Dinslaken/Voerde/Hünxe. In Dinslaken, Voerde, Hünxe gibt’s noch einige Fleischer. Sie finden aber immer schwerer Azubis. Dabei haben sich die Voraussetzungen geändert.

Fleischereien seien ein aussterbendes Handwerk – Supermärkte und Nachwuchsmangel machten den meisten Metzgereien zu schaffen, zudem würde nicht mehr so viel gekocht, Fast Food sei bei der heutigen Generation angesagt. Das beklagt die die Fleischerinnung Rhein-Ruhr, zu deren Mitglieder auch Dinslakener und Voerder Fleischereien gehören. Auch hier ist das ein Problem. Wir haben uns bei Metzgern umgehört.

Vier der in der Innung gelisteten Metzgerbetriebe, die Firma Dirk Caniels, Fritz Rockhoff, Thomas Mölleken und Ludwig und Heinz Engelbrecht, sind noch in Dinslaken vertreten, drei in Voerde, Arnd Rühl, Uwe Kampen und eine Filiale der Brüder Engelbrecht. Außerdem gibt es noch die Fleischerei Oberfohren in Dinslaken.

Die Metzgerei Vlaswinkel in Hünxe, im vergangenen Jahr von der Dorstener Metzgerei Josef Bellendorf als eine von mehreren Filialen übernommen, gehört einem anderen Verband an. Vlaswinkel hatte nach 15 Jahren seine Metzgerei aufgegeben, da der Nachwuchs fehlte. Aber auch der zunehmende Bau von Großmärkten in der Gemeinde Hünxe hätte ihn zur Aufgabe bewogen.

Lange Suche nach Azubis

Der Nachwuchsmangel bereite den Betrieben Schwierigkeiten, meint auch Dirk Caniels aus Dinslaken. „Als ich für den vor elf Jahren eingerichteten Naturhof Personal suchte, kamen 15 bis 20 Bewerber auf fünf Stellen. Heute suche ich bis zu einem Jahr nach Auszubildenden“, berichtet der Fleischermeister. Einen solchen Engpass habe er sich nicht vorstellen können.

Christel und Dirk Caniels haben die Dinslakener Fleischerei vor zwei Jahren um ein Bistro erweitert.
Christel und Dirk Caniels haben die Dinslakener Fleischerei vor zwei Jahren um ein Bistro erweitert. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Und die Denkweise mancher Jugendlicher „wenn du nichts anderes findest, wirst du halt Bäcker oder Metzger“, die funktioniere nicht mehr. „Auch in unseren Betrieben hat die Technik Einzug gehalten, auch bei uns muss der schulische Abschluss stimmen“, erzählt Dirk Caniels. Zum Glück habe sich jetzt seine Nichte entschlossen, das Handwerk eines Fleischers zu erlernen und ihren Meister zu machen.

Kunden legen Wert auf Qualität

Natürlich habe in der Vergangenheit auch der Discounter Kunden abgezogen. Doch es finde bereits wieder ein Umdenken statt. Der Grundsatz „Hauptsache billig“, finde immer weniger Gehör. Kunden legten heute vermehrt Wert auf gutes Fleisch. Sie fragen nach der Herkunft des Fleisches, wie es behandelt wird, wie die Tiertransporte aussehen. Das sei wieder wichtig geworden. „Da können wir punkten“, sagt Dirk Caniels.

Er kaufe bei Bauern aus der Region seine Tiere, fünf Kilometer Transport zur Schlachtung, das Fleisch sei in 15 Minuten in seinem Geschäft, besser ging’s kaum, für einen Betrieb, der nicht selbst schlachtet. Caniels lässt nun bei Rockhoff in Eppinghoven schlachten, der einzigen Schlachterei in der Gegend, die zudem mit den Tieren so human wie möglich umgeht, wie auch eine Kundin bestätigt. „Das ist unsere Philosophie“, erklärt Caniels.

