Wesel. Lange verletzter Innenverteidiger, der vom 1. FC Bocholt kommt, will über Spielpraxis zu alter Stärke gelangen und freut sich auf den PSV Wesel.

Das Freundschaftsspiel beim FC Schalke 04 hat Appetit gemacht. Die Fußballer des PSV Lackhausen sind heiß auf die neue Landesliga-Saison. In acht Tagen bittet Trainer Björn Assfelder seine Schützlinge zur ersten Übungseinheit der Vorbereitung. Nun sind die fordernden Wochen vor dem Beginn der Meisterschaft nicht zwingend die beliebtesten bei den Akteuren, doch einer brennt richtig auf den Start. Für Philipp Divis, den einzigen Neuzugang am Molkereiweg, der noch nie das Trikot der Postsportler getragen hat, ist der Auftakt am 11. Juli nach langer Leidenszeit ein kompletter Neuanfang. „Und da habe ich jetzt richtig Bock drauf“, sagt der Innenverteidiger, der vom Oberligisten 1. FC Bocholt kommt.

Schon mehrfach in Wesel mittrainiert

Völlig fremd ist Divis die neue Umgebung nicht mehr. Einige Male schon hat der 22-Jährige in den vergangenen Wochen bei den lockeren Trainingsabenden des Landesligisten mitgewirkt. Das erste Fazit fällt dabei sehr positiv aus: „Das sind alles coole Jungs und viele richtig gute Kicker. Es scheint auch einen sehr großen Teamgeist zu geben. Das ist natürlich wichtig, wenn du etwas erreichen möchtest.“ Etwas erreichen, das möchte Philipp Divis auf jeden Fall – mit seiner neuen Mannschaft, aber auch für sich persönlich.

Beim RSV Praest angefangen

Die Geschichte von Philipp Divis beginnt im Emmericher Ortsteil Praest. Hier auf dem Dorf, in dem er aufwächst, beginnt er als kleiner Steppke beim RSV mit dem Fußball. In der D-Jugend geht’s schließlich zum größeren 1. FC Bocholt, dem er lange die Treue hält. Dass er es am Hünting sogar in die erste Mannschaft, ein Oberliga-Spitzenteam mit großen Ambitionen, schafft, ist nicht selbstverständlich. Schließlich spielt er mit seinen Jugendmannschaften nie ganz oben mit, mal in der Niederrheinliga, mal in der Leistungsklasse. Doch Divis verfügt über eine hohe Eigenmotivation und nimmt die Herausforderung an. Über viele Einsätze in der zweiten Bocholter Mannschaft holt sich der Emmericher die nötige Spielpraxis und Wettkampfhärte bei den Erwachsenen, gewöhnt sich immer besser an die deutlich größere Körperlichkeit.

In Bocholt auf dem Weg zum Leistungsträger

Irgendwann kommt dann auch Manuel Jara, der damalige Coach des Oberliga-Teams, nicht mehr an Divis vorbei. Der 1,86 Meter große und 85 Kilogramm schwere Abwehrspieler ist als eines von ganz wenigen Bocholter Eigengewächsen auf dem Weg zur Stammkraft und zum Leistungsträger.

Philipp Divis war bis zu seinem Kreuzbandriss in Bocholt auf einem richtig guten Weg.
Philipp Divis war bis zu seinem Kreuzbandriss in Bocholt auf einem richtig guten Weg. © FFS | Foto: Thorsten Tillmann

Doch dann beginnt der Leidensweg des jungen Fußballers. Die Verletzungen häufen sich. Los geht es mit einem Außenbandriss, den er sich im Oktober 2018 im Niederrheinpokal gegen den Wuppertaler SV zuzieht. Noch keine allzu große Sache, doch nach seiner Genesung zieht sich Divis gleich zweimal eine Gehirnerschütterung zu. Eine Entzündung im Fuß verdammt ihn ebenfalls für längere Zeit zur Untätigkeit.

