Duisburg. Zwischen dem MSV Duisburg und Sponsor Schauinsland-Reisen droht der Bruch. Protestbanner in der Arena beim Heimspiel gegen Bayreuth.

Das Spiel hatte noch gar nicht angefangen, da wusste MSV-Präsident Ingo Wald: Dieser November-Nachmittag wird unfröhlich. An der Balustrade der sogenannten Schauinsland-Reisen-Tribüne (ausgerechnet) hing ein riesiges Banner. Darauf stand zu lesen: „SLR und Rüttgers vom ‚Helfer‘ zum Henker?!“ Mit SLR war Schauinsland-Reisen gemeint. Während des Spiels des hier heimischen Fußball-Drittligisten MSV Duisburg gegen den Aufsteiger SpVgg Bayreuth (1:1) tauchten noch mehrfach Spruchbänder mit ähnlichen Botschaften auf. Auf die Frage, ob ein solcher Protest das Verhältnis von Schauinsland-Reisen zum Verein nachhaltig stören könne, sagte MSV-Präsident Ingo Wald: „Die Gefahr ist sicherlich sehr groß. Wir werden noch Gespräche suchen. Und wir werden sehen, wie wir möglicherweise wieder aneinanderrücken können.“

Treibende Kraft: Andreas Rüttgers

Ob die Zusammenarbeit zwischen Verein und Unternehmen gefährdet sei, dazu erklärte Andreas Rüttgers am Samstag: „Das haben wir mit dem Verein kommuniziert. Das ist für mich ein Interna.“ Der Vertreter des Sponsors sagt zudem: „Ich habe mit Herrn Kassner gesprochen. Wir sind unbedingt einer Meinung.“

Andreas Rüttgers (links) und IMSV-Präsidende Ingo Wald bei einem Sponsorentermin in der Duisburger Arena im Jahr 2019.
Andreas Rüttgers (links) und IMSV-Präsidende Ingo Wald bei einem Sponsorentermin in der Duisburger Arena im Jahr 2019. © imago images / MaBoSport | via www.imago-images.de

Gerald Kassner ist der Chef von Schauinsland-Reisen. Was man zudem wissen muss: Schauinsland-Reisen unterstützt den MSV bereits seit über einem Jahrzehnt. Ohne Kassner wäre die Rettung der Zebras nach dem Lizenzentzug nicht gelungen. Treibende Kraft war dabei immer wieder Andreas Rüttgers. Der Executive Director des Reiseanbieters war selbst von Januar bis November 2012 MSV-Präsident.

Ein Zerwürfnis kann der MSV sich nicht leisten

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Der Touristik-Riese ist dabei nicht nur Sponsor – zum Beispiel als Namensgeber der Arena und einer Tribünenseite. Die Duisburger Firma ist ebenfalls ein Gläubiger und stundet dem Klub Kredite in Millionenhöhe. Was es bedeutet, wenn die Hand, die einen füttert, sich zur Faust ballt: Der chronisch finanziell klamme Verein kann sich ein Zerwürfnis mit Schauinsland-Reisen nicht leisten. „Jedenfalls nicht ohne Konsequenzen“, wie es Ingo Wald sagt. Jahr für Jahr muss der MSV für die Lizenz seine Liquidität nachweisen. Dabei ist es von Bedeutung, dass die Gläubiger ihre Ansprüche nicht scharf schalten.

Worum geht es beim Streit konkret? Der MSV erklärt, der Konflikt entzünde sich an der Person von Geschäftsführer Sport Ralf Heskamp. Rüttgers wolle ihn loswerden. Andreas Rüttgers will das so nicht bestätigen. Er erklärt: Er störe sich daran, dass vor drei Jahren vom MSV ein Konzept zur Zukunft des Vereins erarbeitet worden sei und dies dem SLR und dem Anteilseigner Capelli präsentiert wurde. Er mahne an, dass man sich an dieses Konzept halte. In der Präambel des Konzepts stehe, es sei personenunabhängig. Das bedeutet: Egal, wer Trainer oder Manager ist, die Regeln sind einzuhalten.

Reizfigur Sport-Geschäftsführer Ralf Heskamp

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Heskamp habe bei seiner Vorstellung im April erklärt, die Philosophie werde mit dem Trainer erarbeitet. Also nicht personenunabhängig. Das empfindet Rüttgers offenbar als Bruch der Vereinbarung. Was man zudem wissen muss: Bei der Kandidatenwahl war der Favorit des Vorstands offenbar nicht der erste Mann für Schauinsland-Reisen und Capelli. Rüttgers hatte unter dem Nutzernamen Diplomat seine Meinung immer wieder im unabhängigen Fan-Forum MSV-Portal geschrieben. Darin finden sich auch Beiträge, die sich auf dieses Konzept zur Zukunft des Vereins beziehen.

Vor dem Wochenende eskalierte dann die Auseinandersetzung. Ein Mitglied des Portal-Teams schrieb: „Andreas Rüttgers aka Diplomat wurde soeben von mir als unerwünschte Person aus diesem Portal gesperrt.“ Als Begründung wurde genannt: dass Aussagen des Diplomaten als vereinsschädigend angesehen wurden. Der Nutzer habe Interna preisgegeben. Und weiter: „Dazu glaube ich, dass man hier jemanden auch vor sich selbst schützen muss.“

Vorstand des MSV befindet sich in einer Zwickmühle

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Ingo Wald sagte dazu: „Das Portal ist komplett außerhalb des MSV-Geschehens. Ich persönlich halte das Portal als Fangremium für richtig. Aber wir müssen aufpassen, in welcher Form man dort schreibt, ob man als Vertreter eines Sponsors schreibt oder als Offizieller.“ Andreas Rüttgers erklärte, sich auf Portalseiten zu äußeren, sei für sein Unternehmen normal und Teil der Kommunikation mit Kunden. Keinesfalls habe er Interna veröffentlicht. Er habe versucht, für Transparenz und Klarheit zu sorgen. Rüttgers fügte hinzu: „Es ist nicht schlimm, dass wir da gesperrt sind.“ Man habe weitere Möglichkeiten mit den Fans zu kommunizieren. Über die Plakate gegen ihn sagte er: „Die Größe des Plakates sagt noch nichts über Zahl der Menschen aus, die es unterstützen.“ Er habe viele Mails bekommen, in denen sich Fans für diese Banner entschuldigen.

Der Vorstand des MSV befindet sich in einer weiteren Zwickmühle. Er kann sich von Heskamp nur schlecht trennen. Selbst wenn man es wollte. Eine solche Entscheidung sähe dann nach einer Verbeugung vor dem Sponsor aus. Ingo Wald fürchtet Nachfragen vom DFB, der auf unabhängige Entscheidungen einer Vereinsführung besteht. In der Summe: Der MSV hat seit dem unfröhlichen November-Nachmittag seine eigene Klimakrise.