Voerde/Hünxe. . Die Bezirksregierung Düsseldorf weist im Planfeststellungsbeschluss zum Bau der Gaspipeline Sicherheitsbedenken aus Voerde und Hünxe zurück.
Am Montag gab es die letzte Möglichkeit, in den Rathäusern der betroffenen Städte und Gemeinden und auf der Webseite der Bezirksregierung Düsseldorf deren Planfeststellungsbeschluss, ergo Baugenehmigung für die umstrittene Erdgasfernleitung Zeelink einzusehen. Vorhabenträgerin ist die Zeelink GmbH & Co. KG, mit dem Bau beauftragt wurde die Open Grid Europe GmbH. Bis Anfang nächsten Monats – die Frist endet am 4. März – bleibt nun Zeit, gegen die Entscheidung der Behörde zu klagen.
Das mehr als 520 Seiten starke Papier (hinzu kommen weitere Unterlagen) stößt bei der in Hünxe entstandenen und unter anderem auch in Voerde aktiven Initiative „Nein zur Zeelink-Pipeline durch unser Dorf“ auf scharfe Kritik. In ihren Augen ist der Planfeststellungsbeschluss ein „Dokument der Unfähigkeit“ und liest sich, als sei dieser vollständig von der Firma Zeelink verfasst worden. Die Bezirksregierung habe sich an „keiner erkennbaren Stelle“ eigene Gedanken gemacht, sich eine eigene Meinung gebildet, lautet der Vorwurf.
Behörde verweis auf Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Der zentrale Punkt, der die Gegner der Gaspipeline umtreibt, ist die Sorge um die Sicherheit der Leitung. Die dazu im Planfeststellungsverfahren angebrachten Bedenken weist die Bezirksregierung in ihrer Entscheidung zurück. Die Behörde bewertet das Vorhaben „unter Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an Gashochdruckleitungen“ und der „Auflagen aus diesem Planfeststellungsbeschluss“ als mit „den Belangen der öffentlichen Sicherheit vereinbar“. Dabei beruft sie sich auch auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster aus 2017, das das deutsche Regelungskonzept zur Gewährleistung der Sicherheit von Gashochdruckleitungen „als ausreichend bestätigt“.
Seitens der Pipeline-Gegner wird indes argumentiert, dass es bereits „reihenweise Katastrophen“ an Gaspipelines gegeben habe und Korrosion, Materialfehler und Beschädigungen von außen die häufigsten Fehler seien. Sie verweisen unter anderem auf einen Forschungsbericht der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung von 2009.
Gegner fordern Mindestabstand zu Wohnsiedlungen
Die von der Zeelink-Initiative im Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Sicherheit und für den möglichen Havariefall geforderte Einhaltung eines Mindestabstands der Trasse von 300 Metern zu Wohnsiedlungen – teils verläuft die Leitung weit unter 100 Meter von Häusern entfernt – findet im Planfeststellungsbeschluss ebenfalls keinen Niederschlag. Die Bezirksregierung weist auch hier auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster hin, das die Einhaltung von Mindestabständen zu bebauten Gebieten nicht für erforderlich halte, „um die Sicherheit und den Schutz von Mensch und Umwelt zu gewährleisten“. Das Gericht seinerseits beruft sich auf das „gasbranchenspezifische“ Regelwerk des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Dort finde die Forderung nach der Einhaltung bestimmter Abstände zu bebauten Gebieten oder nach der Meidung solcher Gebiete „keine Stütze“.
Auch zieht die Bezirksregierung einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg aus 2011 für ihre Argumentation heran: Das VGH stellt fest, dass das Regelwerk primär darauf ausgerichtet sei, „schwerwiegende Gefahren erst gar nicht entstehen zu lassen, die von dem transportierten Stoff ausgehen können, wenn dieser freigesetzt wird, in Brand gerät oder explodiert“. Die Pipeline selbst müsse so sicher gebaut werden, dass es „bei ihrem Betrieb nach Maßgabe der vorhandenen technischen Erkenntnisse mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schon gar nicht zu Unfällen oder Gefahren kommen kann“. Geringe oder fehlende Abstände zu Schutzobjekten würden durch eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen – dazu gehörten etwa die Überdeckung der Gaspipeline, die Werkstoffauswahl für Rohre und Rohrleitungsteile, passiver und aktiver Korrosionsschutz, Stress- und Dichtigkeitsprüfen nach Bau der Leitung – kompensiert.
