Dinslaken/Voerde/Hünxe. Im Carpe Diem in Voerde erkrankte eine Pflegerin an Corona. Der Leiter der Einrichtung kritisiert die Behörden und fühlt sich im Stich gelassen.

Von einer gefährlichen Situation in den Altenheimen sprach NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in der vergangenen Woche und machte dies daran fest, dass in 151 stationären Pflegeheimen das Coronavirus festgestellt worden sei. Rund 1000 Menschen seien in Altenheimen infiziert. Auch in Voerde und Hünxe, wie eine Anfrage der NRZ ergab. Jedoch konnten nicht alle Seniorenheime erreicht werden.

Während die Awo-Häuser, die Hewag-Häuser, die Caritas sowie das St. Franziskus-Altenheim (Dinslaken) Entwarnung gaben (Stand Freitag, 17. April), gab es leider im Malteserstift St. Barbara in Hünxe zwei Covid-19-Fälle zu melden. „Von beiden Bewohnern, die positiv auf Covid-19 getestet wurden und in das Ev. Krankenhaus in Dinslaken eingewiesen wurden, ist eine Person seit dem 9. April zurück im Malteserstift und wohlauf.

Die andere Person ist ebenfalls am 9. April zurück in die Pflegeeinrichtung gekommen und wurde am 11. April erneut im Krankenhaus aufgenommen“, teilte Olga Jabs, Pressesprecherin der Malteser-Einrichtungen der NRZ per Mail mit. Die beiden positiv getesteten Bewohner wohnen in einem Wohnbereich. Der sei seit Vorliegen der Testergebnisse komplett isoliert worden.

Altenheim in Voerde: Positiver Test bei einer Pflegerin

Für alle Bewohner bedeute dies, dass sie sich nur in ihren Zimmern aufhalten dürften. Auch werde dieser Wohnbereich von einem festen Pflegeteam betreut, das keinerlei Zugang zu anderen Wohnbereichen hätte. Es sei rückwirkend nicht nachzuvollziehen, so Jabs, wie sich die Bewohner angesteckt hätten. „Da wir das Infektionsrisiko mindern wollen, gilt eine Ausgangssperre für die Bewohner des Malteserstiftes St. Barbara. Sie dürfen das Außengelände nicht verlassen“, berichtet die Pressesprecherin.

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Tief betrübt ist Carsten Wohlfart von Carpe Diem in Voerde über die Hilfe der Behörden. Erst im Juni 2019 hatte das Heim an der Bahnhofstraße eröffnet, 70 Bewohner leben dort. Er verzeichnet einen Corona-Fall – bei seinen Mitarbeitern. Eine Pflegerin sei inzwischen positiv getestet, alle anderen Kontakte aber seien negativ. Er kritisiert die fehlende Unterstützung der Behörden.

Carpe Diem: Bei den Mitarbeitern herrschte Angst

„Bei den Mitarbeitern, die Kontakt zur Pflegerin hatten, herrschte natürlich Angst. Es wäre gut gewesen, wenn sofort alle getestet worden wären, Bewohner sowie Pflegepersonal. Doch man teilte uns mit, dafür sei man vom Gesundheitsamt aus nicht zuständig, dafür müssten die Hausärzte sorgen.“ Einige Hausärzte hätten wohl Tests verordnet, andere nicht. „Ich hätte den Test für alle gern selber bezahlt, aber auch das war nicht möglich“, berichtet Wohlfart.

Masken sind zurzeit schwer zu bekommen.
Masken sind zurzeit schwer zu bekommen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Auch bei der Beschaffung von Schutzkleidung fühle er sich allein gelassen. „Wir waren als neues Haus recht gut aufgestellt, doch gerade FFFP2- und FFFP3-Masken sind schwer zu bekommen.“ Man vermeide Kontakt, wo es geht, Teamsitzungen sind ausgesetzt, auch Konferenzen finden nur noch digital statt, die Tagespflege und die Cafeteria sind längst geschlossen.

