Dinslaken. Eheleute aus Dinslaken fürchten Rattenplage. Die Tiere kämen aus dem kaputten Dach des verlassenen Nachbarhauses. Die Stadt hat keine Handhabe.
Hans-Jürgen Fröbel und seine Frau Heike wohnen im Bruch. Gehobene Wohngegend. Einfamilien- und Doppelhäuser, gepflegte Vorgärten. Trotzdem leben sie in einem Alptraum. Eine Rattenplage bedrohe ihr Haus. Die Ratten kommen, so sagen die Fröbels und Videos scheinen das zu belegen, aus einem Loch im Dach der benachbarten Doppelhaushälfte. Seit Monaten schon. Das Haus sei verlassen, möglicherweise vermüllt, der Nachbar seit einem halben Jahr verschwunden. Möglicherweise ein Messie-Haus, sagen die Fröbels. Hans-Jürgen Fröbel hat den Kreisveterinär, die Stadt Dinslaken, den Bürgermeister um Hilfe gebeten. Am Ende antwortete ihm das Beschwerdemanagement der Stadt: Die Ratten seien sein privates Problem. Er solle sich an seinen – verschwundenen – Nachbarn wenden.
Abends fiepen und rascheln die Ratten in der Decke
Hans-Jürgen Fröbel hat mittlerweile alle Öffnungen nach draußen mit Kaninchendraht verschlossen. Trotzdem raschelt und fiept es nachts, wenn die Eheleute schlafen, über ihren Köpfen. „Die Ratten sind in den Dach-Zwischenraum vorgedrungen“, seufzt Hans-Jürgen Fröbel. An Schlaf sei bei dem „Krabbeln, Knabbern und Hüpfen in der gesamten Zwischendecke“ nicht zu denken. Auch der Balkon ist kein schöber Aufenthaltsort mehr, seitdem eine fette Ratte Heike Fröbel im Sommer aus der Dachrinne angeschaut hat. Die Fröbels haben auch Angst vor Gesundheitsgefahren.
Videos zeigen Ratten auf dem Nachbardach
Im Eingangsbereich des Nachbarhauses türmt sich Müll. Garten und Vorgarten sind verwildert, abgesägte Baumkronen liegen darin, die Rollläden werden langsam von Efeu erobert, ein Fenster in der oberen Etage soll kaputt sein. Am Dach sind mehrere Ziegel lose, in der Gaube sei wohl ein Loch. „Da kommen die Ratten raus“, sagt Jürgen Fröbel und zeigt mehrere Videos, die die Tiere an dem Loch zeigen.
Schädlingsbekämpfer: Ratte schaute aus dem Fenster
Die Fröbels haben einen Schädlingsbekämpfer engagiert. „Ich arbeite seit 20 Jahren als Schädlingsbekämpfer aber so etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt der Fachmann, der seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte. „Als ich vor dem Haus stand, hat sich im Nachbarhaus eine Gardine bewegt. Da hat eine Ratte aus dem Fenster geschaut“, berichtet er. Er habe daraufhin den Briefkastenschlitz angehoben – und ihm sei der Geruch von Müll und Ratten entgegen gekommen. Die Ursache für die Rattenpopulation liege im Nachbarhaus.
Fünf Köderboxen habe er ausgelegt – sie seien ruckzuck leer gewesen. Mehrmals. Fast jede Woche sei der Schädlingsbekämpfer vor Ort, so die Fröbels. Der Nachbar, dem die andere Haushälfte gehöre, sei bereits vor einem halben Jahr verschwunden. Schon zuvor hatten die Fröbels einmal bei der Stadt angefragt, ob der Mann möglicherweise Betreuung benötige. Unter anderem habe dieser nach einem Schicksalsschlag niemals seine Mülltonnen vor die Tür gestellt und nachts in seinem Wagen geschlafen.
Das sagt die Stadt Dinslaken
Die Stadt hat mit den Nachbarn an der Straße gesprochen. Niemand habe von Problemen mit Ratten gesprochen, sagt die Stadtverwaltung. zudem habe sich die Bauaufsicht das Dach des Nachbarhauses angesehen – von der Straße aus – und habe „keine Mängel feststellen“ können, „die einen Handlungsbedarf nach sich ziehen“. Auch der Schädlingsbekämpfer habe sich nur vage geäußert. Der Rattenbefall sei damit „auf Ihre Doppelhaushälften begrenzt. Eine Ausweitung und somit eine Gefährdung für die Allgemeinheit ist bisher nicht zu erkennen“, schrieb die Stadt den Eheleuten. Und riet ihnen, sich mit dem Nachbarn, einem Schiedsmann oder einem Anwalt in Kontakt zu setzen.
Stadt: „Keine massive Gefahr im Verzug“
Die Stadt, so erklärte Stadtsprecher Marcel Sturm, habe nach der Anfrage der NRZ Rattengift im Umfeld des Hauses ausgelegt. Die Verwaltung habe aber keine rechtliche Handhabe, das private Nachbargrundstück geschweige denn das Haus zu betreten. Solange keine „massive Gefahr im Verzug“ sei, dürfe und wolle die Stadt nicht eingreifen. Denn das würde die Freiheitsrechte des Nachbarn beschränken. Jeder Bürger habe das Recht sein Haus „intern verlottern zu lassen“. Es gebe in dem Bereich Ratten – aber kein „massives Rattenproblem“.
>>HINTERGRUND
Die Stadt bekämpft Ratten auf öffentlichem Grund und Boden. Im Kanalnetz werden bei sichtbarem Befall Giftköder ausgelegt. „Eine völlige Ausrottung des Bestandes ist dadurch nicht möglich“, so die Stadt. Bei Bedarf werden auch oberirdisch Köder in Boxen ausgelegt. Bei Befall auf Privatgrundstücken sollen Bürger selber eine Firma hinzuziehen. Weitere Infos der Stadt auf dinslaken.de/de/dienstleistungen/rattenbekaempfung