Bezirksregierung widerspricht Zweifeln an Bedarf
Auch Zweifel aus den Reihen der Pipeline-Gegner an der Notwendigkeit, die Gasleitung überhaupt zu bauen – es gebe keinen Versorgungsengpass, es sei genügend Gas da, so die Argumentation – weist die Bezirksregierung im Planfeststellungsbeschluss zurück. Für den Netzausbau bestehe ein energiewirtschaftlicher Bedarf, das Vorhaben sei aus „vernünftigen Gründen des Allgemeinwohls geboten“. Nur durch den Bau der Erdgasfernleitung Zeelink könne der Energiebedarf für die Umstellung der heute noch mit L-Gas (low calorific gas) versorgten Gebiete auf H-Gas (high calorific gas, höherer Methangehalt) gedeckt werden.
Der Ruf aus den Reihen der Landwirtschaft nach einer alternativen Trassenführung der Pipeline durch den Dämmerwald – ausdrücklich nicht unterstützt von der Initiative gegen Zeelink – wird von der Bezirksregierung abgelehnt. Diese Variante stelle wegen der in dem Bereich vorhandenen, „vielfältig unter Schutz gestellten, ökologischen Strukturen keine konfliktärmere Alternative“ zur beantragten Trasse dar. Die Vorhabenträgerin habe eine solche Lösung bereits nach dem Ergebnis des Raumordnungsverfahrens zu Recht nicht mehr näher betrachtet.
Behörde sieht kein städtebauliches Hemmnis
Im Planfeststellungsverfahren zum Bau der Gaspipeline wurden auch Bedenken gegen die Inanspruchnahme oder Betroffenheit privater Grundstücke durch das Vorhaben angemeldet – und von der Bezirksregierung Düsseldorf zurückgewiesen. Auch wurden Sorgen um wegfallende Vermarktungsmöglichkeiten nach Realisierung der Trasse im Gebiet Nelkenstraße in Drevenack laut. Dadurch, so die Befürchtung, könnten eine Ausdehnung der Infrastruktur des Hünxer Ortsteils und weitere Investitionen dort fraglich sein.
Eine weitere Einwendung betrifft ebenfalls die städtebauliche Erweiterungsmöglichkeit Drevenacks. Diese sei nach Süd und Ost durch andere Faktoren nicht möglich und würde durch die Zeelink-Trasse räumlich in jeder weiteren Richtung und Hinsicht verhindert, lautet der Einwand. Die Bezirksregierung nimmt Bezug auf die Argumentation der Firma, die das Vorhaben realisieren will: Eine Bebauung könne bis auf fünf Meter an die Rohrleitung heranrücken. Die Bedenken, dass sich der Ortsteil aufgrund der Erdgasfernleitung und des Schutzstreifens nicht weiter entwickeln könne, teile sie nicht, erklärt die Firma. Die Bezirksregierung schließt sich deren Auffassung an. Für eine „nachhaltige Störung“ der städtebaulichen Entwicklung sehe sie keine Anhaltspunkte.
Bezirksregierung: Kleinräumige Trassenveränderungen
Die Planänderungen, die von der Bezirksregierung aufgrund der im Planfeststellungsverfahren vorgebrachten Stellungnahmen und Einwendungen vorgenommen wurden, beinhalten ihren eigenen Angaben zufolge unter anderem „kleinräumige“ Trassenveränderungen, die Verlegung von Baustellenzufahrten und Rohrlagerplätzen, die Anpassung von Arbeitsstreifen oder die Aktualisierung der naturschutzfachlichen Unterlagen.