90 Prozent seiner Fleischwaren stellt Dirk Caniels selber her, verkauft sie nicht nur an der Fleisch- und Wursttheke. „Davon hätten wir wirklich nicht überleben können“, sagt der Chef des Familienunternehmens. So hat er ein kleines Bistro eingerichtet an der Durchgangsstraße, an der auch das Geschäft liegt, die Filiale im Naturhof liegt ebenfalls günstig an einer Bundesstraße, zudem wurde ein Catering gegründet. Und außerdem, als weiteres Standbein, kommt noch die Verpflegung für Kindergärten und Schulen hinzu. Wenn nur nicht die Nachwuchskräfte fehlten.

Schlachterei vor Ort

In Dinslaken sehe es mit den Metzgereien an sich noch gut aus, meint Fritz Rockhoff, Ehrenobermeister der Fleischerinnung. In anderen Städten sei tatsächlich ein Schwund an Metzgereien zu verzeichnen. Fritz Rockhoff betreibt neben seinem Geschäft jene erwähnte Schlachterei, die einzige in der näheren Umgebung. Vor 20 Jahren habe er sie gebaut. „Die Tiertransporte wurden immer länger“, erzählt Rockhoff, „der Stress für die Tiere ist dabei zu hoch, das wollten wir vermeiden. Bei uns liegen die Tiere in der wohligen Ecke und schlafen, bis sie geschlachtet werden.“

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Der Transport dauere in der Regel 15 Minuten vom Bauernhof zur Schlachterei. Drei Auszubildende beschäftigt Fritz Rockhoff derzeit, aber „es könnten ruhig mehr sein“. Der Handwerksberuf sei bei den Jugendlichen nicht mehr beliebt, hier müssten sich die Rahmenbedingungen durch die Politik ändern. Und der Discounter? Der spielt für Rockhoff keine große Rolle. „Qualität setzt sich immer durch“, meint der Ehrenobermeister. Bei ihm im Geschäft liegt keine geschnittene Ware, weder Wurst noch Fleisch. Geschnitten wird erst, wenn der Kunde kommt. „Ich finde, dann ist die Qualität besser“, so Rockhoff.

Wandel bei Verbrauchern

Martina Rühl betreibt mit ihrem Mann Arnd in Voerde ihre Fleischerei mit zweitem Standbein, dem Imbiss und den Mittagstisch für fünf Kindergärten. Ohne das ginge es heute nicht mehr, auch wenn Martina Rühl einen Wandel bei den Verbrauchern sieht. „Es wird weniger Fleisch gegessen, aber wenn Fleisch gekauft wird, dann im Fachmarkt.“ Auch die Metzgerei Rühl stellt ihre Wurstwaren selber her, bezieht das Fleisch aus der Region. Nur ausbilden, das sparen sich Martina und Arnd Rühl. „Heute will kaum noch ein Schüler im Handwerk arbeiten.“

Auch in der Metzgerei Engelbrecht geht es noch hoch her. Noch sei von einem Negativtrend nichts zu spüren, sagt Heinz Engelbrecht. Aber auch er betreibt neben seiner Filiale in Friedrichsfeld noch einen Catering-Service, bietet jeden Tag einen Mittagstisch mit mehreren wechselnden Gerichten an, stellt sich regelmäßig Qualitätsprüfungen und passt sich den Kundenwünschen an.

>> HINTERGRUND

  • Die Nachwuchssorgen haben anderenorts schon zum Rückgang der Betriebe geführt. Laut Josef Grüneböhmer, Geschäftsführer der Fleischerinnung Rhein-Ruhr. Derzeit gehören der Innung 45 Betriebe aus Essen (13), Mülheim (9), Oberhausen (7) und dem Kreis Wesel (16) an. Anfang der 1990er-Jahre waren noch 150 Metzgereien in der Innung organisiert.
  • Dabei essen trotz Vegantrend die Bundesbürger laut Deutschem Fleischer-Verband (DFV) unverändert 60 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr. Doch viele kaufen nicht mehr beim Metzger sondern im Supermarkt oder Discounter.