumherum ab, dahinter scheint eine Palette das Haus festzuhalten, am Zaun lehnt eine Tür. Die Regenrinne ist durchlöchert.

„Ratten sitzen auf dem Gullydeckel und sonnen sich“

Im Erdgeschoss war einst eine Pizzeria, erinnern sich die Nachbarn - das ist aber ewig her. Heute beulen sich die Fliesen auf der Fassade an der Straßenseite, die Scheiben sind von innen verklebt und von außen beschmiert. Klebeband dichtet die Briefkästen nur unzureichend ab. Die Ratten kommen aus den Löchern rund um den Abfluss und aus den Ritzen des Hauses, sagen die Nachbarn.

„Vorsicht Nagerbekämpfung“ warnen rote Aufkleber, die sich schon an den Seiten aufrollen. „Vor zwei Jahren hat der Besitzer, nach Angaben der Anwohner wohl ein Privatmann aus Düsseldorf, einmal Köderboxen aufstellen lassen“, sagt Christel Siedek und weist auf einen der alten Plastikbehälter, der an der Hauswand steht. Seitdem sei nichts mehr passiert. Manchmal, sagt Christel Siedek, „sitzen die Ratten auf dem Gullydeckel und sonnen sich.“

Die Stadtverwaltung, diese Auskunft hätten die Anwohner erhalten, sei nicht zuständig. Die Stadt hat auf NRZ-Nachfrage zugesagt, den Sachverhalt zu prüfen.

Das macht die Stadt Dinslaken gegen Ratten

Auch die Stadt Dinslaken geht systematisch gegen Ratten vor. Dafür wird das öffentliche Kanalnetz regelmäßig kontrolliert. Bei sichtbarem Befall, der durch Kot- und Laufspuren zu erkennen ist, werden Bekämpfungsmaßnahmen eingeleitet und in den Kanalschächten Giftköder ausgelegt. Deren Wirkstoff beeinflusst die Blutgerinnung, so dass die Ratten einige Tage nach der Aufnahme schmerzlos verenden, so die Stadt Dinslaken. Eine völlige Ausrottung des Bestandes sei dadurch nicht möglich. Bei Bedarf würden Wanderratten auch oberirdisch bekämpft. Dafür werden Rattenköder in gekennzeichnete Boxen ausgelegt, die keine Gefahr für Kinder oder andere Tiere darstellen. Schilder weisen darauf hin. Hier gibt es mehr Artikel aus Dinslaken, Hünxe und Voerde

Ratten seien „äußerst misstrauisch, deshalb wirken unsere Schädlingsbekämpfungsmittel oft sehr langsam und die Bekämpfung kann mehrere Wochen dauern“, so die Stadt. Für Menschen und Haustiere gehe von den Ködern keine Gefahr aus. Städtische Mitarbeiter haben den Lehrgang zum Erwerb der Sachkunde zum Bekämpfen von Ratten und Mäusen nach § 4 Tierschutzgesetz erfolgreich absolviert.

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