Voerde. Am Rheindeich bei Voerde-Ork wird für die Gewässerquerung der Zeelink-Pipeline gearbeitet. Derweil warten Gegner auf Gerichtsverhandlungstermin.
Bagger sind seit einigen Tagen am Rheindeich bei Ork unterwegs, auf der anderen Seite des Flusses, vis-à-vis bei Rheinberg-Wallach wird ebenfalls gearbeitet. Es sind dies die Vorboten zur Realisierung eines Großprojektes, gegen das sich in der Bevölkerung Widerstand regt (siehe unten stehender Bericht). Auf ihrer insgesamt 216 Kilometer langen Trasse zwischen Lichtenbusch im Süden von Aachen und Legden im Münsterland quert die geplante Erdgasfernleitung „Zeelink“ auch Deutschlands größten Fluss – und zwar auf Rheinberger und Voerder Stadtgebiet.
Dafür wird ein Düker gebaut, wie im allgemeinen ein Rohrleitungsabschnitt bezeichnet wird, mit dem in offener Bauweise Gewässer unterquert würden, erklärt Andreas Lehmann, Sprecher von Open Grid Europe. Das Unternehmen mit Sitz in Essen wurde mit der Errichtung der Gaspipeline beauftragt, Vorhabenträgerin ist die Zeelink GmbH & Co. KG. Der Düker mit einer Länge von 565 Metern werde linksrheinisch in seiner finalen Form vorgefertigt und im Anschluss, auf einer Rollenbahn liegend, in einem Stück von einer Seilwinde auf der rechten Rheinseite durch den Fluss gezogen. Am Ende dieses Prozesses liege der Düker in einer „ausgebaggerten und wieder zugeschütteten Rinne etwa 3,50 Meter unter der Rheinsohle“, erklärt Lehmann weiter.
Was die Zeelink-Gegner der Pipeline vor allem umtreibt, ist die Sorge um die Sicherheit der Leitung – wobei sie auf andernorts bereits geschehene folgenschwere Unfälle mit Toten und Verletzten hinweisen. Auf die Frage, wie sichergestellt ist, dass die Gaspipeline nicht durch mögliche Schiffshavarien oder durch andere, durch Schiffe verursachte äußere Einflüsse auf dem Fluss Schaden nimmt, beruft sich Open Grid Europe einmal mehr auf die in dem Fall geltenden technischen Regelwerke des DVGW, des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches.
Binnenschiffahrt soll durch Schild auf Düker hingewiesen werden
Darüber hinaus verweist das Unternehmen auf die Vorgaben der Genehmigungsbehörde, sprich der Bezirksregierung Düsseldorf, der Unteren Naturschutzbehörde (Kreis Wesel) sowie des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Duisburg. Auch führt Open Grid Europe ins Feld, dass es „neben dem normalen Eigenschutz der Pipeline aufgrund des Stahls“ bei dem Düker „einen zusätzlichen mechanischen Schutz durch einen 200 Millimeter dicken Betonmantel geben“ werde. Sprecher Andreas Lehmann weiter: „Die Binnenschifffahrt wird durch ein eindeutiges Hinweisschild ,Düker’ auf diesen hingewiesen. Zudem liegt der Düker zirka 3,50 Meter unter der Rheinsohle zum Schutz vor Notankerwürfen.“
Gegen Hochwasser sei die Gaspipeline aufgrund ihrer Tiefenlage im Rheinvorland und im Rhein geschützt. Die Auftriebssicherheit sei dabei berücksichtigt worden, erklärt der Sprecher von Open Grid Europe. Die Leitung sei so geplant worden und werde so gebaut, „dass sie auch bei Hochwasser sicher betrieben werden kann“. Dieses beinhalte auch den Nachweis gegen Auftrieb.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat es der Vorhabenträgerin zur Vorgabe gemacht, die Erdgasfernleitung im Bereich des Deiches in offener Bauweise zu verlegen und den Deich nicht, wie ursprünglich geplant, im Bohr- und Pressverfahren zu unterfahren. Die Deiche würden im Bereich des geplanten Rohrgrabens geöffnet und dann die Pipeline dort verlegt. „Anschließend werden die Deiche wieder, gemäß den Vorgaben der Deichverbände, fachmännisch geschlossen“, erklärt Lehmann das Prozedere.
Rainer Rehbein, Sprecher der Initiative „Zeelink – nein danke!“, stellt die Frage in den Raum, inwieweit bei den Planungen zu der Erdgasfernleitung, deren Inbetriebnahme für März 2021 vorgesehen ist, das Vorhaben der Rheinvertiefung eingeflossen ist. Der Sprecher von Open Grid Europe konnte dazu auf erneute, am Freitagmittag erfolgte Anfrage der NRZ keine Antwort geben, da die dafür im eigenen Hause zuständigen Ansprechpartner zu dem Zeitpunkt ihm zufolge nicht mehr erreichbar waren. Lehmann stellte eine Antwort dazu wie auch zu weiteren Nachfragen der Redaktion in Aussicht.
Initiative „Zeelink – nein danke!“ hat Klage eingereicht
Während am Rhein bei Voerde-Ork bereits für die umstrittene Erdgasfernleitung Zeelink gebaggert wird, steht unter anderem die Klage von „Zeelink – nein danke!“ im Raum. Die Initiative geht gegen die von der Bezirksregierung Düsseldorf erlassene Genehmigung für den Bau der Pipeline den Rechtsweg. Noch gibt es keinen Termin für die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, wie Rainer Rehbein, Sprecher der Initiative, am Freitag auf Anfrage der NRZ erklärte. Für das Verfahren sei ein neu gebildeter Senat zuständig. Nach Einschätzung Rehbeins könnte dies für die Initiative zunächst einmal positiv sein. Im Falle einer anderen Pipeline sei das durch den damals zuständigen Senat gesprochene Urteil für die Kläger negativ ausgegangen.
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Rehbein gibt sich zuversichtlich, dass die Initiative vor Gericht erfolgreich sein wird. „Wir sind der Ansicht, dass die Genehmigungsbehörde nicht ausreichend geprüft hat.“ Die Bezirksregierung Düsseldorf sei überhaupt nicht in die Tiefe gegangen, habe das von der Firma Zeelink vorgelegte und „extrem fragwürdige“ Sicherheitsgutachten nicht hinterfragt – wie auch nicht die Sinnhaftigkeit des gesamten Projektes. „Wir haben eine Überversorgung mit Gas“, sagt Rehbein, schon die Pipeline „Nordstream 2“ sei überflüssig. Der Genehmigungsbehörde wirft er vor, das Vorhaben einfach durchgewunken zu haben.
Bei ihrer Klage konzentriert sich die Initiative „Zeelink – nein danke!“ auf einen einzelnen Betroffenen aus Drevenack, über dessen Grundstück und an dessen Haus vorbei die geplante Erdgasfernleitung verlaufen soll. Die meisten ihrer Mitstreiter kommen aus Voerde und Hünxe, erklärt Rehbein, doch berate die Initiative auch viele andere Leute entlang der Trasse.