Hamburg/Am Niederrhein. 30 Jahre ist der größte Handball-Erfolg des OSC Rheinhausen her. Damals war Kabarettist Wolfgang Trepper der Manager. Ein Sportgespräch.

Der Treffpunkt ist Zufall und doch ein Kuriosum. Wolfgang Trepper trinkt seinen Milchkaffee im Hamburger Hotel Atlantic quasi bei einem früheren Duisburger Nachbarn. Musiker Udo Lindenberg, der seit fast 30 Jahren dauerhaft im Grand Hotel an der Außenalster mit James-Bond-Filmflair wohnt, hat schließlich einst auch mal in Ruhrort gelebt. „Und ich im Nachbarortsteil Laar“, fügt der 62-jährige Kabarettist an. Trepper war bis 1995 Manager beim Handball-Bundesligisten OSC Rheinhausen, wechselte dann via Radio Duisburg ins Kabarettfach und lebt seit 15 Jahren in Hamburg. Die Duisburger Heimat ist allerdings stets im Herzen. Der Sport ebenfalls. Ein Gespräch. (hier geht es zu Teil 2 unseres großen Interviews mit Aussagen zum MSV Duisburg)

Herr Trepper, was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an das jungfräuliche Final Four vor 30 Jahren in Hamburg denken, sicher neben zwei Bundesliga-Aufstiegen der größte sportliche Erfolg Ihrer OSC-Zeit?

Wolfgang Trepper: Dass wir im Halbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt beschissen worden sind. Die Schiedsrichter Gremmel/Gremmel, damals eines der besten Gespanne der Bundesliga, haben Flensburg in die Verlängerung gebracht. Eigentlich hätten wir in der regulären Spielzeit gewinnen müssen, haben dann aber am Ende noch 17:19 verloren.

Ihr damaliger Trainer Petre Ivanescu war außer sich...

In der Tat. Und er hat den Schiedsrichtern nach einem an Kreisläufer Andreas Kottwitz verweigerten Siebenmeter an den Kopf geworfen, dass sie die größten Betrüger seien seit Bonnie und Clyde. Er hat Ihnen noch auf dem Spielfeld das „Du“ entzogen. Eine Rote Karte oder ein Nachspiel gab es deshalb aber nicht.

Handball-Bundesliga beim OSC Rheinhausen: Trainer Petre Ivanescu (rechts) diskutiert mit dem späteren Welthandballer Daniel Stephan. Im Hintegrund rechts Außenangreifer Jörg „Schnecke“ Siegert, leicht verdeckt hinter Daniel Stephan der ehemalige OSC-Teamarzt Dr. Elmar Rakebrand.
Handball-Bundesliga beim OSC Rheinhausen: Trainer Petre Ivanescu (rechts) diskutiert mit dem späteren Welthandballer Daniel Stephan. Im Hintegrund rechts Außenangreifer Jörg „Schnecke“ Siegert, leicht verdeckt hinter Daniel Stephan der ehemalige OSC-Teamarzt Dr. Elmar Rakebrand. © NRZ

Aber eine Entschuldigung der Referees später, oder?

Naja, auf dem Bankett am Abend haben sie zumindest zu verstehen gegeben, dass es auch für sie eine schwere Partie war. Offenbar sollte das norddeutsche Team, also Flensburg, ins Endspiel, um da volle Tribünen zu haben.

Das Final Four steckte damals noch in den Kinderschuhen.

Die Alsterdorfer Sporthalle war bei den Halbfinals nicht voll. Der ehemalige Bundestrainer Horst Bredemeier hatte damals schon die Chance eines solchen Pokalturniers für den Handball erkannt. Mittlerweile gehen ja 20.000 Karten für die Köln­Arena weg, ohne dass jemand vorher weiß, wer überhaupt im Final Four spielt.

Ein Jahr später, also 1995, war für Sie als hauptamtlicher Handballmanager des OSC Rheinhausen Schluss. Warum eigentlich?

Ich hatte gesundheitliche Probleme, lag vor dem letzten Saisonspiel, das uns dann den zweiten Bundesliga-Aufstieg in meiner Zeit beschert hat, eine Woche im Krankenhaus. Die gesamte Situation mit finanziellen Sorgen und auch viel Personaltheater im Hintergrund hat mir damals ganz schön zugesetzt. Es gab unter anderem eine Rebellion gegen Aufstiegstrainer Ivanescu. Immerhin zweimal Weltmeister als Spieler und dreimal Bundesliga-Meister als Trainer.

