Dinslaken. Angstforscher Christian Lüdke erklärt, warum Zahlen der Kriminalitätsstatistik und das subjektive Sicherheitsgefühl oft nicht übereinstimmen.

Warum deckt sich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger oftmals nicht mit der polizeilichen Kriminalitätsstatistik? Warum haben viele das Gefühl, die Kriminalität würde immer weiter zunehmen, obwohl vielerorts das genaue Gegenteil der Fall ist? Darüber haben wir mit Angstforscher Christian Lüdke gesprochen.

1. Warum deckt sich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger oftmals nicht mit der polizeilichen Kriminalitätsstatistik?

Es gibt seit vielen Jahren Studien dazu. In Fachkreisen spricht man vom sogenannten Kriminalitätsparadoxon: Die meisten Menschen, die zum subjektiven Sicherheitsgefühl befragt wurden, wurden noch nie Opfer eines Verbrechens. Ihr Sicherheitsempfinden stützt sich deshalb einerseits auf Zeitungsberichte und andererseits auf ungeprüfte Erzählungen von Freunden oder Bekannten, die sich in der Realität womöglich ganz anders abgespielt haben.

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Dadurch verzerrt sich ihr Bild und es entsteht bei einigen eine Kriminalitätsfurcht, die sich mithilfe der Polizeistatistik nicht erklären lässt. Zudem koppeln Menschen Nachrichten oft mit ihrer eigenen Lebenswelt. Wenn ich also im Fernsehen sehe, dass eine Frau auf ein Gleis geschubst wurde, werde ich mich an meinem eigenen Bahnhof vermutlich auch unwohl fühlen, obwohl sich die Tat ganz woanders abgespielt hat.

2. Welche Orte gelten im Allgemeinen als „Angsträume“?

Da gibt es natürlich die Klassiker: Orte, die zum Beispiel dunkel oder nicht richtig beleuchtet sind, an denen sich fremde Personen aufhalten und die möglicherweise auch noch in Gruppen zusammenstehen. Die meisten Menschen bevorzugen helle, große, saubere Plätze – da fühlt man sich einfach sicherer und hat nicht den Eindruck eines Kontrollverlusts.

3. Warum haben viele Bürger das Gefühl, die Kriminalität würde immer weiter zunehmen, obwohl vielerorts das genaue Gegenteil der Fall ist?

Das hat auch etwas mit der Medienberichterstattung und den Sozialen Netzwerken zu tun. Deutschland gilt als eines der sichersten Länder der Welt. Aber wo es früher eine Schlagzeile gab, bekommen wir heutzutage viel mehr Bilder und Videos – teilweise sogar in Echtzeit.

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Sobald irgendwo auf der Welt etwas passiert, macht es Boom und aus allen Richtungen erhalten wir Push-Nachrichten – egal ob bei WhatsApp, Instagram oder Facebook. Die Bilder erzeugen starke Emotionen und die verstärken die eigenen Ängste. Wenn ich die gleiche Nachricht insgesamt 50 Mal erhalte, hat das einen anderen Effekt, als wenn ich nur eine kurze Schlagzeile lese.