Essen. Rot-Weiss Essen steht vor dem Klassenerhalt, gegen 1860 kann es soweit sein: Christoph Dabrowski spricht über den Druck und die Stimmung im Team.
An diesen 14. Mai, diesmal am Sonntag, wird sich der Tag jähren, an den sich jeder Rot-Weisse für immer erinnern wird. Am 14. Mai 2022 machte RWE die Regionalliga-Meisterschaft, den Drittliga-Aufstieg perfekt. Als die Tausenden Plastik-Bierbecher entsorgt waren, sich der Rasen vom Platzsturm regenerierte, langsam wieder Alltag an der Hafenstraße herrschte, da tauchte schon die nächste Herausforderung empor.
Liga drei, Essen ist dabei – und soll es bitteschön auch bleiben: Der Klassenerhalt war das Ziel. An diesem Sonntag kann es erreicht werden, und die Chancen, die stehen gar nicht mal so schlecht. Gewinnt der VfB Oldenburg am Samstag nicht in Mannheim, der SV Meppen sonntags nicht in Osnabrück, dann sind die Essener durch. Egal, wie das Spiel gegen 1860 München ausgeht (So., 13 Uhr).
Rot-Weiss Essen: Vor einem Jahr war die Stimmung ganz anders
Vor einem Jahr war eine ganze Stadt elektrisiert. Die Sehnsüchte aus 14 Jahren Amateurfußball, die Glücksmomente, aber auch der ganze Frust und die schmachvollen Niederlagen – all das wurde in das Aufstiegs-Endspiel gegen Ahlen hineinprojiziert, all das entlud sich beim 2:0-Sieg. Was war das für eine Party.
Brennpunkte bei RWE:
- Spiel gegen 1860 München wird zur Charakterfrage.
- Simon Engelmann – nächster Publikumsheld verlässt RWE.
- Warum Gegner 1860 nicht zur Ruhe kommt.
Ein Jahr später japst RWE auf den letzten Saison-Metern, ausgelaugt von alledem, was rund um die Hafenstraße passiert: Sportdirektoren-Tausch, kontroverse Personalentscheidungen, schlechte Leistungen, miese Stimmung. Über allem kreist die Frage, wie das Verhältnis zwischen Mannschaft und Christoph Dabrowski ist.
In der Kabine nehme der Trainer keine besonderen, negativen Schwingungen wahr. Die Spieler hören auf ihn, so der 44-Jährige: „Es wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre.“
Dabrowski wusste genau, worauf er sich einließ, als er Rot-Weiss Essen im Vorjahressommer übernahm. Diesen Klub, der sich schon immer für Höheres auserwählt fühlte, aber auch einen Hang zur Selbstzerfleischung hat. Dabrowski wusste das genau.
Rot-Weiss Essen: Dabrowskis Abenteuer in Bergeborbeck
Ob es nun gut oder schlecht lief, beides kam in dieser Saison vor, drehte er nie durch, das große Ziel vor Augen: den Klassenerhalt. „Ich habe im letzten Sommer eine Reise angetreten: zwei Jahre Abenteuer RWE. Mir war klar, dass ich keine Vergnügungssteuer zahle in der Gemengelage solch eines wuchtigen, emotionalen Traditionsvereins.“
Blickt er auf die bisherige Saison, fällt das Fazit des Trainers nicht negativ aus: „Ich finde, dass wir extrem viele schwierige Phasen gemeinsam durchgestanden haben.“ Die Rückendeckung der Verantwortlichen habe er stets gespürt, das sei auch jetzt der Fall: „Ich habe ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zu den Leuten, die die Richtung vorgeben.“
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Dabrowski, mit allen Wassern gewaschen aus seiner Spielerzeit im Profifußball, legt nach: „Ich bin druckresistent, ich sehe jede Situation als Chance, dass wir uns weiter verbessern und weiter entwickeln.“ Kein Blatt Papier passe zwischen ihm und den Verantwortlichen, sagt er, und auch: „Ich bin mit mir im Reinen.“
RWE: Die Mannschaft ist gefordert
Die Mannschaft ist gefordert. Wer vor vollem Haus im Traditionsschlager gegen 1860 nicht motiviert sei, dem sei auch nicht mehr zu helfen, meint der Coach. Die klare Erwartungshaltung an seine Elf: eine Leistungssteigerung. Nichts war das beim 0:2 in Meppen. Müßig, schon wieder über die unsichtbare Offensive, das lustlose Mittelfeld und die überforderte Defensive zu schreiben. Zum ersten Mal überhaupt kritisierte auch Dabrowski sein Team, stellte sich nicht hinter die Spieler – der öffentliche Bruch?
Seine Vorgabe fürs 1860-Duell ist jedenfalls klar: Jeder einzelne Akteur müsse an sein Maximum gehen, zudem geschlossen als Mannschaft agieren. „Darüber hinaus erhoffe ich mir über 90 Minuten die Unterstützung der Zuschauer.“ Das klappe aber nur, wenn die Mannschaft ihren Job macht und in Vorleistung gehe.
Felix Bastians (34) und Andreas Wiegel (31) werden weiterhin fehlen. Wann die erfahrenen Verteidiger zurückkehren, ist offen. Meiko Sponsel wird derweil gar nicht mehr für RWE spielen: Er hat sich im Training das Innenband am Sprunggelenk angerissen – das Saison-Aus für den 21-Jährigen.
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