Gelsenkirchen. Vor 51 Jahren sorgte Schalkes Zweitliga-Gegner Braunschweig für einen Lawineneffekt im Fußball. Ex-S04-Manager Heribert Bruchhagen erinnert sich.

Wenn sich am Samstag (13 Uhr/Sky) Schalke 04 und Eintracht Braunschweig im Zweitliga-Kellerduell gegenüberstehen, dann geht es nicht nur um wichtige Punkte, sondern auch um ein nostalgisches Wiedersehen. Rückblende: Vor 51 Jahren lief Eintracht Braunschweig als erste Mannschaft im deutschen Profi-Fußball mit Trikotwerbung auf. Im März 1973 prangte im Bundesliga-Heimspiel gegen Schalke 04 (1:1) der Hubertus-Hirschkopf auf den Eintracht-Jerseys. Der Hirsch war zuvor das Erkennungsmerkmal von Kräuterlikör-Hersteller Jägermeister.

Bevor es grünes Licht vom DFB gab, musste Jägermeister-Chef Günter Mast mit dem Verband einen harten Kampf ausfechten. Trikotwerbung wurde strikt abgelehnt. Also ließ sich Mast etwas einfallen und tauschte das Braunschweiger Löwen-Logo gegen den Hirschkopf als Klub-Emblem aus.

Durchmesser durfte nicht größer als 14 Zentimeter sein

Vom DFB gab es klare Vorgaben über die Größe: So durfte der Durchmesser des Hirschkopfs, der mitten auf der Spielerbrust prangte, nicht größer als 14 Zentimeter sein. Unmittelbar vor dem Schalke-Spiel wurde dann sogar der Zollstock bemüht. Der Schiedsrichter maß genau nach, ob der Hubertus-Hirschkopf tatsächlich den erlaubten Durchmesser aufwies. Nachdem sich das Mess-Ergebnis im erlaubten Rahmen bewegt hatte, durften Braunschweigs Spieler mit dem neuen Logo auf dem Trikot auflaufen. Sieben Monate nach dem Hirschkopf-Debüt gab der DFB die Trikotwerbung für alle Vereine frei.

500.000 DM über fünf Jahre

Für die Eintracht brachte der Aufdruck damals die Summe von 500.000 DM (umgerechnet etwa 255.000 Euro) über fünf Jahre ein. Zum Vergleich: Mittlerweile generieren die 18 Deutschen Bundesligisten pro Jahr insgesamt über 250 Millionen Euro pro Saison an Trikotsponsoring-Einnahmen.

Heribert Bruchhagen gilt als exzellenter Fußball-Experte. Er arbeitete auf Schalke, in Bielefeld, bei Eintracht Frankfurt und beim HSV.
Heribert Bruchhagen gilt als exzellenter Fußball-Experte. Er arbeitete auf Schalke, in Bielefeld, bei Eintracht Frankfurt und beim HSV. © dpa | Roland Weihrauch

„Ich kann mich noch an die Diskussionen erinnern, die damals wegen der Trikotwerbung aufkamen. Zu der Zeit in den 70er-Jahren war ich Lizenzspieler bei der DJK Gütersloh. Ich habe Günter Mast persönlich nie kennengelernt, aber was er bei Eintracht Braunschweig in die Wege geleitet hat, das hatte eine große Signalwirkung für den Fußball. Mast hat mit seiner Hartnäckigkeit etwas ins Rollen gebracht. Wir haben in Gütersloh dann irgendwann Miele als Trikotsponsor auf der Brust getragen“, sagt Schalkes ehemaliger Manager Heribert Bruchhagen (75) im Gespräch mit der WAZ.

Zwischen 1989 und 1992 auf Schalke

Bruchhagen lenkte von 1989 bis 1992 die Geschicke der Schalker und stieß bei einigen Marketing-Ideen auch auf Wiederstand beim DFB. „Ich habe das bei Schalke auch erfahren, dass manches nicht so einfach umzusetzen war. Wir haben zu meiner Zeit bei Schalke die Dreh-Werbebande eingeführt“, erinnert sich Heribert Burchhagen. Auf der Vorderseite prangte der Schriftzug von S04-Sponsor „Müller Milch“, auf der Banden-Rückseite erschien der Schriftzug vom anderen Schalke-Sponsor „Gatorade“. Offene Türen rannte der Fußball-Funktionär, der nach seiner S04-Zeit Vorstandsvorsitzender beim Hamburger SV und bei Eintracht Frankfurt war, mit dieser Dreh-Idee nicht ein.

Heribert Bruchhagen (r.) schaut 1991 zusammen mit Präsident Günter Eichberg und Kult-Betreuer Charly Neumann (l.) vor dem Heimspiel gegen Hannover in den Schalker Kreisel.
Heribert Bruchhagen (r.) schaut 1991 zusammen mit Präsident Günter Eichberg und Kult-Betreuer Charly Neumann (l.) vor dem Heimspiel gegen Hannover in den Schalker Kreisel. © Produktion

Bruchhagen: „Wir haben es einfach gemacht“

Bruchhagen: „Man hatte uns damals die Dreh-Werbebande verboten, weil sie angeblich ablenken würde. Ich habe dem DFB gesagt, dass sich die Werbebande nur in der Halbzeit drehen würde. Das stimmte so natürlich nicht, weil sie sich auch während des Spiels gedreht hat. Aber wir haben das dann so ohne Sanktionen umsetzen können. Wir haben es einfach weitergemacht, ohne dass etwas passiert ist. Das waren damals die Anfänge im Marketing-Sektor.“

„Bei Schalke fehlt die Qualität“

Heribert Bruchhagen hält nach wie vor Kontakt zu Schalke und sah sich den Rückrunden-Start der Königsblauen in der Veltins-Arena gegen seinen anderen Ex-Verein Hamburger SV (0:2) an. „Ich mache mir durchaus Sorgen um Schalke“, sagt „Heri“ Bruchhagen, „es fehlt mir jegliche Phantasie, wie Schalke noch einmal oben herankommen kann. Es geht in dieser Saison nur darum, in der 2. Liga zu bleiben. Die Spieler zeigen zwar Einsatz und Moral, aber die Qualität ist einfach nicht vorhanden.“ Mit einem Sieg über Keller-Konkurrent Braunschweig würde Schalke zumindest einige Sorgen verscheuchen.

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