Voerde. . Anwohner der Betuwe-Strecke sorgen aus Not selbst für ihren Lärmschutz an der Bahnlinie. Im Herbst 2017 soll das Bauprojekt fertig sein.
- Anwohner der Betuwe-Strecke sorgen aus der Not heraus selbst für ihren Lärmschutz an der Bahnlinie
- Auf 600 Metern Länge entsteht statt einer Lärmschutzwand ein Bollwerk aus Erdmaterial
- Im Herbst 2017soll das privat initiierte Bauprojekt fertig gestellt sein
Wenn Henning Kapp an den Lärmschutzwall denkt, der auf private Initiative entlang der Betuwe-Bahn-Strecke entsteht, beschleicht ihn ein zwiespältiges Gefühl: Einerseits ist der Anwohner der Grenzstraße „stolz“ darauf, dass die Nachbarschaft zusammenhält und durch ihr Zutun den Bau überhaupt erst ermöglicht, andererseits „sind wir nicht stolz darauf, dass wir das Verursacherprinzip umkehren“.
Nur ein Erdwall schützt gegen den Lärm
Damit benennt Kapp den Ausgangspunkt, warum sich insgesamt 20 Haushalte an der Finanzierung des privaten Bollwerks gegen den Bahnlärm beteiligen, der südlich etwa in Höhe der Straße „Im Hörsken“ beginnt und ein gutes Stück hinter dem Bahnübergang Grenzstraße endet. Realisiert werden kann das Projekt auch nur, weil vier Privatbesitzer, darunter Henning Kapp, eigene Flächen zur Verfügung gestellt haben.
Ohne den Erdwall hätten die Betroffenen keinen Schutz gegen den Lärm, der von vorbeifahrenden Zügen, insbesondere Güterzügen, ausgeht, denn die Deutsche Bahn will im Zuge des geplanten dreigleisigen Ausbaus der Betuwe-Strecke auf der östlichen Seite der Trasse keine Lärmschutzwand errichten, wie sie es auf der westlichen Seite beabsichtigt. Begründung: Auf dem besagten Abschnitt östlich der Strecke würden zu wenige Menschen wohnen und daher sei der Bau einer Lärmschutzwand dort unwirtschaftlich.
Anwohner kritisiert Umkehr des Verursacherprinzips
Für Henning Kapp ist das kein Argument, schließlich sei es erwiesen, dass Lärm krank mache. Dass die Anwohner die Sache selbst haben in die Hand nehmen müssen, obwohl sie nicht Verursacher sind, ist aus seiner Sicht kein „Ruhmesblatt für unsere Demokratie“. Dank des „besonderen Geschäftsmodells“ sei es für sie die „sicherere Variante“, als sich mit der Bahn „in einen langen Rechtsstreit zu begeben“.
Der Bau des privaten Lärmschutzwalls hat 2014 begonnen. Die Langenfurth Umwelt GmbH liefert dafür sukzessive das Material. Die Massen stammen von Baustellen, auf denen die in Spellen ansässige Firma arbeitet. Der Erdaushub muss bestimmte Vorgaben erfüllen, die wiederum bei der Unteren Wasserbehörde nachgewiesen werden müssen, wie Geschäftsführer Jan Langenfurth erläutert.
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Da die passenden Böden nicht immer verfügbar sind, ist der Wallbau auf längere Zeit ausgelegt. Ein Teil der Kosten für das Projekt ist dadurch refinanziert, dass die Firma für die Böden aus ihren Baustellen, die sie an der Bahnstrecke verarbeitet, keine Kippgebühren zahlen muss, die bei deren Entsorgung ansonsten anfallen.
Die Hauptmassen sind laut Langenfurth an den Einsatzort gebracht: 30.000 Kubikmeter Erdaushub würden insgesamt verarbeitet. Die Firma wartet auf eine längere Trockenphase, um weitermachen zu können. Spätestens im Sommer 2017 soll der Wall ausmodelliert sein und im Herbst bepflanzt werden.
Lückenschluss im Bereich des Bahnübergangs erhofft
Das Bauwerk ist um die sieben Meter hoch und etwa 600 Meter lang. Im Bereich des Bahnübergangs Grenzstraße wird das private Bollwerk gegen den Bahnlärm auf rund 80 Metern unterbrochen. Die Anwohner hoffen, dass die Bahn die Lücke mit einer Lärmschutzwand schließen wird. Das Verkehrsunternehmen habe ihm gegenüber erklärt, den auf etwa 100 Metern erforderlichen Lückenschluss dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA), das am Ende entscheidet, zu empfehlen, erklärt Henning Kapp. Er baut darauf, dass das EBA die „Eigeninitiative“ der Anwohner anerkennt.