Kreis Wesel/Hünxe. Umweltministerin lud Schäfer aus Hünxe und Wesel, Naturschützer und Kommunen zum Gespräch: Über Ergebnisse durften die Teilnehmer nicht sprechen.

Die Einladung kam kurzfristig und ohne Tagesordnung. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hat Schäfer und Naturschützer aus dem Kreis Wesel, Vertreter der betroffenen Kommunen, des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) und Juristen am Montagabend zum Gespräch geladen. Thema: der Wolf.

Worum es genau gehen soll, das wurde nicht mitgeteilt, sagt Maik Dünow. Der Sprecher der Berufsschäfer in NRW und Vorsitzender des Kreisschafzuchtvereins Wesel ist ebenso eingeladen wie der Hünxer Schäfer Kurt Opriel. Weil seine Weiden immer wieder von Wölfin Gloria heimgesucht werden hat er beantragt, den Wolf zum Abschuss freizugeben. Auf Nachfrage der NRZ teilt das Ministerium mit, dass es sich um ein „informelles“ Gespräch zum „Austausch und zur Meinungsbildung“ handele, so Christian Fronczak, Sprecher des Ministeriums. Das Gespräch fand hinter verschlossenen Türen statt. Über die Inhalte durften die Teilnehmer nicht sprechen. Die Stimmung sei aber „ganz ok“ gewesen, so Maik Dünow danach.

Opriel_klagt über Eindringlinge und Beschimpfungen

Seitdem Opriel den Antrag auf „Entnahme“ des Wolfs gestellt hat, ist die Situation eskaliert, berichtet er. Vor allem in den sozialen Medien würde er wüst beschimpft, zudem werde ihm unterstellt, er sei nicht in der Lage, einen Wolfsschutzzaun sachgerecht aufzubauen. „Das ist betriebsschädigend“, ärgert sich Opriel, der neben der Schafzucht auch Zäune vertreibt und einen handwerklichen Betrieb hat.

Zuletzt wurde an Heiligabend eines seiner Schaf an der Schwarzen Heide gerissen. Stunden später stand laut Opriel der Sonsbecker Wolfsexperte Jos de Bruin vor seiner Tür - „um mich zu bekehren“, so Opriel. Immer wieder würden Unbekannte seine Grundstücke betreten und um die Weiden herumlaufen. Mittlerweile hat Opriel eine zusätzliche Halle angemietet, damit er eine bestehende in einen Schafstall verwandeln und die Tiere unterbringen kann. Und er hat Kameras installiert, um Eindringlingen auf die Schliche zu kommen - menschlichen wie tierischen.

BUND schlägt Kameras an Opriels Weiden vor

Kameras schlugen am Montag auch der BUND NRW und die Kreisgruppe des BUND vor. Unter dem Titel „Gebt Gloria eine Chance“ sprechen sich die Naturschützer gegen die Erteilung einer Abschussgenehmigung aus. Der Europäische Gerichtshof schreibe vor einem Abschuss vor, Alternativen zu prüfen - eine sei die Vergrämung des Wolfes.

„Eine Videoüberwachung der Weide von Schäfer Opriel würde uns neue Erkenntnisse bringen, wie die Wölfin die Zäune überwindet. Gegebenenfalls tun sich Schwachstellen auf, die der Wolf nutzt und bisher nicht erkannt wurden“, so Angelika Eckel vom BUND Kreis Wesel. Die eigentliche Vergrämung könne durch unterschiedliche Maßnahmen erfolgen: Zaunverbesserungen durch vor dem eigentlichen Zaun gezogene Litzen etwa, die eine „Dreidimensionalität“ des Zaunes bewirken und den Sprung über den Zaun für den Wolf schwer einschätzbar machen, so dass er darauf verzichtet. Abschreckende Geruchsstoffe, elektrifiziertes Flatterband (TurboFladry) und eine Besenderung sowie der Einsatz von RAG (Radio Activated Guards), die in USA in Einzelfällen bereits erfolgreich eingesetzt wurden, seien weitere Möglichkeiten.

„Die Besenderung des Wolfes wäre eine wünschenswerte zusätzliche Maßnahme, um das Wolfsmonitoring wirksam zu unterstützen“, so Angelika Eckel. Seit Mitte November beobachte das Lanuv den Wolf verstärkt. Bislang sei die Bevölkerung aber lediglich aufgefordert worden, Wolfssichtungen und Auffälligkeiten zu melden, so Günther Rinke, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesel.

Nutztierhalter würden nicht genügend unterstützt

Er verweist zudem auf die Kosten, die ein Abschuss eines Wolfes verursachen kann. Der Leitwolf des Rodewalder Rudels entgeht seinen Häschern seit einem Jahr, die Jagd auf das Tier hat schon Kosten in Höhe von 83.000 Euro verursacht. „Was hätte man in der Region schon mit den bisher für diese erfolglose Jagd angefallenen Kosten von 83.000 Euro an Herdenschutzmaßnahmen finanzieren können?“, fragt Rinke. Die naturnahe Beweidung durch Schafe und Ziegen sei ein wichtiges Element des Landschafts- und Naturschutzes. Diese Praxis werde durch die Rückkehr der Wölfe auf eine harte Probe gestellt. „Auch wenn von Seiten der Politik schon einige Schritte zur Unterstützung der Schaf- und Ziegenhalter in die Wege geleitet wurden – insbesondere was Prävention und Schadensausgleich angeht – es fehlt immer noch eine tatkräftige Unterstützung beim Umgang mit Wolfsattacken, insbesondere im Wiederholungsfall“, so Angelika Eckel.

Lanuv will vermehrt Wildkameras aufstellen

Die Experten des Lanuv sind im Rahmen des intensivierten Monitorings tatsächlich aktuell auf der Suche nach Standorten für weitere Wildtierkameras, bestätigt Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann. Mit Hilfe der Aufnahmen lasse sich ein Bewegungsmuster der Wölfin rekonstruieren. Bei der Auswahl der geeigneten Standorte sei man auf die Mitarbeit der Fachleute vor Ort angewiesen – Jäger etwa, die die Wölfin von ihrem Hochsitz beobachten und denen im Wald Losungen oder Haarbüschel auffallen. Zudem gelte es bei der Wahl der Standorte den Datenschutz zu berücksichtigen. Weder im Privatwald noch auf Grundstücken könnten ohne weiteres Kameras installiert werden. Den BUND-Vorschlag selbst möchte Deitermann nicht kommentieren. Das sei eine Aufgabe der Monitoring-Experten.