In Ratingen erleidet Divis einen Kreuzbandriss

Und dann kommt es richtig knüppeldick. Im Meisterschaftsspiel bei Germania Ratingen im November 2019 verdreht sich Divis bei einem harmlos erscheinenden Zweikampf das Knie. Der Praester hat gleich „ein komisches Gefühl“, aber nur wenig Schmerzen und geht noch einmal auf den Platz. „Dann bin ich bei einer Aktion auf meinen Gegenspieler zugelaufen und einfach so komplett weggeknickt. Da war überhaupt keine Stabilität mehr im Knie“, erzählt der PSV-Neuzugang. Die schlimmsten Befürchtungen bestätigen sich schließlich nach einigem Hin und Her: Kreuzbandriss!

In der Ausbildung

edvnEine sportliche Luftveränderung steht ihm nun bevor, beruflich hat sich Philipp Divis schon vor längerer Zeit neu orientiert. Im Herbst 2018 hatte der Praester in Bochum ein Studium der Sportwissenschaft aufgenommen und war mit seiner Freundin dann auch gleich ins Ruhrgebiet gezogen. Mittlerweile aber ist der 22-Jährige aber wieder zurück am Niederrhein und befindet sich in Goch bereits im zweiten Jahr seiner Ausbildung zum Krankenpfleger. Neben dem Fußball trifft er sich gern mit Freunden und macht etwas Krafttraining.

Von seinem Elternhaus in Praest ist der Verteidiger mit dem Auto meist eine knappe halbe Stunde bis zur Platzanlage am Weseler Molkereiweg unterwegs. In Richtung Bocholter Hünting war die Fahrtzeit für ihn ähnlich lang.

Die lange Reha meistert er mit Erfolg, steigt voll ins Mannschaftstraining ein und läuft im Herbst 2020 sogar einmal wieder für die Bocholter Reserve gegen Vrasselt auf. Dann wird die Saison wegen der Corona-Pandemie gleich wieder abgebrochen. Der 22-Jährige ist also seit fast zwei Jahren praktisch ohne Spielpraxis.

Bocholt ruft nochmal an

Und da kommt der PSV Lackhausen ins Spiel. Die Weseler erkundigen sich in Bocholt nach der Möglichkeit, den Spieler „auszuleihen“, die Verantwortlichen beim 1. FC und Divis selbst hören sich alles an („Die Idee fand ich total gut“) und sind einverstanden. „Dann hat mich auf einmal Bocholt angerufen und gesagt, dass sie mich doch lieber behalten wollten“, erzählt Divis. Einerseits habe ihn das Interesse des Vereins, der unbedingt hoch in die Regionalliga will und sich dafür auch bereits namhaft verstärkt hat, natürlich gefreut: „Aber ich habe für mich entschieden, dass ich unbedingt bei meiner Zusage in Lackhausen bleiben will. Das fühlt sich für mich einfach richtig an. Auf den ersten Blick mag es wie ein Schritt zurück wirken, aber ich glaube eher, dass es zwei nach vorne sein können“, sagt der Emmericher.

In Bocholt hätte die Bank gedroht

Beim ambitionierten FC hätte Divis nach zwei Jahren Pause wohl erst einmal die Bank gedrückt. In Lackhausen ist die Chance auf Einsätze größer, und genau die braucht der junge Verteidiger nach seiner langen Spielfeld-Abstinenz natürlich. „Ich fand außerdem, dass es nach den vielen Jahren in Bocholt einfach mal an der Zeit war, etwas neues auszuprobieren“, sagt der Weseler Neuzugang. Für sich selbst hofft Philipp Divis nun vor allem auf eins: eine verletzungsfreie Saison, in der er im neuen Umfeld wieder zu alter Stärke zurückfinden kann. Und am liebsten möchte er mit dem PSV in der Landesliga auch ganz oben mitmischen. „Ich habe schon mitbekommen, dass die Jungs in der letzten Saison in der Spitzengruppe dabei waren. Warum soll man sich dann jetzt nicht den Aufstieg zum Ziel setzen?“, fragt Divis.

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Es würde seinen hervorstechendsten Tugenden, Einsatzbereitschaft und Ehrgeiz, wohl auch widersprechen, wenn er diese Frage nicht stellen würde. Trainer Björn Assfelder, der zuletzt mit einigen Transfers insbesondere daran gearbeitet hat, seiner Mannschaft eine noch größere Siegermentalität einzuimpfen, wird es gerne hören.