Moers. Am kommenden Sonntag bestreitet Ralf Gemmer beim SV Scherpenberg sein letztes Heimspiel nach viereinhalb Jahren. Ein Interview.

Auf eines darf sich Ralf Gemmer ab dem Sommer ganz sicher freuen. Der Noch-Cheftrainer des Fußball-Landesligisten SV Scherpenberg bekommt erstmals Heimspiele mit eigener Tribüne. Der betonharte Charme der Sitzplätze mit Dach gehört beim MTV Union Hamborn an der Warbruckstraße dazu. Ob das auch für die Zugehörigkeit zur Bezirksliga gilt, muss sich für die abstiegsbedrohten Grün-Weißen noch zeigen. Kommenden Sonntag (15.30 Uhr, Asberger Straße) bestreitet Ralf Gemmer mit seinen Scherpenbergern erst einmal den Heimabschied nach viereinhalb Jahren - gegen den SV Biemenhorst, der als Tabellenzweiter noch vom Aufstieg in die Oberliga träumen darf.

Herr Gemmer, vor viereinhalb Jahren sind Sie in Scherpenberg angetreten unter der Prämisse, sich mit einem sehr speziellen Verein auseinander zu setzen. Was hat sich seitdem verändert?

Das Spezielle war vor allem die Platzanlage, die holprige Asche im Wäldchen. Sportlich haben wir in den vergangenen Jahren eine gewisse Qualität in den Kader gebracht. Aber auch ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Wir sind über Strecke zu einer Mannschaft gereift, die es bis fast an die Spitze geschafft hat. Darauf habe ich als Trainer von außen immer auch eine gute Resonanz der Zuschauer und Beobachter verspürt.

Trainer Ralf Gemmer verlässt den SV Scherpenberg, Co-Trainer Gregor Grillemeier (rechts) wird allerdings bleiben.
Trainer Ralf Gemmer verlässt den SV Scherpenberg, Co-Trainer Gregor Grillemeier (rechts) wird allerdings bleiben. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Zum Sprung in die Oberliga hat es unter Ihrer Ägide knapp nicht gereicht. War der zweite Platz im Vorjahr mit einer fast komplett gelungenen Saison Höhepunkt und Tiefpunkt zugleich?

Das kann man durchaus so sagen. Das 0:1 am vorletzten Spieltag beim direkten Konkurrenten Mülheimer FC vor 1500 Zuschauern und der so verpasste Aufstieg haben an mir wochenlang genagt, das muss ich schon zugeben. Dabei hatten wir die Meisterschaft mit zwei, drei Unentschieden zu viel zuvor schon irgendwie aus der Hand gegeben. Nach Mülheim waren alle mental leer und enttäuscht.

Es geht ja immer noch das Gerücht, dass letztlich einige den Aufstieg in die fünfthöchste Spielklasse nicht wollten. Sei es wegen des Mehraufwands an Trainingsarbeit oder auch möglicher ausbleibender Siegprämien wegen stärkerer Gegner.

Ausschließen kann man so etwas nie, weil man nicht in alle Köpfe schauen kann. Ich glaube aber letztlich schon, dass alle wirklich wollten. Dafür waren auch Enttäuschung und Frust rund um das Mülheim-Spiel viel zu groß. Ich wäre jedenfalls gern in die Oberliga gegangen, um zu sehen, wie weit wir da kommen.

Der SV Scherpenberg hat einen neuen Trainer: Darüber freut sich der Sportliche Leiter Sven Schützek (links) und Marketing-Berater Sven Nöthel (rechts) mit Coach Rene Lewejohann.
Der SV Scherpenberg hat einen neuen Trainer: Darüber freut sich der Sportliche Leiter Sven Schützek (links) und Marketing-Berater Sven Nöthel (rechts) mit Coach Rene Lewejohann.

Trauen Sie der neuen Mannschaft und Trainer Rene Lewejohann den Aufstieg zu?

Ich würde es allen wünschen, kenne aber den Kader und auch den neuen Trainer zu wenig, um eine seriöse Bewertung abzugeben. Wenn man auf die Platzierungen der vergangenen Jahre mit Rang vier, drei und zwei blickt, müsste es ja eigentlich auch mal Rang eins für Scherpenberg werden, oder? Gönnen würde ich es dem Verein und auch Klubchef Kay Bartkowiak. Ich gehe zwar traurig, aber nicht im Gram.

Hat es Sie im vergangenen Herbst überrascht, dass Kay Bartkowiak die Idee eines Sportlichen Leiters, den es ja bis dahin nicht gab, verfolgt und mit Sven Schützek dann ja auch umgesetzt hat?

Das war für mich so nicht vorhersehbar, zumal es in den vergangenen Jahren sportlich ja auch gut gelaufen ist und wir dreimal hintereinander die beste Platzierung des Vereins erreicht haben. Kay hat mir gegenüber auch immer betont, dass ich sein Trainer für die neue Saison sei. Und Vertrag hatte ich ja auch noch. Doch es gab zwischen Sven und mir zu verschiedene Ansichten. Ich wollte die Sache dann auch nicht aussitzen. Insgesamt ist die Trennung schade, wir haben alle zusammen von Jahr zu Jahr einen guten Weg stetig nach oben gemacht.

Auch Nico Klotz (links), hier gegen Benedikt Franke vom SV Budberg im Kreispokalfinale, gibt am Sonntag beim SV Scherpenberg seinen Heimausstand.
Auch Nico Klotz (links), hier gegen Benedikt Franke vom SV Budberg im Kreispokalfinale, gibt am Sonntag beim SV Scherpenberg seinen Heimausstand. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Ihre neue Aufgabe heißt MTV Union Hamborn. Wobei noch nicht klar ist, ob Sie in der Bezirksliga bleiben oder in der Kreisliga A in die Saison gehen.

Bezirksliga wäre mir klar lieber (lacht). Für mich gab es rund um Ostern keine großen Alternativen mehr für einen neuen Trainerjob. Für Union habe ich vor 22 Jahren gespielt, die Platzanlage ist nur 1200 Meter von meiner Haustür entfernt. Der im November erst gewählte neue 1. Vorsitzende Bernd Sorgenit ist ein Arbeitskollege von mir, ich habe auch noch einige Freunde aus alten Zeiten im Umkreis des Klubs. Ein gewisses Vertrauensverhältnis ist also schon da. Mit einigen Spielern habe ich bereits Kontakt. Das Team ist willig, der Verein ein wenig auch im Aufbruch.

Ist Scherpenberg am Sonntag gegen Biemenhorst, das ja noch die Oberliga-Aufstiegschance hat, auch noch willig?

Kraft und Motivation sind weiter da, auch wenn wir im Kreispokalfinale verloren haben. Das 3:4 gegen den SV Budberg hätte nach starker erster Halbzeit nicht sein müssen. Am Sonntag verabschieden sich auch einige unserer Spieler vom eigenen Publikum, darunter unser ehemaliger MSV-Profi Nico Klotz. Ich denke, dass niemand mit einer herben Niederlage ein letztes Mal in die Kabine will. Ich jedenfalls nicht.