Mülheim. Ciman Khalf ist als Kind aus dem Irak nach Mülheim geflohen. Hier steht sie als Boxerin im Ring, ist deutsche Vizemeisterin und hat ein ganz großes Ziel.
- Ciman Khalf bestritt erst vor einem Jahr ihren ersten Boxkampf. Das Talent der 17-Jährigen war aber direkt erkennbar. Von 15 Kämpfen hat sie 11 gewonnen, ein Unentschieden und zwei Niederlagen gegen Deutsche Meisterinnen.
- Khalf wurde bereits in der U18-Klasse, und als jüngerer Jahrgang in der U19, NRW-Meisterin und kam bei der Deutschen Meisterschaft bis ins Finale.
- Beim BC Mülheim-Dümpten trainiert sie bis zu zweimal täglich. Unter der Leitung von Trainer Frank Nierhaus hat sie einen ganz großen Traum: Olympia.
Im Gespräch ist Ciman Khalf noch etwas zurückhaltend, doch sobald sie ihre Boxhandschuhe angezogen hat, ist die 17-Jährige in ihrem Element. Leichtfüßig bewegt sie sich über den Hallenboden und schlägt gezielt immer wieder in schneller Folge auf den großen Sandsack ein.
Erst vor einem Jahr hat sie ihren ersten Kampf für den BC Mülheim-Dümpten bestritten und darf sich nun bereits zweifache NRW-Meisterin und deutsche Vizemeisterin nennen. Aber sie hat noch größere Ziele.
17-jährige Mülheimer Boxerin: „Man kann nicht mehr aufhören“
Ciman Khalf ist im Irak geboren und kam vor neun Jahren mit der Familie nach Deutschland. Genauer gesagt nach Waldshut-Tiengen an der Schweizer Grenze. „Mein älterer Cousin hat dort auch geboxt. Ich habe damals aber nicht gewusst, dass es sowas wie Vereine gibt, wo man hingehen kann“, sagt die junge Boxerin.
Die Leidenschaft für den Boxsport war aber schnell geweckt. „Die ersten drei bis vier Monate waren schwer, aber nach einer Zeit bekommt man die Leidenschaft und man kann nicht mehr aufhören“, sagt Ciman. Ihr gefällt die Disziplin, die man aufbringen muss und „dass ich alleine im Ring stehe und mir nur selber helfen kann.“ Heute kann sie sich ein Leben ohne das Boxen nicht mehr vorstellen.
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So sehr, dass sie jeden Tag trainiert, manchmal sogar zweimal täglich. Je nachdem, wie es die Schule zulässt. „Man kriegt es unter einen Hut, wenn man organisiert ist“, sagt sie.
Der Ehrgeiz und die Bereitschaft sind wahrscheinlich die größten Stärken der 17-Jährigen. „Die kann sich quälen“, sagt ihr Trainer Frank Nierhaus. Sie lerne schnell und nehme Vieles gut auf. Ohnehin hält er Talent allein für überbewertet. „Es geht um die richtige Einstellung, heute sagt man glaube ich Mindset“, sagt der 57-Jährige.
Training in der Boxhalle statt Chillen und Pizza
So sieht es auch sein Schützling. „Man gewöhnt sich daran, jeden Tag zum Training zu gehen. Viele geben schnell auf. Ich hatte auch Niederlagen, habe aber nicht aufgegeben. Natürlich will man auch mal zu Hause chillen und Pizza essen, aber es kommt drauf an, ob man Ziele hat und weiterkommen möchte“, sagt die Sportlerin.
„Natürlich will man auch mal zu Hause chillen und Pizza essen, aber es kommt drauf an, ob man Ziele hat und weiterkommen möchte.“
Und Ziele hat die Gustav-Heinemann-Schülerin in jedem Fall. „Ich möchte an der deutschen Spitze sein und für das Nationalteam boxen“, sagt Ciman Khalf. Ihr großes Ziel sind die Olympischen Spiele 2028. Klingt utopisch? „Wenn man auf seinem Weg bleibt und an sein Ziel glaubt und dafür trainiert, kann man alles schaffen.“
Erinnerungen an den ersten Kampf: „Der ging schnell zu Ende“
Die bisherige Entwicklung spricht dafür. An ihren ersten Kampf erinnert sich die Mülheimerin nur noch ungern. „Ich war sehr nervös und unerfahren, und der Kampf ging dann auch schnell zu Ende“, schmunzelt sie heute.
Bei ihrem Debüt für den BC Dümpten konnte sie aber gleich ihr erstes Turnier gewinnen. „Ich habe schon gesehen, dass sie in den Ring gehört“, sagt ihr Coach. Von mittlerweile 15 Kämpfen hat sie elf gewonnen, einer wurde unentschieden gewertet. Zwei der Niederlagen kassierte sie gegen Deutsche Meisterinnen.
Zweimal NRW-Meisterin in zwei unterschiedlichen Altersklassen
Als jüngerer Jahrgang gewann sie überraschend bereits den NRW-Meistertitel in der U19 und kam bei der Deutschen Meisterschaft bis ins Finale. „Das war anders als alles bisher, nochmal eine andere Aufregung“, schildert die junge Boxerin.
Die zweite Jahreshälfte steht dann ganz im Zeichen ihrer eigentlichen U18-Klasse, in der sie wieder NRW-Meisterin wurde und sich für die Deutsche Meisterschaft Anfang November in Köln qualifiziert hat. Auch dort sind die Ziele klar: „Ich will auf jeden Fall an die Spitze kommen, sonst würde ich nicht teilnehmen.“ Und Trainer Nierhaus ergänzt: „Wir fahren nicht zur DM, um Erfahrungen zu sammeln.“
Boxen: Mülheimerin Ciman Khalf muss noch ein bisschen geduldiger werden
Die wachsende Routine hat sich bei den letzten Erfolgen schon gezeigt. „Bei der zweiten NRW-Meisterschaft war sie schon etwas ruhiger“, betont ihr Trainer. Im Bantamgewicht (bis 54 kg) oder wahlweise im Federgewicht (bis 57 kg) kann die 17-Jährige vor allem mit ihrer sauberen Technik punkten.
Ihre Schwäche ist noch die fehlende Geduld. „Ich muss mich manchmal noch selbst bremsen“, sagt Ciman Khalf. Andererseits soll ihr Ehrgeiz sie zu noch größeren Erfolgen führen. Um vielleicht eines Tages sogar die ganz großen Ziele zu erreichen.
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