Gelsenkirchen. Nach nur fünf Pflichtspielen befindet sich der FC Schalke 04 in einer dicken Krise. Es gibt sehr viele Baustellen bei S04. Ein Kommentar.

Schalke 04 hat in der 2. Bundesliga nicht nur einen Fehlstart hingelegt - die Königsblauen befinden sich nach nur fünf Pflichtspielen in einer dicken Krise. Die Leistungen waren in fast allen Spielen maximal durchschnittlich, meist aber schlecht. Doch nicht nur die Profimannschaft des FC Schalke 04 schleppt aktuell ein paar Probleme mit sich herum. Die sind vielfältig.

Schalke: Zukunft von Peter Knäbel offen

Der Vorstand: Zwei Vorstandsmitglieder teilen sich aktuell viele Aufgaben seit der Trennung vom Vorstandsvorsitzenden Dr. Bernd Schröder im Juli. Schröders Aufgaben - zum Beispiel Kommunikation, Marketing, Vertrieb - wurden auf Peter Knäbel und Christina Rühl-Hamers verteilt. Das ist nicht optimal - zur Saison 2023/24 wird zum Beispiel ein Hauptsponsor gesucht. Zumal noch sehr unklar ist, ob Knäbels im Juni 2024 endender Vertrag überhaupt verlängert wird. Knäbels Bilanz ist nicht durchgängig positiv - in seiner sportlichen Verantwortung steht der Abstieg. Ein mit vielen Aufgaben überforderter Vorstand, dessen Zukunft teilweise offen ist: nicht gut für Schalke.

Der Aufsichtsrat: Aufsichtsrats-Chef Axel Hefer bleibt seiner Linie treu und für die Öffentlichkeit nahezu unsichtbar. Dabei stehen für ihn und sein Gremium zwei wichtige Entscheidungen an. Die erste: Wer wird der neue Vorstandsvorsitzende? Die zweite: Bleibt Peter Knäbel? Das sollte sich der Aufsichtsrat zügig überlegen, denn Knäbel hat bereits Gespräche mit Trainer Thomas Reis über eine Vertragsverlängerung angesetzt. Doch ist es sinnvoll, wenn der Trainer unter Vertrag steht, nicht aber der Sportchef, der ihn geholt hat? Vor zwei Jahren ging das schief. Dimitrios Grammozis blieb, obwohl Sportdirektor Rouven Schröder immer Zweifel hatte. Grammozis war eben kein Trainer, den er geholt hatte. Beide Entscheidungen will Hefer noch im Jahr 2023 verkünden. Denn offene Fragen und sportliche Niederlagen sind nicht gut fürs Betriebsklima auf der Geschäftsstelle. Das soll auch schon mal besser gewesen sein als im Spätsommer 2023.

+++ Schalke holt Kalas: "Ich habe nicht lange überlegen müssen" +++

Der Trainer: Erlebt hat Thomas Reis schon einmal, wie schnelllebig das Profigeschäft ist. Beim VfL Bochum war er nach Aufstieg 2021 und Klassenerhalt 2022 der gefeierte Mann, doch nach nur sechs Spielen in der Saison 2022/23 wurde er gefeuert. Jetzt wurde er wieder euphorisch bejubelt im Sommer, und nach fünf Pflichtspielen ist die Kritik groß. Reis' Bilanz ist düster: keine Spielidee, keine Durchsetzungsstärke, keine Abwehrabsicherung, zu wenig Mut. Und taktisch lag er bedenklich oft daneben: Im Spiel beim HSV (3:5) wechselte er Ibrahima Cissé trotz schlechter Leistung und Platzverweis-Gefahr nicht rechtzeitig aus. Cissé flog vom Platz, in Unterzahl verlor Schalke. In den beiden Auswärtsspielen in Braunschweig verzichtete er auf seinen Kreativsten: Assan Ouedraogo. Seine seltsame Taktik gegen Kiel (0:2) ging komplett schief, er schien seine Profis damit zu verunsichern. Außerdem häufen sich die Muskelverletzungen, der Trainer, der für die Steuerung zuständig ist, wirkt etwas ratlos. Rhetorisch hatte er starke erste Monate, inzwischen greift er verstärkt auf Floskeln zurück. Keine Frage: Für Reis war es eine miserable Anfangsphase der Saison, die Zwischenbilanz ist ein Desaster. Keine gute Nachricht, auch er kämpft um einen neuen Vertrag.

Schalke: André Hechelmann hat zu viele Mitläufer geholt

Der Sportdirektor: André Hechelmann ist zum ersten Mal verantwortlich für eine Transferperiode - und das in einer Doppelrolle: in seiner neuen als Sportdirektor und, da es keinen Nachfolger gibt, auch als Chefscout. Die Spieler, die Schalke holt, hat er sich selbst empfohlen. Ein gutes Händchen hatte er, Stand Ende August, nur bei Torwart Marius Müller. Sonst hat Hechelmann nur Mitläufer geholt und die größte Schwäche des Kaders, fehlendes Tempo, nur unzureichend besetzt. Einige Positionen sind noch nicht doppelt besetzt, Hechelmanns Vertrauen zum Beispiel in die Offensive ist sehr riskant. Dass dieser Kader ohne viele Verstärkung um den Aufstieg mitspielen kann, erscheint aktuell schwer möglich. Doch Hechelmann bleibt bei seiner Linie: Ein Spieler soll kommen - und weitere nur noch, wenn Schalke noch Profis abgibt.

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Die Profis: Ein gerade 17 Jahre alt gewordener Teenager ist Schalkes größte Hoffnung - Mittelfeldspieler Assan Ouedraogo begeistert die Fans. Für alle anderen ist das aber peinlich. Mit Ausnahme von Torwart Müller erfüllt niemand die Erwartungen. Es passt aktuell wenig zusammen, viele Profis bleiben stark unter ihren Möglichkeiten. Das hängt damit zusammen, dass sie Reis' Taktik verunsichert oder sie auf falschen Positionen eingesetzt werden - aber die Profis ergeben sich zu schnell, nehmen die Zweikämpfe in der robusten Zweiten Liga nicht so an wie sie es müssten.

Kann es nicht fassen: Schalke-Kapitän Simon Terodde nach dem 0:2 gegen Kiel.
Kann es nicht fassen: Schalke-Kapitän Simon Terodde nach dem 0:2 gegen Kiel. © firo

Schalkes Probleme sind aktuell vielfältig: kein Vorstandschef, kein Knäbel-Vertrag, auslaufender Trainer-Vertrag, kein Hauptsponsor ab 2024, kein Chefscout, viele falsche Trainer-Entscheidungen, schwache Profis. Das alles ist schlecht. In dieser Krise ist lediglich positiv anzumerken, dass erst vier Spieltage gespielt sind. Und in der Aufstiegssaison vor zwei Jahren hatte Schalke nach vier Partien lediglich einen Punkt mehr geholt.