Dinslaken/Voerde/Hünxe. Schulleiter kritisieren Vorgaben: Weniger Lehrer müssten differenziertere Arbeit erledigen. In Voerde unterrichten vier Lehrer rund 90 Schüler.
Der am Donnerstag in NRW langsam wieder aufgenommene Schulbetrieb führt an einzelnen weiterführenden Schulen in Dinslaken, Voerde und Hünxe zu teils dramatischen Lehrerengpässen.
An der Ernst-Barlach-Gesamtschule (EBGS) dürfen zum Beispiel von insgesamt 136 Lehrern rund 50 nicht unterrichten, weil sie zur Risikogruppe gehören. Das sind rund 37 Prozent und damit mehr als im landesweiten Durchschnitt, der laut Auskunft des NRW-Schulministeriums bei rund einem Drittel liegt (die NRZ berichtete).
An der EBGS fallen derzeit vor allem viele Englischlehrer aus
An der Ernst-Barlach-Gesatschule (EBGS) ist der Lehrerengpass laut Schulleiter Hans-Ulrich Wangerin besonders im Fach Englisch hoch: Rund 50 Prozent der Kollegen seien wegen der derzeitigen Regelungen in den Klassenräumen nicht einsetzbar, sagt Wangerin.
„Diese Zahlen sind nicht zu kompensieren. Es stehen ja keine Lehrer zur Verfügung. Mit immer weniger Lehrern soll eine immer größere Differenzierung der Arbeit erfolgen? Das ist die Quadratur des Kreises. Ein Schulbetrieb ist unter solchen Bedingungen nicht aufrechtzuerhalten“, kritisiert er.
Realschule Voerde trafen die Vorgaben besonders hart
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Bernd Rolles, Realschulleiter in Voerde, trafen die Vorgaben der NRW-Landesregierung zum Schulstart besonders hart. An die Realschule mussten Donnerstag fast 90 Zehntklässler zurückkehren, weil für sie die Teilnahme am Unterricht bekanntlich verpflichtend ist. Da die Realschule zum Ende des Schuljahres ausläuft, ist der zehnte Jahrgang auch der letzte. Entsprechend klein ist mittlerweile also das Kollegium.
Von den neun Lehrern sind sechs über 60 Jahre alt und teilweise vorerkrankt, unterrichten also derzeit nicht. „Das bedeutet, mir stehen drei Kollegen zur Verfügung“, schildert der Realschulleiter. „Freundlicherweise“, so Rolles, habe er für die Zeit einen zusätzlichen Kollegen aus Oberhausen bekommen. Dennoch sagt er: „Mein Frust ist nicht in Worte zu fassen.“
Auch mit den vier Kollegen sei an einen annähernd normalen Schulbetrieb nicht zu denken. „Es läuft letztendlich auf überwiegende Beaufsichtigung der Schülergruppen, die die gestellten Aufgaben der nicht präsenzpflichtigen Fachkollegen bearbeiten, hinaus“, sagt Rolles.
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Für das Fach Englisch, das neben Deutsch und Mathematik an Realschulen vorerst vorrangig unterrichtet werden soll, weil die Realschüler hier nun dezentrale Abschlussprüfungen schreiben müssen, habe er derzeit nur eine Fachlehrerin vor Ort. Nicht nur sie, sondern auch die anderen drei Lehrer, kämen fortan mit allen acht Gruppen, also allen rund 90 Schülern, in Kontakt. „Welche Infektionsketten hier entstehen können, möchte ich mir gar nicht vorstellen“, sagt Bernd Rolles.
Der Realschulleiter kann nicht nachvollziehen, wieso die Landesregierung den Schulbesuch für Zehntklässler seit Donnerstag als verpflichtend ansieht, „wo doch die Zentrale Prüfung nicht stattfindet“, und an ihre Stelle eine durch die Schule zu erstellende Prüfungsarbeit treten wird. In Abstimmung mit seinen Kollegen habe er der Schulbehörde in Düsseldorf einen anderen Vorschlag unterbreitet, bei dem der Unterricht in Form von Schülersprechtagen organisiert worden wäre.
Sein Vorschlag sei allerdings abgelehnt worden, weil, so die Argumentation aus Düsseldorf, die Vergleichbarkeit der Abschlüsse dann nicht gegeben sei. „Was für ein Irrsinn“, sagt Bernd Rolles. „Aber macht ja nichts, die Schulleitungen und die Kollegen werden es schon richten, wie immer...“
Gesamtschule Hünxe kann Lehrerwegfall kompensieren – noch
An der Gesamtschule Hünxe können laut Schulleiter Klaus Ginter aktuell rund 20 der etwa 90 Lehrer nicht unterrichten. „Wir kriegen eine entsprechende Beschulung für die rund 150 Zehntklässler sowie 60 Abiturienten derzeit dennoch irgendwie hin“, sagt der Schulleiter. Ob das aber auch noch der Fall sei, wenn weitere Jahrgänge an die Schule zurückkehrten, bleibe abzuwarten.