Mülheim. Crossgolf heißt das, was Carsten Stückmann da macht. Warum er normales Golf schrecklich findet und sich „unbekanntester Nationalspieler im Ruhrgebiet“ nennt.
- Seit zehn Jahren spielt Carsten Stückmann Crossgolf. Bei diese Variante des Golfs, wird nicht auf dem Rasen eines Golfplatzes gespielt, sondern mitten in der Stadt. Hindernisse sind z.B. Parkbänke, das „Loch“ ein Verkehrsschild.
- Für Stückmann ist das die wesentlich spannendere Variante des Sports – keine Formalitäten und hohe Kosten, um auf einem Golfplatz spielen zu dürfen, und er kann sich die Bahnen kreativ selbst gestalten.
- Bei einem Wettbewerb qualifizierte er sich Ende September für die deutsche Crossgolf-Nationalmannschaft, mit der er 2025 bei der EM in Frankreich antritt. Im Ruhrgebiet ist er meist alleine unterwegs und wünscht sich Mitspieler hier.
„Was machen Sie hier?“ Diese Frage, je nachdem gestellt aus Neugier oder Angst, bekommt Carsten Stückmann öfters zu hören. Dann nämlich, wenn er seinen Golfschläger irgendwo mitten im Ruhrgebiet schwingt. An der Zeche Zollverein in Essen, im Landschaftspark Nord in Duisburg oder auf dem Campus der Hochschule Ruhr West in Mülheim.
An diesem Nachmittag erkundigt sich dort aber niemand bei ihm. Technisch gekonnt schlägt Stückmann Golfbälle zwischen Mensa- und Hörsaal-Gebäude hin und her. „Der Wachdienst der Hochschule ist mal verwundert und ermahnend auf mich zugekommen, aber die kennen mich mittlerweile. Drei Studenten haben sogar mal zwei Stunden mitgespielt. Eine davon war am Ende richtig gut.“
Crossgolf-Nationalspieler: „Ich konnte mit dem Getue beim normalen Golf nichts anfangen“
Carsten Stückmann macht auch nichts Verbotenes oder Gefährliches. Er spielt Crossgolf. Das ist wie Golf – nur noch feinfühliger und nicht auf dem Rasen eines Golfplatzes, sondern mitten auf dem Asphalt der Stadt. Hindernisse können Parkbänke sein, anstatt Löcher müssen Verkehrsschilder getroffen werden. „Crossgolfer gestalten ihre eigene Bahnen. Ich habe kein Interesse daran, Mitglied in einem Golfclub zu sein. Ich finde es stinkelangweilig, immer nur auf derselben Anlage zu spielen“, so der Mülheimer.
Vor rund 20 Jahren lernt der 59-jährige das Golfen allerdings noch auf konventionellen Plätzen. „Ich fand Golf sehr fordernd, war schnell tief drin und habe viel gespielt. Ich konnte mich beim Golf aber nie mit den ganzen Kosten, Restriktionen wie Platzreifen oder dem Getue von Leuten mit dicker Plauze, die dir was von Kleiderregeln erzählen wollen, anfreunden.“
Mülheimer Crossgolfer fährt mit der deutschen Nationalmannschaft zur EM
2014 entdeckt Carsten Stückmann dann Crossgolf für sich und ist direkt begeistert. Die Sportart sei offen für alle, stelle den Sport und Spaß in den Vordergrund, und auch Anspruch sei dabei. Die meisten der besten Crossgolfer sind sehr gute „Normalgolfer“, die es mit der klassischen Variante ähnlich wie Stückmann halten würden: „Ich kenne keinen von denen, der sagt, er spiele nicht lieber Crossgolf.“
Jetzt gehört übrigens auch Carsten Stückmann zu den besten Crossgolfern in Deutschland, und bezeichnet sich selbst als „der unbekannteste Nationalspieler im Ruhrgebiet“. Als Siebter der Gesamtwertung von drei Turnieren qualifiziert er sich am 28. September diesen Jahres für das deutsche Crossgolf-Nationalteam. Nächstes Jahr geht es zur Europameisterschaft nach Straßburg. Neben Frankreich und Tschechien gilt das deutsche Team als Anwärter auf eine der drei Medaillen.
Qualifikationsturnier zur Crossgolf-Nationalmannschaft mitten in der Innenstadt
Typisch Crossgolf fanden die Qualifikationsturniere 2024 an außergewöhnlichen Orten statt. Das in Zwickau sogar in der Innenstadt. „Da haben Leute zweimal das Ordnungsamt und zweimal die Polizei gerufen, weil da ‚irgendwelche Spinner‘ mit Golfschläger durch die Fußgängerzone laufen“, erinnert und lacht Stückmann. Das Ganze sei natürlich von der Stadt genehmigt gewesen.
„Da haben Leute die Polizei gerufen, weil ‚irgendwelche Spinner‘ mit Golfschlägern durch die Fußgängerzone liefen.“
Außerdem: Der Ball beim Crossgolf ist aus weichem Hartschaumstoff, wiegt 13 Gramm. Und er wird auch nie richtig fest und weit geschlagen, vielmehr mit Gefühl und Technik gezielt „gelupft“. Zur Beruhigung zeige Carsten Stückmann ängstlichen Passanten sein Spielgerät immer: „Wenn Sie den an den Kopf kriegen, merken Sie das gar nicht.“
Crossgolf: Pläne für den Landschaftspark Nord in Duisburg
Während in Ostdeutschland, Bayern oder in der Aachener Region starke Crossgolf-Gruppen existieren, die sich um die Organisation von Veranstaltungen und der Nationalmannschaft kümmern, sei Stückmann auf Turnieren bisher der einzige Teilnehmer aus dem Ruhrgebiet gewesen. Daran will er arbeiten.
„Ich führe Gespräche mit dem Landschaftspark Nord in Duisburg. Da habe ich tolle Ideen für Crossgolf-Bahnen, und würde nächstes Jahr ein Qualifikationsturnier organisieren.“ Der Landschaftspark habe auch schon Bereitschaft signalisiert. Was noch fehle, seien Sponsoren, um die Kosten zu tragen. Allem voran hat Stückmann aber einen Wunsch: „Crossgolf könnte im Ruhrgebiet generell bekannter werden, damit man auch hier ein paar Mitspieler findet.“
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