Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 feiert den ersten Sieg unter Trainer Karel Geraerts, doch davon will man sich vor der Aufgabe im Pokal nicht blenden lassen.
Momente wie diese hatten sie beim FC Schalke 04 seit Wochen herbeigesehnt: Diese Momente, wenn die ganze Mannschaft Arm in Arm vor der Nordkurve steht, kein Fan nach Hause geht, alle hüpfen, den Verein hochleben lassen wie in den besten Zeiten. Am Samstagnachmittag war es nach vielen Wochen der Enttäuschung soweit, die Königsblauen rangen in der 2. Bundesliga Hannover 96 glücklich mit 3:2 (1:0) nieder – es war im zweiten Spiel der erste Sieg für den neuen Trainer Karel Geraerts.
+++ Elfmeter verärgert Schalkes Fährmann +++
Ob glücklich oder nicht, Geraerts war das völlig egal. „Ich habe eine gute Mannschaftsleistung gesehen, das ist das, was ich wollte. Darüber haben wir während der Woche ausführlich gesprochen. Daumen hoch für die Spieler, für sie war es bei diesem großen Druck nicht einfach“, sagte er. Auch Schalkes Bester, Lino Tempelmann, hob die kämpferische Leistung hervor. „In den vergangenen Wochen gab es zurecht viel Kritik. Wir waren in der Bringschuld. Wir haben als Einheit die Bereitschaft auf den Platz gebracht.“
Schalke 04 stark verbessert gegenüber Karlsruhe-Spiel
Das klingt überaus positiv, die Leistung der Schalker war gegenüber dem 0:3 in Karlsruhe vor einer Woche auch stark verbessert. Ihren ersten Sieg nach vier Niederlagen in Folge hatten sie aber vor allem einer Menge Matchglück und einer nahezu perfekten Chancenauswertung zu verdanken. Nur eine große Chance vergaben sie – durch Bryan Lasme in der achten Minute.
Zwischen der 10. und 70. Minute hinterließ der Tabellenvierte Hannover den technisch besseren Eindruck, die Schalker hielten vor allem mit Grätschen, Kopfbällen und Fouls dagegen, verhinderten im 3-5-2-System auf diese Art viele Strafraumszenen der Gäste, denen der letzte Pass oft misslang. Zu einigen Möglichkeiten kamen die 96er trotzdem, fast alle leitete Linksaußen Derrick Köhn, der Schalkes formschwachen Rechtsverteidiger Henning Matriciani nach Belieben verlud, ein. In der 18. Minute holte Köhn eine Ecke heraus. Die landete auf dem Kopf von Marcel Halstenberg – vorbei. Köhn (37.) selbst und Andreas Voglsammer (44.) scheiterten an Fährmann.
Dass es zur Pause trotzdem 1:0 für die Schalker stand, hatten sie einem Tor zu verdanken, das wie aus dem Nichts gefallen war. Matriciani schlug den Ball wenig platziert in den Strafraum, dort gewann Halstenberg das Kopfballduell gegen den Schalker Kenan Karaman. Der Abpraller landete aber direkt vor Lasme, und der schob den Ball ins Tor. Eine Dusel-Führung zur Pause.
Hannover 96 war gegen Schalke überlegen
Die änderte aber nichts an der Überlegenheit der Gäste. In der 52. Minute glichen sie verdient aus. Köhn trickste Matriciani zum wiederholten Mal aus, Enzo Leopold stand im Strafraum ungedeckt und traf zum 1:1. Da hatten auch im Zentrum alle Schalker geschlafen. „Nach dem Ausgleich“, lobte Geraerts nach dem Spiel, „haben alle den Kopf oben gehalten.“ Das stimmt aber nur bedingt. Die individuellen Fehler häuften sich, Hannover war dem zweiten Tor näher als Schalke. Voglsammer (59.), Cedric Teuchert (62.) und Jannik Dehm (67.) vergaben drei gute Möglichkeiten.
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Von den Schalkern kam in der Offensive wenig, Tempelmann war noch der gefährlichste Antreiber. In der 72. Minute erhielt er an der Strafraumgrenze einen Querpass von Assan Ouédraogo, hielt einfach drauf – und traf zum 2:1, nicht unhaltbar für 96-Torwart Ron-Robert Zieler. Wieder ein Tor aus dem Nichts, aber von den Schalker Schultern fielen zentnerschwere Steine. „Als ich den Ball bekam, soll das ganze Stadion ,Schieß‘ gerufen haben, das habe ich gar nicht mitbekommen“, sagte Tempelmann.
Elfmeter für Hannover 96 sorgt für Diskussionen - Fährmann genervt
Fünf Minuten später nutzten die Schalker ihre vierte Chance zum dritten Tor. Am Mittelkreis blockte Derry John Murkin einen Pass der Gäste in die Spitze, der Ball flog in den Lauf von Kenan Karaman. Der stürmte allein auf Zieler zu, behielt die Nerven und schob den Ball ins Eck – 3:1. Die Vorentscheidung war das vor 62.207 Zuschauern aber noch nicht. In der 90. Minute stiegen Fährmann und Voglsammer im Strafraum hoch, Fährmann boxte den Ball weg und rammte Voglsammer um. Schiedsrichter Timo Gerach zeigte auf den Elfmeterpunkt. „Für mich ist das kein Elfmeter“, sagte Fährmann. Halstenberg verkürzte auf 2:3 (90.), Schalke musste noch sechs lange Nachspiel-Minuten überstehen.
Dann aber konnten alle in Königsblau jubeln. „Diese drei Punkte werden uns helfen, mehr Selbstvertrauen zu bekommen. Ein Sieg ist sehr gut, aber wir haben noch viel Arbeit“, resümierte Geraerts. Nun stehen zwei Auswärtsspiele auf dem Programm – erst im DFB-Pokal beim FC St. Pauli (Dienstag, 18 Uhr), dann beim 1. FC Nürnberg (Samstag, 13 Uhr). „Ich will jedes Spiel gewinnen“, sagte Geraerts. Ein einfacher Satz, der vor dem Hannover-Spiel aber wenig glaubwürdig geklungen hätte.