Duisburg. Das Können alleine reicht nicht aus: Der MSV Duisburg kam in Wiesbaden dank einer starken Moral zum 3:1-Sieg. Trainer Torsten Ziegner mahnt.

Uwe Busch, Vorstandsmitglied beim Stadtsportbund, will es wissen. Vom 3:1 (0:0) des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg beim Tabellenvierten SV Wehen Wiesbaden hatte er gelesen. Dann schickte er per WhatsApp die Frage: „Warum nicht immer so?“ Zurückschauend auf nur fünf Punkte aus acht Spielen lässt sich da schwer Antwort geben.

Vorausblickend machten die wichtigsten Zebras dazu durchaus Aussagen. Kapitän Moritz Stoppelkamp stellte fest: „Wir haben heute die Messlatte wieder hochgelegt.“ Sein Trainer Torsten Ziegner stellte nach dem Überraschungserfolg gegen heimstarke Hessen klar: „Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir diesen Sieg nicht nehmen, um überheblich zu werden oder einen Millimeter nachzulassen.“ Dass es bei der Entscheidung über Sieg oder Niederlage um kleinste Abstände geht, bestätigte Kapitän Moritz Stoppelkamp, als er über die zurückliegende „Durststrecke“ sprach: „Es hat in den letzten Wochen nicht viel gefehlt. Wir waren in vielen Spielen auf Augenhöhe.“

Kolja Pusch trifft hier zum 2:0 für den MSV Duisburg.
Kolja Pusch trifft hier zum 2:0 für den MSV Duisburg. © firo Sportphoto/HMB | Claus

Was diese Millimeterarbeit ausmacht, beschrieb Ziegner am Beispiel des 2:0 durch den eingewechselten Kolja Pusch. Der Mann für das zentrale Mittelfeld lief frei auf das Tor von Wiesbadens Keeper Arthur Lyska zu. Seinen Schuss lenkte der Torsteher an die Latte. Den Abpraller köpfte Pusch gedankenschnell und energisch zur Vorentscheidung in der 56. Minute ein. Was Ziegner da gesehen hatte: „Nicht aufhören, nicht aufgeben. In der Situation dranbleiben. Mit dem letzten Willen das Ding über die Linie kriegen.“ Der Trainer kündigte an: „Ich werde den Jungs diese Szene immer wieder zeigen und vor die Nase halten.“

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Natürlich hatten die Zebras auch eine Portion Dusel. Beim 1:0 per Eigentor 160 Sekunden vor dem zweiten Treffer flankte Moritz Stoppelkamp den Ball von rechts in den Strafraum. Abwehrspieler Bjarke Jacobsen und Torwart Lyska purzelten lustig übereinander und nahmen dabei auch gleich den Ball mit. Von Jacobsens Hand tropfte der Ball über die Linie. Beim 3:1 in der 89. Minute wird man sich fragen dürfen: Wollte Stoppelkamp nicht eigentlich auf Phillip König flanken? Der verlässlichste Torschütze im Zebra-Team antwortete augenzwinkernd: „Ich habe den Ball extra mit rechts gespielt. Ich wollte das Ding so reinhauen.“ Er sprach aber auch von Matchglück. Wichtig war sein Hinweis: Man habe mit harter Arbeit Frau Fortuna zum Lächeln gebracht. Stoppelkamp: „Jeder hat sich in die Bälle geschmissen.“

MSV Duisburg: Leichte Krämpfe bei Mogultay

Die Antwort auf das „Warum nicht immer so?“ lautet deshalb: Weil die Zebras das Glück zwingen müssen. Nur mit Leidenschaft und Willen überspringt die Mannschaft die hoch gelegte Latte. Das Können allein ist nicht ausreichend: Man sah es an den drei Torchancen durch Bouhaddouz und Stoppelkamp in der ersten Hälfte. Da hätten die Zebras bereits in Führung gehen müssen. Da mangelte es aber an Geschick. Der 18-jährige Baran Mogultay beschrieb das Zwingen des Glücks so: „Die Intensität war sehr hoch. In den letzten zehn Minuten habe ich das auch gemerkt. Da kamen schon leichte Krämpfe. Aber ich finde, das ist kein Grund, die Mannschaft im Stich zu lassen und einfach aufzuhören.“

Ein Vorbild dafür war ebenfalls Marvin Bakalorz, der im zentralen Mittelfeld alles abräumte, was sich in seiner Nähe befand. Bakalorz hatte mit diesem Einsatz auch die Punktrettung nach dem 0:1-Rückstand gegen Viktoria Köln eingeleitet. Ein anderes Beispiel:Torhüter Vincent Müller krabbelte in der 84. Minute nach einer Flanke von der linken Seite so lange durch den Strafraum, bis er Sebastian Wurtz den Ball vom Fuß gestohlen hatte. Stoppelkamp: „In den vergangenen Spielen hätten wir das Tor bekommen.“ Wurtz hatte übrigens das 1:2 für Wehen Wiesbaden erzielt. Der Mann wusste also, wo die Hütte steht.

Wechselspiel auf den Duisburger Flügeln

Damit es immer so bleibt oder zumindest bis zum nächsten Samstag, wenn es gegen den Aufsteiger aus Bayreuth geht, bremste Coach Ziegner gleich alle Euphorie. In der Pressekonferenz sprach er zwar von einem „richtig klasse Freitagabend-Spiel“. Fast hätte er dabei glücklich gelächelt. Mit eher ernster Miene sagte er, dass sich seine Mannschaft in den ersten 20 Minuten schwer getan habe. Und noch eine nüchterne Analyse: Ziegner hatte Ajani und Stoppelkamp die Flügelseiten tauschen lassen, „um einen neuen Impulse zu setzen“. Dazu merkte der Duisburger Trainer an: „Ich hätte mir gewünscht, dass sie im Spiel das eine oder andere Mal auch tauschen, um den Gegner vor neue Herausforderungen zu stellen.“

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Immerhin, Ajani servierte im ersten Durchgang für drei sehr gute MSV-Möglichkeiten. Stoppelkamp war an zwei Toren mehr als nur beteiligt. Der Kapitän vermied ebenfalls das Freudentaumeln. Zur Einschätzung „Befreiungsschlag“ nach zuletzt einem Sieg aus acht Spielen ließ er sich vor laufender Fernsehkamera überreden: „Das kann man so sagen.“ Er setzte aber hinzu: „Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen.“

Das nächste Etappenziel formulierte der Trainer: „Jetzt wollen wir im Heimspiel gegen Bayreuth einen weiteren Dreier nachlegen.“ Wenn die Zebras immer so rennen und kämpfen wie gegen Wiesbaden, dann werden sich Uwe Busch und alle Zebra-Fans lediglich fragen: „Warum auch nicht?“