Essen. Rot-Weiss Essen holt nur ein 0:0, spielt Absteiger Regensburg aber phasenweise an die Wand. Dabei war die Stimmung vor drei Monaten am Tiefpunkt.

In der 73. Minute schien der Fußballgott Einsicht zu zeigen. Torben Müsel rennt in den Sechszehner, mit ganz großen Schritten, er kommt an den Ball, titscht ihn kurz an – und fällt. Elfmeter für Rot-Weiss Essen.

Das wäre die passende Pointe gewesen. Dutzende Chancen hatte sich RWE herausgespielt, schöne Angriffe, Doppelpässe zum Zunge schnalzen. Und wenn man diese Hochkaräter nicht nutzt, die Angriffe nicht sauber zu Ende spielt, dann muss, nur logisch, das Tor halt vom Punkt fallen.

Doch Martin Speckner, der Schiedsrichter, zog den Pfiff nach Absprache mit seinem Assistenten zurück, und das zurecht: Regensburgs Torwart Felix Gebhardt berührte zuerst den Ball, bevor er Müsel fällte. „Ich bin als erster Mann am Ball und merke, dass der Kontakt kommt“, schildert der 24-Jährige, wie er die Szene wahrgenommen hat. „Der Torwart spielt den Ball, ich mache dem Schiri keinen Vorwurf. Ich glaube“, so Müsel, „aus meiner Sicht war es kein Elfmeter.“

Rot-Weiss Essen: Zwischen Stolz und Hadern

So blieb es beim 0:0. „Nicht so top“ ist das, findet Müsel: „Wir hatten sehr viele Spielanteile, wir hatten viel Ballbesitz und haben den Gegner laufen lassen. Man hat gemerkt, dass der Gegner am Ende kaputt war.“ Der letzte Punch habe gefehlt, analysiert der Zehner. Ja, das ist wohl das einzige, das man RWE nach diesem Remis vorwerfen konnte.

Brennpunkte zu Rot-Weiss Essens 0:0:

Vor allem das Mittelfeld überzeugte. Vinko Sapina auf der Sechs, davor Cedric Harenbrock und eben jener Müsel. Drei Jungs, die mit dem Ball umzugehen wissen. Technisch beschlagen, gute Übersicht – schon wieder eine neue Formation im Mittelfeld. RWE ist variabel. „Wir wissen mittlerweile echt gut, wie der andere tickt“, erzählt Müsel. „Die erste Halbzeit war top, wirklich schade, dass wir nicht früher das 1:0 gemacht haben.“

In der Vorbereitung habe die Mannschaft hart daran gearbeitet, spielerische Lösungen zu finden. „Unser Kader kann Fußball spielen“, betont der gebürtige Pfälzer, der im vergangenen Winter in Essen unterschrieb, aber erst in diesem Sommer so richtig angekommen ist.

Bei all dem Lob, das von allen vier Tribünenseiten auf sein Team einprasselte, wollte Christoph Dabrowski nicht durchdrehen. Im Fußball geht es schnell. Noch vor etwas mehr als drei Monaten, als RWE auf den letzten Metern zum Klassenerhalt schlitterte und sich keuchend in die Sommerpause rettete, war die Stimmung eine andere. Nun wurde die Mannschaft von den Fans gefeiert, auch wenn es am Ende 0:0 stand – an der Hafenstraße haben sie ein feines Gespür, sie merken, ob das Team alles gegeben hat. Das zählt.

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Rot-Weiss Essen will nicht durchdrehen

„Wir werden nicht größenwahnsinnig, da wir wissen, wo wir herkommen“, sagt Dabrowski, der mit dem Punkt gut leben kann. Man dürfe nicht vergessen, dass Regensburg gerade aus der zweiten Bundesliga abgestiegen und noch ungeschlagen ist. „So ein Spiel kann gegen so eine Mannschaft nach einem Konter oder Standard schnell mal in die andere Richtung gehen“, weiß Dabrowski – in der vergangenen Saison wäre das vermutlich der Fall gewesen. Aber Rot-Weiss tritt erwachsener auf.

Trieb sein Team an: Christoph Dabrowski, Trainer von Rot-Weiss Essen.
Trieb sein Team an: Christoph Dabrowski, Trainer von Rot-Weiss Essen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Der Umbruch im Sommer, spannende neue Spieler im Kader: „Ich denke“, meint der 45-jährige Trainer, „man erkennt eine DNA, eine Identität auf dem Platz. Wir sind noch nicht am Ende mit unserer Entwicklung. Wir bleiben demütig und gehen Schritt für Schritt weiter.“

Ganz bei sich bleiben – mit diesem Motto ist Christoph Dabrowski in seinen 14 Monaten RWE gut gefahren. Mit Auftritten wie am Samstag legt seine Mannschaft die Messlatte höher.

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