Enttäuschung bei Manager Wolfgang Trepper: Der OSC Rheinhausen hat das Halbfinale im DHB-Pokal 1994 gegen die SG Flensburg-Handewitt mit 17:19 in der Verlängerung verloren. Es wird nichts mit dem Pokal, der in Griffweite auf dem Tisch rechts steht.
Enttäuschung bei Manager Wolfgang Trepper: Der OSC Rheinhausen hat das Halbfinale im DHB-Pokal 1994 gegen die SG Flensburg-Handewitt mit 17:19 in der Verlängerung verloren. Es wird nichts mit dem Pokal, der in Griffweite auf dem Tisch rechts steht. © NRZ

Was haben Sie damals aus der Situation mitgenommen? Sie waren ja erst 32 Jahre alt und hatten noch genügend Zeit, sich ein neues Standbein als Radiomoderator bei Radio Duisburg und später als Kabarettist aufzubauen.

Erstens habe ich viele Fehler gemacht, war oft zu trotzig und zu rebellisch, habe auch die Leute im Verein nicht richtig mitgenommen.

Und zweitens?

Wir waren quasi nur eine Betriebssportgruppe von Götzen. Wir haben keinen Pfennig ausgegeben ohne Abstimmung mit unserem damaligen Hauptsponsor. Als ich aufgehört habe, ist Götzen ja auch noch gewachsen.

Zweieinhalb Jahre später kam dann die Götzen-Insolvenz. Und das OSC-Aus kurz vor Weihnachten 1997 als Tabellendreizehnter der Bundesliga.

Das waren mit dem Krupp-Aus, das ja sehr viele Arbeitsplätze gekostet hat, für Rheinhausen ganz bittere Jahre. Für mich gab es in dieser Zeit und auch später immer mal wieder Anfragen, als Manager in den Sport zurückzukehren. Aus dem Handball, aber auch aus dem Fußball. Die letzte vor sieben Jahren. Das gibt mir das Gefühl, einiges richtig gemacht zu haben.

Sportgespräch im Hotel Atlantic in Hamburg, wo Musiker Udo Lindenberg seit langem wohnt: Kabarettist Wolfgang Trepper (rechts) und Michael Ryberg, Leiter des NRZ-Lokalsportdesks Niederrhein.
Sportgespräch im Hotel Atlantic in Hamburg, wo Musiker Udo Lindenberg seit langem wohnt: Kabarettist Wolfgang Trepper (rechts) und Michael Ryberg, Leiter des NRZ-Lokalsportdesks Niederrhein. © NRZ

Kribbelt es denn immer noch?

Nein, da habe ich keine Ambitionen mehr. Das Metier ist ein Haifischbecken, in dem sich jeder selbst der nächste ist. Und ich hatte mir geschworen, mich nie wieder auf eine Handball-Trainerbank zu setzen. Also ganz außen direkt neben dem Zeitnehmertisch.

Zwei Ausnahmen gab es allerdings.

Das war einmal beim Revivalspiel vor ein paar Jahren in Rheinhausen. Es gibt übrigens immer noch eine WhatsApp-Gruppe der damaligen 93er-Aufstiegsmannschaft.

Und die zweite Gelegenheit?

War das Abschiedsspiel von Welthandballer Daniel Stephan in Lemgo. Für ihn habe ich in seiner OSC-Zeit bis 1994 unter anderem immer die Halskette seiner Freundin in meiner Tasche aufbewahrt. Eine Kleinigkeit, die aber haften geblieben ist.

Handballer Daniel Stephan bei seinem Abschiedsspiel am 18. Mai 2008: (von links) Achim Schürmann, Wolfgang Trepper, Bülent Aksen, Alexander Rymanow, Daniel Stephan, Olaf Mast, Ulrich Dick und Jörg Siegert.
Handballer Daniel Stephan bei seinem Abschiedsspiel am 18. Mai 2008: (von links) Achim Schürmann, Wolfgang Trepper, Bülent Aksen, Alexander Rymanow, Daniel Stephan, Olaf Mast, Ulrich Dick und Jörg Siegert. © NRZ

Beim Abgang im Frühjahr 1995 haben Sie betont, in Ihrer Laufbahn nie jemanden beschissen zu haben. Ist Ihnen die Aussage später mal auf die Füße gefallen?