Am 11. April hätte er die Symptome seiner Mitarbeiterin gemeldet, erst am 16. April seien die vier Bewohner, die durch die Pflegerin betreut wurden, getestet worden. „Ich bin eigens über Ostern im Heim geblieben, weil ich dachte, das Gesundheitsamt schickt seine Mitarbeiter. Auf Nachfrage sagte man mir, es sei doch Ostern, da arbeite niemand.“ Carsten Wohlfart versteht diese Art der Krisenbewältigung nicht wirklich. „Schließlich bin ich es, der für die Sicherheit seiner Bewohner und Mitarbeiter verantwortlich ist.“

So wenig Kontakt wie möglich

Bislang coronafrei ist das Awo-Seniorenheim „Altes Rathaus“ in Voerde. „Bewohner mit Mundschutz dürfen spazieren gehen. Sie müssen sich allerdings ab- und anmelden. Wir setzen voraus, dass sich die Angehörigen nicht heimlich mit den Bewohnern des Heimes treffen“, berichtet Dagmar Bals, Leiterin des Seniorenheimes. Auch den Pflegekräften habe sie ans Herz gelegt, außerhalb des Arbeitsplatzes so wenige Kontakte wie möglich zu pflegen.

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So weit möglich gehe alles seinen geregelten Gang, die Kontaktsperre zu den Angehörigen könnten allerdings die Pflegekräfte nicht auffangen. „Ihre Angehörigen nicht sehen zu können, darunter leiden unsere Bewohner schon“, sagt Bals.

Inzwischen laufe der Kontakt hauptsächlich über Telefon und via Skype. Was fehlt sei Schutzkleidung. „Wir hatten den Noro-Virus in unserem Heim, da war der Vorrat an Masken fast erschöpft, als die Corona-Krise über uns hereinbrach“, erzählt die Heimleiterin. „Eine Großbestellung erreichte uns nicht. Da waren wir glücklich über die Community-Masken von Freunden und Privatpersonen.“ Jetzt laufe es mit den Bestellungen wieder.

Masken und Schutzkleidung für die Pflegekräfte

Schutzmaßnahmen der Pflegekräfte würden eingehalten, regelmäßig würden Masken und Schutzkleidung gewechselt. Alle Mitarbeiter seien eingehend aufgeklärt und sensibilisiert, sagen einheitlich die Einrichtungsleiter. Stefan Hambach vom Hewag-Seniorenstift in Hiesfeld gibt seinen Mitarbeitern sogar Desinfektionsmaterial und Handschuhe mit nach Hause. „Sie müssen sich auch dort schützen können, denn wir sind es, die den Virus ins Heim einschleppen können“, sagt Hambach.

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Für die zwölf Hewag-Stifte, darunter auch das Seniorenheim in Hünxe, kann er Entwarnung geben. „Mir ist von keinem Coronafall in einem unserer Häuser bekannt.“ Das könne auch fatal werden, denn „hier leben Menschen mit multiplen Vorerkrankungen“. Positiv Getestete kämen sofort ins Krankenhaus, Quarantäneräume stünden zur Verfügung. Ein Mitarbeiter sei für vier bis acht Bewohner zuständig und nur er hätte Kontakt.

Musikveranstaltungen im Innenhof

Coronafrei meldet auch Barbara Förster ihr Alfred-Delp-Haus in Dinslaken. „Wir halten uns an alle Vorgaben und nutzen alle Quellen, Schutzmaterial zu bekommen.“

Die Besuchsverbote seien für die Bewohner schrecklich, man versuche so viel Normalität wie möglich zu schaffen. Durch Musikveranstaltungen im Innenhof beispielsweise. Was bedeutet, der Musiker spielt im Hof, die Bewohner hören von ihren Balkonen aus zu. „Bis wir die Polizei im Haus hatten. Ein Nachbar hatte sie alarmiert, im Altenheim würden Corona-Partys gefeiert.“ Auch so etwas gibt es.

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