Ganz und gar nicht, denn es war ja auch so. Kein Bäcker, kein Restaurant, kein Ausrüster wird aufstehen und mit dem Finger auf mich zeigen. Dass später immer wieder Spieler zu mir gekommen sind, damit ich über deren Verträge schaue, hat mich sehr gefreut. So viel Vertrauen ist nicht selbstverständlich.

Sport im Kabarett hat ja eine gewisse Tradition...

Selbst der große Dieter Hildebrandt hat oft den Sport und speziell Fußball in seine Auftritte eingebaut. Besonders gern hat er über 1860 München gelästert, um seinen Regisseur Sammy Drechsel zu ärgern. Der war ja Sechziger-Fan.

Wieviel Sport steckt in Ihren Programmen auf der Bühne?

Es gibt bei mir bewusst-unbewusst immer eine sportliche Nummer. Meist etwas aus grauer Vorzeit – so in der Kategorie: Wie Günter Netzer einst 1974 bei der WM gegen die DDR spazieren ging. Dann kann zwar nur noch ein Drittel der Leute folgen. Aber der Gag bleibt bei denen dann hängen, weil eine schmunzelige Erinnerung wachgeküsst worden ist.

Erfolgsreiches Duo auf der Kabarettbühne: Sängerin Mary Roos und Wolfgang Trepper.
Erfolgsreiches Duo auf der Kabarettbühne: Sängerin Mary Roos und Wolfgang Trepper. © HO | Thorsten Jander

Dass Sie mal eine Laudatio auf den Triple-Gewinner Bayern München 2013 gehalten haben, fällt auch in den Bereich Schmunzelmomente, oder?

Ganz sicher. Das war bei der Sportlerwahl. Da habe ich als Duisburger gern die Niederlagen der Bayern gegen den MSV aus den 70er-Jahren aufgezählt. Karl-Heinz Rummenigge hat hinterher gesagt, der Klub sei noch nie so charmant kritisiert worden. Dabei wollte mir Holger Badstuber auf der Bühne fast an die Gurgel. Natürlich muss man zugeben und wertschätzen, dass die Bayern unter Uli Hoeneß den anderen Teams um ein Jahrzehnt voraus waren. Trotzdem geht es mir nach Bayern-Niederlagen immer besser als nach Bayern-Siegen.

Wer genießt auf Kabarett-Ebene Ihre größte Wertschätzung?

Eindeutig Hanns Dieter Hüsch, der 2025 ja 100 Jahre alt geworden wäre. Er war sprachlich stark, dabei auch zynisch und bisweilen klamaukig. Wie er eine Silberhochzeit vom Niederrhein rüberbringt, ist schon ganz groß. Natürlich ist Dieter Hildebrandt politisch unerreicht. Auch Georg Schramm ist sprachlich unglaublich. Von beiden hätte ich gern mal Nummern zu heutigen Problemen gehört. Wenn aber jemand nach einem meiner Programme sagt, dieses oder jenes sei ja fast wie Hüsch gewesen, ist dies das größte Kompliment, das ich bekommen kann.

Ist es leichter, im Solo auf der Bühne zu stehen oder mit Schlagersängerin Mary Roos und Band, wo Sie ja seit zehn Jahren das musikalisch deutsche Genre der 70er- und 80er-Jahre sezieren?

Allein ist anstrengender. Da gehe ich mehr auf das Publikum ein und improvisiere mir auch manchmal einen Wolf. Mit Mary und Ensemble lenke ich ja Abgesprochenes. So oder so gehen die Leute aber am Ende gut gelaunt nach Hause.

Was kommt besser an: Ihre Wutausbrüche oder die ruhigen Gedankengänge?

Witze über die richtige Lage von Kaffeetassenlöffeln oder den Sockenspitzenfimmel sind Schenkelklopfer. Ich verarsche mich auch selber gern. Wutausbrüche zu aktuellen Themen nehmen die Leute natürlich auch mit. Hinterher werde ich von Zuschauern zu 80 Prozent aber mehr auf die nachdenklichen Dinge angesprochen. Die sind auch schwieriger zu schreiben, weil wirklich alles stimmen muss.